Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Erratische Blöcke. des Innehaltens bestimmter Verbreitungsbezirke zu den Stammge¬bieten. Andere ließen den Transport durch enorme Ueberschwem¬ mungen besorgen, die jene, oft hunterttausende von Centnern wie¬ genden Lasten aus den Alpen herniedergewälzt haben sollten; allein auch diese Hypothese wurde rasch durch physikalische Beweise in ihrer Unhaltbarkeit zurückgewiesen. Erst als die Theorie über Natur und Bewegung der Gletscher (welchen ein späterer Abschnitt dieses Buches gewidmet ist), angeregt durch den Walliser Ingenieur Venetz, fortgeführt und ausgebildet durch Agassiz und Forbes, eine Menge der seltsamsten Erscheinungen in den Alpen beleuchtete und erklärte, gelangte man auch zu dem Schluß: daß die erratischen Blöcke durch einstige ungeheuer große Eisgletscher, welche bis in das Schweizerische Mittelland hinaus¬ gereicht haben müssen, an ihre dermalige Lagerstätte befördert worden seien. Wie in dem späteren Abschnitte nach¬ gewiesen werden soll, bewegen sich die Gletscher von der Höhe der Gebirge langsam dem Thale zu und transportiren auf ihrem Rücken die von den zur Seite stehenden Felsen abgebröckelten Ge¬ steine bis zu der Stelle, an welcher die Gletscher, in Folge war¬ mer Temperatur, abschmelzen und ihre Felsenlasten abladen. Diese Gesteinswälle, welche sich an dem Ende oder der Stirn eines Gletschers anhäufen, werden Frontmoränen genannt. Das Vorhandensein solcher hufeisenartig aufgebauter hoher Erratiſche Blöcke. des Innehaltens beſtimmter Verbreitungsbezirke zu den Stammge¬bieten. Andere ließen den Transport durch enorme Ueberſchwem¬ mungen beſorgen, die jene, oft hunterttauſende von Centnern wie¬ genden Laſten aus den Alpen herniedergewälzt haben ſollten; allein auch dieſe Hypotheſe wurde raſch durch phyſikaliſche Beweiſe in ihrer Unhaltbarkeit zurückgewieſen. Erſt als die Theorie über Natur und Bewegung der Gletſcher (welchen ein ſpäterer Abſchnitt dieſes Buches gewidmet iſt), angeregt durch den Walliſer Ingenieur Venetz, fortgeführt und ausgebildet durch Agaſſiz und Forbes, eine Menge der ſeltſamſten Erſcheinungen in den Alpen beleuchtete und erklärte, gelangte man auch zu dem Schluß: daß die erratiſchen Blöcke durch einſtige ungeheuer große Eisgletſcher, welche bis in das Schweizeriſche Mittelland hinaus¬ gereicht haben müſſen, an ihre dermalige Lagerſtätte befördert worden ſeien. Wie in dem ſpäteren Abſchnitte nach¬ gewieſen werden ſoll, bewegen ſich die Gletſcher von der Höhe der Gebirge langſam dem Thale zu und transportiren auf ihrem Rücken die von den zur Seite ſtehenden Felſen abgebröckelten Ge¬ ſteine bis zu der Stelle, an welcher die Gletſcher, in Folge war¬ mer Temperatur, abſchmelzen und ihre Felſenlaſten abladen. Dieſe Geſteinswälle, welche ſich an dem Ende oder der Stirn eines Gletſchers anhäufen, werden Frontmoränen genannt. Das Vorhandenſein ſolcher hufeiſenartig aufgebauter hoher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Erratiſche Blöcke</hi>.<lb/></fw>des Innehaltens beſtimmter Verbreitungsbezirke zu den Stammge¬<lb/> bieten. Andere ließen den Transport durch enorme Ueberſchwem¬<lb/> mungen beſorgen, die jene, oft hunterttauſende von Centnern wie¬<lb/> genden Laſten aus den Alpen herniedergewälzt haben ſollten;<lb/> allein auch dieſe Hypotheſe wurde raſch durch phyſikaliſche Beweiſe<lb/> in ihrer Unhaltbarkeit zurückgewieſen. Erſt als die Theorie über<lb/> Natur und Bewegung der Gletſcher (welchen ein ſpäterer Abſchnitt<lb/> dieſes Buches gewidmet iſt), angeregt durch den Walliſer Ingenieur<lb/> Venetz, fortgeführt und ausgebildet durch Agaſſiz und Forbes, eine<lb/> Menge der ſeltſamſten Erſcheinungen in den Alpen