um den Wasserstand, wird Holz gefällt und in die oft halb trocken liegenden Flußbetten geworfen. Kommt Zeit, kommt Rath. Steigt nun durch Regen oder Schneeschmelze der Bach, dann räumt er selbst das ihm zur Spedition anvertraute Gut auf, und dies ist der Moment, der neue, unbekannte Bilder komponirt. Bei Be¬ schreibung der Rüfe wurde gezeigt, zu welchen furchtbaren Ver¬ heerungen das Wildwasser führen kann, wenn sichs verstopft und plötzlich mit Uebermacht sich neue Wege bahnt. Wie dort der An¬ wohner, so muß jetzt der Holzflößer den Augenblick wahrnehmen und helfen, wo eine Stockung einzutreten droht.
Da donnert das Wasser, da schäumt es vor Wuth, Sich freien Lauf zu erkämpfen! Da strudelt und wirbelt die stürzende Fluth In zischenden, siedenden Dämpfen.
Und mitten hinein in das aufgeregte Element, wo die Wellen mit zorniger Schleuderlust ihn umjagen, wagt sich der Flößer mit seinem Haken und öffnet hier, und lenket dort, daß die viele Zent¬ ner schweren Blöcke gaukelnd an ihm vorübertanzen. In dichten Strömen gießt der Regen herab, -- ihn kümmerts nicht! Es ist ja sein Beruf, er kennts nicht anders. Und zwängt der Strom sich durch ein schwarzes Felsenthor, in welchem große Gesteinstrüm¬ mer den freien Ausgang versperren, da läßt der unerschrockene Bergbewohner an dickem Tau sich in die grausige Tiefe hinab, und halb schwebend über den wildhetzenden Wogen, vielleicht mit einem Fuße nur sich an die Felswand stemmend, arbeitet er mit rastlosem Eifer, um ein armselig Tagelohn zu verdienen.
Beim Flößen in den durch starken Fall wild einherströmenden Gebirgswassern kommen beim Hochgang des Flusses auch häufig Felsenquadern mit aus den Alpen herunter, die ein Dutzend Pferde nicht würden vom Platze schaffen können. Diese versperren be¬ greiflich das freie Flußbett und hindern den ungestörten Fortgang des Holzes. In solchen Fällen müssen die Flößer mit Schlägel
HolzſchlägerundFlößer.
um den Waſſerſtand, wird Holz gefällt und in die oft halb trocken liegenden Flußbetten geworfen. Kommt Zeit, kommt Rath. Steigt nun durch Regen oder Schneeſchmelze der Bach, dann räumt er ſelbſt das ihm zur Spedition anvertraute Gut auf, und dies iſt der Moment, der neue, unbekannte Bilder komponirt. Bei Be¬ ſchreibung der Rüfe wurde gezeigt, zu welchen furchtbaren Ver¬ heerungen das Wildwaſſer führen kann, wenn ſichs verſtopft und plötzlich mit Uebermacht ſich neue Wege bahnt. Wie dort der An¬ wohner, ſo muß jetzt der Holzflößer den Augenblick wahrnehmen und helfen, wo eine Stockung einzutreten droht.
Da donnert das Waſſer, da ſchäumt es vor Wuth, Sich freien Lauf zu erkämpfen! Da ſtrudelt und wirbelt die ſtürzende Fluth In ziſchenden, ſiedenden Dämpfen.
Und mitten hinein in das aufgeregte Element, wo die Wellen mit zorniger Schleuderluſt ihn umjagen, wagt ſich der Flößer mit ſeinem Haken und öffnet hier, und lenket dort, daß die viele Zent¬ ner ſchweren Blöcke gaukelnd an ihm vorübertanzen. In dichten Strömen gießt der Regen herab, — ihn kümmerts nicht! Es iſt ja ſein Beruf, er kennts nicht anders. Und zwängt der Strom ſich durch ein ſchwarzes Felſenthor, in welchem große Geſteinſtrüm¬ mer den freien Ausgang verſperren, da läßt der unerſchrockene Bergbewohner an dickem Tau ſich in die grauſige Tiefe hinab, und halb ſchwebend über den wildhetzenden Wogen, vielleicht mit einem Fuße nur ſich an die Felswand ſtemmend, arbeitet er mit raſtloſem Eifer, um ein armſelig Tagelohn zu verdienen.
Beim Flößen in den durch ſtarken Fall wild einherſtrömenden Gebirgswaſſern kommen beim Hochgang des Fluſſes auch häufig Felſenquadern mit aus den Alpen herunter, die ein Dutzend Pferde nicht würden vom Platze ſchaffen können. Dieſe verſperren be¬ greiflich das freie Flußbett und hindern den ungeſtörten Fortgang des Holzes. In ſolchen Fällen müſſen die Flößer mit Schlägel
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Holzſchläger und Flößer.
um den Waſſerſtand, wird Holz gefällt und in die oft halb trocken
liegenden Flußbetten geworfen. Kommt Zeit, kommt Rath. Steigt
nun durch Regen oder Schneeſchmelze der Bach, dann räumt er
ſelbſt das ihm zur Spedition anvertraute Gut auf, und dies iſt
der Moment, der neue, unbekannte Bilder komponirt. Bei Be¬
ſchreibung der Rüfe wurde gezeigt, zu welchen furchtbaren Ver¬
heerungen das Wildwaſſer führen kann, wenn ſichs verſtopft und
plötzlich mit Uebermacht ſich neue Wege bahnt. Wie dort der An¬
wohner, ſo muß jetzt der Holzflößer den Augenblick wahrnehmen
und helfen, wo eine Stockung einzutreten droht.
Da donnert das Waſſer, da ſchäumt es vor Wuth,
Sich freien Lauf zu erkämpfen!
Da ſtrudelt und wirbelt die ſtürzende Fluth
In ziſchenden, ſiedenden Dämpfen.
Und mitten hinein in das aufgeregte Element, wo die Wellen
mit zorniger Schleuderluſt ihn umjagen, wagt ſich der Flößer mit
ſeinem Haken und öffnet hier, und lenket dort, daß die viele Zent¬
ner ſchweren Blöcke gaukelnd an ihm vorübertanzen. In dichten
Strömen gießt der Regen herab, — ihn kümmerts nicht! Es iſt
ja ſein Beruf, er kennts nicht anders. Und zwängt der Strom
ſich durch ein ſchwarzes Felſenthor, in welchem große Geſteinſtrüm¬
mer den freien Ausgang verſperren, da läßt der unerſchrockene
Bergbewohner an dickem Tau ſich in die grauſige Tiefe hinab, und
halb ſchwebend über den wildhetzenden Wogen, vielleicht mit einem
Fuße nur ſich an die Felswand ſtemmend, arbeitet er mit raſtloſem
Eifer, um ein armſelig Tagelohn zu verdienen.
Beim Flößen in den durch ſtarken Fall wild einherſtrömenden
Gebirgswaſſern kommen beim Hochgang des Fluſſes auch häufig
Felſenquadern mit aus den Alpen herunter, die ein Dutzend Pferde
nicht würden vom Platze ſchaffen können. Dieſe verſperren be¬
greiflich das freie Flußbett und hindern den ungeſtörten Fortgang
des Holzes. In ſolchen Fällen müſſen die Flößer mit Schlägel
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/453>, abgerufen am 16.02.2025.
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