seine zukünfftige Fälle in Bildern vorstellen könne, ist wohl außer Zweiffel; aber es kommen gleich- wol bey solchen Göttlichen Träumen, die man nicht wohl vor natürlich halten kan, so viel Dinge vor, die man nicht kan zusammen reimen. Ein- mal sind solche allgemein, und ist da zwischen Frommen und Gottlosen, und zwischen Heyden und Christen schier kein Unterscheid. Alle Völ- cker auf Erden haben zuweilen Träume, die man nicht wohl anders, als vor Göttliche halten kan, daferne man sie nicht dem Teufel zuschreiben will; wie der bekannte Traum des Königes in America von der Ankunfft der Spanier, und anderer mehr solches sattsam beweisen. Darnach hilfft es viel- fältigmahl dem Menschen nichts, der da träumet, weil er erst des Traums unfehlbarer Ausleger wird, wenn derselbe, wie wir zu reden pflegen, ihm ausgehet und eintrifft: oder weil er erst dar- nach an das, was ihn geträumet, gedencket, wenn ihn das Unglück schon überfallen. Und endlich siehet der Mensch im Traume offt Dinge vor- her, die von keiner Wichtigkeit sind, und bey de- nen man gar nicht abmercken kan, was GOTT, oder der Satan vor Ursache haben solte, ihm solche einzugeben. Ohngefehr An. 1688. hatten wir in unserm Hause einen Jungen, der, wo mir recht, ein weitläufftiger Anverwandter von uns war. Er wurde wohl gehalten; weil er aber der guten
Tage
etliche, ſo ihm getraͤumet,
ſeine zukuͤnfftige Faͤlle in Bildern vorſtellen koͤnne, iſt wohl außer Zweiffel; aber es kommen gleich- wol bey ſolchen Goͤttlichen Traͤumen, die man nicht wohl vor natuͤrlich halten kan, ſo viel Dinge vor, die man nicht kan zuſammen reimen. Ein- mal ſind ſolche allgemein, und iſt da zwiſchen Frommen und Gottloſen, und zwiſchen Heyden und Chriſten ſchier kein Unterſcheid. Alle Voͤl- cker auf Erden haben zuweilen Traͤume, die man nicht wohl anders, als vor Goͤttliche halten kan, daferne man ſie nicht dem Teufel zuſchreiben will; wie der bekannte Traum des Koͤniges in America von der Ankunfft der Spanier, und anderer mehr ſolches ſattſam beweiſen. Darnach hilfft es viel- faͤltigmahl dem Menſchen nichts, der da traͤumet, weil er erſt des Traums unfehlbarer Ausleger wird, wenn derſelbe, wie wir zu reden pflegen, ihm ausgehet und eintrifft: oder weil er erſt dar- nach an das, was ihn getraͤumet, gedencket, wenn ihn das Ungluͤck ſchon uͤberfallen. Und endlich ſiehet der Menſch im Traume offt Dinge vor- her, die von keiner Wichtigkeit ſind, und bey de- nen man gar nicht abmercken kan, was GOTT, oder der Satan vor Urſache haben ſolte, ihm ſolche einzugeben. Ohngefehr An. 1688. hatten wir in unſerm Hauſe einen Jungen, der, wo mir recht, ein weitlaͤufftiger Anverwandter von uns war. Er wurde wohl gehalten; weil er aber der guten
Tage
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etliche, ſo ihm getraͤumet,
ſeine zukuͤnfftige Faͤlle in Bildern vorſtellen koͤnne,
iſt wohl außer Zweiffel; aber es kommen gleich-
wol bey ſolchen Goͤttlichen Traͤumen, die man
nicht wohl vor natuͤrlich halten kan, ſo viel Dinge
vor, die man nicht kan zuſammen reimen. Ein-
mal ſind ſolche allgemein, und iſt da zwiſchen
Frommen und Gottloſen, und zwiſchen Heyden
und Chriſten ſchier kein Unterſcheid. Alle Voͤl-
cker auf Erden haben zuweilen Traͤume, die man
nicht wohl anders, als vor Goͤttliche halten kan,
daferne man ſie nicht dem Teufel zuſchreiben will;
wie der bekannte Traum des Koͤniges in America
von der Ankunfft der Spanier, und anderer mehr
ſolches ſattſam beweiſen. Darnach hilfft es viel-
faͤltigmahl dem Menſchen nichts, der da traͤumet,
weil er erſt des Traums unfehlbarer Ausleger
wird, wenn derſelbe, wie wir zu reden pflegen,
ihm ausgehet und eintrifft: oder weil er erſt dar-
nach an das, was ihn getraͤumet, gedencket, wenn
ihn das Ungluͤck ſchon uͤberfallen. Und endlich
ſiehet der Menſch im Traume offt Dinge vor-
her, die von keiner Wichtigkeit ſind, und bey de-
nen man gar nicht abmercken kan, was GOTT,
oder der Satan vor Urſache haben ſolte, ihm ſolche
einzugeben. Ohngefehr An. 1688. hatten wir
in unſerm Hauſe einen Jungen, der, wo mir recht,
ein weitlaͤufftiger Anverwandter von uns war.
Er wurde wohl gehalten; weil er aber der guten
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/106>, abgerufen am 23.11.2024.
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