beleuchtete und<lb/> erklärte, gelangte man auch zu dem Schluß: <hi rendition="#g">daß die erratiſchen<lb/> Blöcke durch einſtige ungeheuer große Eisgletſcher</hi>,<lb/><hi rendition="#g">welche bis in das Schweizeriſche Mittelland hinaus¬<lb/> gereicht haben müſſen</hi>, <hi rendition="#g">an ihre dermalige Lagerſtätte<lb/> befördert worden ſeien</hi>. Wie in dem ſpäteren Abſchnitte nach¬<lb/> gewieſen werden ſoll, bewegen ſich die Gletſcher von der Höhe der<lb/> Gebirge langſam dem Thale zu und transportiren auf ihrem<lb/> Rücken die von den zur Seite ſtehenden Felſen abgebröckelten Ge¬<lb/> ſteine bis zu der Stelle, an welcher die Gletſcher, in Folge war¬<lb/> mer Temperatur, abſchmelzen und ihre Felſenlaſten abladen. Dieſe<lb/> Geſteinswälle, welche ſich an dem Ende oder der Stirn eines<lb/> Gletſchers anhäufen, werden <hi rendition="#g">Frontmoränen</hi> genannt.</p><lb/> <p>Das Vorhandenſein ſolcher hufeiſenartig aufgebauter hoher<lb/> Fündlingswälle oder einſtiger Frontmoränen im Schweizeriſchen<lb/> Mittellande, z. B. bei Bern, Surfee, Bremgarten, Zürich, Rapper¬<lb/> ſchwyl u. ſ. w., gab den erſten Beweismoment für den Gletſcher¬<lb/> transport der Irrblöcke ab. In Zürich ſind der Promenaden¬<lb/> hügel, die Anhöhen, auf denen der Großmünſter, die Kirche von<lb/> Neumünſter, der Lindenhof u. ſ. w. ſtehen, Reſte einer ſolchen<lb/> ehemaligen großen Frontmoräne. — Ein zweites Beweismittel wurde<lb/> darin gefunden, daß die Fündlingsblöcke, ſelbſt wenn ſie aus dem<lb/> härteſten Geſtein beſtehen, ebenſolche eingeritzte Furchen und Linien<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0047]
Erratiſche Blöcke.
des Innehaltens beſtimmter Verbreitungsbezirke zu den Stammge¬
bieten. Andere ließen den Transport durch enorme Ueberſchwem¬
mungen beſorgen, die jene, oft hunterttauſende von Centnern wie¬
genden Laſten aus den Alpen herniedergewälzt haben ſollten;
allein auch dieſe Hypotheſe wurde raſch durch phyſikaliſche Beweiſe
in ihrer Unhaltbarkeit zurückgewieſen. Erſt als die Theorie über
Natur und Bewegung der Gletſcher (welchen ein ſpäterer Abſchnitt
dieſes Buches gewidmet iſt), angeregt durch den Walliſer Ingenieur
Venetz, fortgeführt und ausgebildet durch Agaſſiz und Forbes, eine
Menge der ſeltſamſten Erſcheinungen in den Alpen beleuchtete und
erklärte, gelangte man auch zu dem Schluß: daß die erratiſchen
Blöcke durch einſtige ungeheuer große Eisgletſcher,
welche bis in das Schweizeriſche Mittelland hinaus¬
gereicht haben müſſen, an ihre dermalige Lagerſtätte
befördert worden ſeien. Wie in dem ſpäteren Abſchnitte nach¬
gewieſen werden ſoll, bewegen ſich die Gletſcher von der Höhe der
Gebirge langſam dem Thale zu und transportiren auf ihrem
Rücken die von den zur Seite ſtehenden Felſen abgebröckelten Ge¬
ſteine bis zu der Stelle, an welcher die Gletſcher, in Folge war¬
mer Temperatur, abſchmelzen und ihre Felſenlaſten abladen. Dieſe
Geſteinswälle, welche ſich an dem Ende oder der Stirn eines
Gletſchers anhäufen, werden Frontmoränen genannt.
Das Vorhandenſein ſolcher hufeiſenartig aufgebauter hoher
Fündlingswälle oder einſtiger Frontmoränen im Schweizeriſchen
Mittellande, z. B. bei Bern, Surfee, Bremgarten, Zürich, Rapper¬
ſchwyl u. ſ. w., gab den erſten Beweismoment für den Gletſcher¬
transport der Irrblöcke ab. In Zürich ſind der Promenaden¬
hügel, die Anhöhen, auf denen der Großmünſter, die Kirche von
Neumünſter, der Lindenhof u. ſ. w. ſtehen, Reſte einer ſolchen
ehemaligen großen Frontmoräne. — Ein zweites Beweismittel wurde
darin gefunden, daß die Fündlingsblöcke, ſelbſt wenn ſie aus dem
härteſten Geſtein beſtehen, ebenſolche eingeritzte Furchen und Linien
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |