sich jedoch ergab, daß viel Schelmerei unter diesem Vorwande ge¬ trieben wurde, und man außerdem in Erfahrung brachte, daß der Spittelpächter durch außerordentlich wachsenden Fremden-Besuch im Sommer und durch tüchtige Rechnungen ein vortreffliches Ge¬ schäft in seiner unbelauschten und unkontrolirbaren Einöde mache, so sank der gute Wille mildthätig steuernder Leute, und in den meisten Kantonen wurde ihm das Einsammeln untersagt, wogegen die Regierungen ihm zeitweise aus ihren Kantonal-Armenfonds eine Gabe verabfolgten. Ueberdies beträgt die Summe der hier ver¬ pflegten Armen jährlich nur zwischen 909 und 1600 Personen.
Ein berühmt gewordener Kriminalfall trug wesentlich dazu bei, die Verhältnisse des Grimselspitales öffentlich zu beleuchten.
Seit dem Jahre 1836 hatte Peter Zybach von Meyringen als Pächter das Grimselspital mit den dazu gehörigen Weiden und Kollektur-Rechten um den jährlichen Zins von 2500 Francs inne gehabt und zu Jedermanns Zufriedenheit verwaltet. Er selbst hatte die größte Ursache, mit seinem Pacht-Objekte zufrieden zu sein, in¬ dem es sich herausstellte, daß er während des Sommers von den wohlhabenden Touristen jährlich etwa 14000 Francs einnahm. Der Pacht-Vertrag ging mit Schluß des Jahres 1852 zu Ende, und da Zybach auf der Grimsel zum wohlhabenden Manne gewor¬ den war, so gabs für den Termin einer Neupachtung mehr Aspi¬ ranten als ihn allein. Ueberdies kursirte das Gerücht, man werde das Spital an öffentliche Versteigerung bringen und in solch einer Auction möchte es hoch hinaufgetrieben werden. Zybach proponirte der Landschaftskommission einen neuen vieljährigen Pachtvertrag mit bedeutend erhöhtem Zins, ohne jedoch die Zustimmung der Behörde zu erhalten. Da kam plötzlich die Nachricht aus der Grimsel-Wildniß ins Haslithal hernieder, das Spital sei in der Nacht des 5. Novembers binnen wenig Stunden niedergebrannt. Nach Aussage der drei Knechte, sollte ein Fremder Abends ange¬ kommen sein und im mittleren Stockwerk logirt haben. Nachts
Die Hospitien.
ſich jedoch ergab, daß viel Schelmerei unter dieſem Vorwande ge¬ trieben wurde, und man außerdem in Erfahrung brachte, daß der Spittelpächter durch außerordentlich wachſenden Fremden-Beſuch im Sommer und durch tüchtige Rechnungen ein vortreffliches Ge¬ ſchäft in ſeiner unbelauſchten und unkontrolirbaren Einöde mache, ſo ſank der gute Wille mildthätig ſteuernder Leute, und in den meiſten Kantonen wurde ihm das Einſammeln unterſagt, wogegen die Regierungen ihm zeitweiſe aus ihren Kantonal-Armenfonds eine Gabe verabfolgten. Ueberdies beträgt die Summe der hier ver¬ pflegten Armen jährlich nur zwiſchen 909 und 1600 Perſonen.
Ein berühmt gewordener Kriminalfall trug weſentlich dazu bei, die Verhältniſſe des Grimſelſpitales öffentlich zu beleuchten.
Seit dem Jahre 1836 hatte Peter Zybach von Meyringen als Pächter das Grimſelſpital mit den dazu gehörigen Weiden und Kollektur-Rechten um den jährlichen Zins von 2500 Francs inne gehabt und zu Jedermanns Zufriedenheit verwaltet. Er ſelbſt hatte die größte Urſache, mit ſeinem Pacht-Objekte zufrieden zu ſein, in¬ dem es ſich herausſtellte, daß er während des Sommers von den wohlhabenden Touriſten jährlich etwa 14000 Francs einnahm. Der Pacht-Vertrag ging mit Schluß des Jahres 1852 zu Ende, und da Zybach auf der Grimſel zum wohlhabenden Manne gewor¬ den war, ſo gabs für den Termin einer Neupachtung mehr Aſpi¬ ranten als ihn allein. Ueberdies kurſirte das Gerücht, man werde das Spital an öffentliche Verſteigerung bringen und in ſolch einer Auction möchte es hoch hinaufgetrieben werden. Zybach proponirte der Landſchaftskommiſſion einen neuen vieljährigen Pachtvertrag mit bedeutend erhöhtem Zins, ohne jedoch die Zuſtimmung der Behörde zu erhalten. Da kam plötzlich die Nachricht aus der Grimſel-Wildniß ins Haslithal hernieder, das Spital ſei in der Nacht des 5. Novembers binnen wenig Stunden niedergebrannt. Nach Ausſage der drei Knechte, ſollte ein Fremder Abends ange¬ kommen ſein und im mittleren Stockwerk logirt haben. Nachts
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Die Hospitien.
ſich jedoch ergab, daß viel Schelmerei unter dieſem Vorwande ge¬
trieben wurde, und man außerdem in Erfahrung brachte, daß der
Spittelpächter durch außerordentlich wachſenden Fremden-Beſuch
im Sommer und durch tüchtige Rechnungen ein vortreffliches Ge¬
ſchäft in ſeiner unbelauſchten und unkontrolirbaren Einöde mache,
ſo ſank der gute Wille mildthätig ſteuernder Leute, und in den
meiſten Kantonen wurde ihm das Einſammeln unterſagt, wogegen
die Regierungen ihm zeitweiſe aus ihren Kantonal-Armenfonds eine
Gabe verabfolgten. Ueberdies beträgt die Summe der hier ver¬
pflegten Armen jährlich nur zwiſchen 909 und 1600 Perſonen.
Ein berühmt gewordener Kriminalfall trug weſentlich dazu
bei, die Verhältniſſe des Grimſelſpitales öffentlich zu beleuchten.
Seit dem Jahre 1836 hatte Peter Zybach von Meyringen
als Pächter das Grimſelſpital mit den dazu gehörigen Weiden und
Kollektur-Rechten um den jährlichen Zins von 2500 Francs inne
gehabt und zu Jedermanns Zufriedenheit verwaltet. Er ſelbſt hatte
die größte Urſache, mit ſeinem Pacht-Objekte zufrieden zu ſein, in¬
dem es ſich herausſtellte, daß er während des Sommers von den
wohlhabenden Touriſten jährlich etwa 14000 Francs einnahm.
Der Pacht-Vertrag ging mit Schluß des Jahres 1852 zu Ende,
und da Zybach auf der Grimſel zum wohlhabenden Manne gewor¬
den war, ſo gabs für den Termin einer Neupachtung mehr Aſpi¬
ranten als ihn allein. Ueberdies kurſirte das Gerücht, man werde
das Spital an öffentliche Verſteigerung bringen und in ſolch einer
Auction möchte es hoch hinaufgetrieben werden. Zybach proponirte
der Landſchaftskommiſſion einen neuen vieljährigen Pachtvertrag
mit bedeutend erhöhtem Zins, ohne jedoch die Zuſtimmung der
Behörde zu erhalten. Da kam plötzlich die Nachricht aus der
Grimſel-Wildniß ins Haslithal hernieder, das Spital ſei in der
Nacht des 5. Novembers binnen wenig Stunden niedergebrannt.
Nach Ausſage der drei Knechte, ſollte ein Fremder Abends ange¬
kommen ſein und im mittleren Stockwerk logirt haben. Nachts
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/363>, abgerufen am 16.02.2025.
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