Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Gebirgs-Pässe und Alpen-Straßen . Meran, Aosta u. s. w.) bis zu dem diesseit der Alpen gelegenenSpeditions-Orte; letztere jedoch gingen nur bis auf den Scheitel des Berges, wo die Mauthhäuser, Susten oder Dogana standen, und dort wurde umgeladen, -- dort übergaben die "ennetbirgischen" oder wälschen Säumer ihr Frachtgut den "dissentbirgischen Roo¬ dern." Gewöhnlich trafen sie um die Mittagszeit droben ein und da entwickelte sich denn für wenige Stunden ungemein reger Ver¬ kehr und lautes, schreiendes Leben in diesen sonst todten Einöden. Diese Transport-Art ist, wie gesagt, seitdem fahrbar-gemachte Das Saumroß, so wie das noch heutigen Tages vielfach be¬ Gebirgs-Päſſe und Alpen-Straßen . Meran, Aoſta u. ſ. w.) bis zu dem dieſſeit der Alpen gelegenenSpeditions-Orte; letztere jedoch gingen nur bis auf den Scheitel des Berges, wo die Mauthhäuſer, Suſten oder Dogana ſtanden, und dort wurde umgeladen, — dort übergaben die „ennetbirgiſchen“ oder wälſchen Säumer ihr Frachtgut den „diſſentbirgiſchen Roo¬ dern.“ Gewöhnlich trafen ſie um die Mittagszeit droben ein und da entwickelte ſich denn für wenige Stunden ungemein reger Ver¬ kehr und lautes, ſchreiendes Leben in dieſen ſonſt todten Einöden. Dieſe Transport-Art iſt, wie geſagt, ſeitdem fahrbar-gemachte Das Saumroß, ſo wie das noch heutigen Tages vielfach be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0344" n="308"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Gebirgs-Päſſe und Alpen-Straßen</hi><hi rendition="#g">.</hi><lb/></fw> Meran, Aoſta u. ſ. w.) bis zu dem dieſſeit der Alpen gelegenen<lb/> Speditions-Orte; letztere jedoch gingen nur bis auf den Scheitel des<lb/> Berges, wo die Mauthhäuſer, Suſten oder <hi rendition="#aq">Dogana</hi> ſtanden, und<lb/> dort wurde umgeladen, — dort übergaben die „ennetbirgiſchen“<lb/> oder wälſchen Säumer ihr Frachtgut den „diſſentbirgiſchen Roo¬<lb/> dern.“ Gewöhnlich trafen ſie um die Mittagszeit droben ein und<lb/> da entwickelte ſich denn für wenige Stunden ungemein reger Ver¬<lb/> kehr und lautes, ſchreiendes Leben in dieſen ſonſt todten Einöden.</p><lb/> <p>Dieſe Transport-Art iſt, wie geſagt, ſeitdem fahrbar-gemachte<lb/> ſichere Kunſtſtraßen beſtehen, gänzlich verſchwunden. Auch die Zoll-<lb/> und Mauth-Häuſer auf den Paßhöhen und an den Linien, die<lb/> innerhalb der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft liegen, ſind einge¬<lb/> gangen und werden zu anderen Zwecken verwendet, ſeit eine allge¬<lb/> meine, große Grenz-Zollkette alle Kantone umfaßt; nur noch<lb/> einzelne Namen, wie z. B. <hi rendition="#aq">Dazio grande</hi> (großer Zoll) im Livi¬<lb/> nenthal auf der Gotthards-Route, erinnern an die alten Zuſtände.<lb/> Innerhalb der ganzen Schweiz exiſtiren ſeit der neuen Bundes-<lb/> Verfaſſung von 1848 weder Zölle noch Chauſſee- und Brücken-<lb/> Gelder.</p><lb/> <p>Das Saumroß, ſo wie das noch heutigen Tages vielfach be¬<lb/> nutzte Bergpferd, welch letzteres zum Tranport der Touriſten im<lb/> Sommer, ſo wie in manchen Gegenden zum Hinauf- und Herab¬<lb/> ſchaffen der Sennhütten-Utenſilien und Milchprodukte von und<lb/> nach den Alpweiden verwendet wird, iſt kleinen, gedrungenen<lb/> Schlages, derbknochig und muskelkräftig, keinesweges ſchön und<lb/> ebenmäßig im Bau. Seine Beine ſind kurz, die Hufen plump,<lb/> aber mit langen Feſſeln, wodurch größere Elaſticität in den Gang<lb/> kommt; in der Bruſt iſt es ſehr breit, hinten meiſt überbaut und<lb/> im Haarwuchs an den Mähnen und Füßen gewöhnlich verwildert.<lb/> Steht es nun auch an Lebhaftigkeit des Temperamentes, an<lb/> Grazie der Bewegung und Adel der Haltung, als Arbeitspferd<lb/> hinter dem bevorzugten Reit- und Wagenpferde des ebenen Landes<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [308/0344]
Gebirgs-Päſſe und Alpen-Straßen .
Meran, Aoſta u. ſ. w.) bis zu dem dieſſeit der Alpen gelegenen
Speditions-Orte; letztere jedoch gingen nur bis auf den Scheitel des
Berges, wo die Mauthhäuſer, Suſten oder Dogana ſtanden, und
dort wurde umgeladen, — dort übergaben die „ennetbirgiſchen“
oder wälſchen Säumer ihr Frachtgut den „diſſentbirgiſchen Roo¬
dern.“ Gewöhnlich trafen ſie um die Mittagszeit droben ein und
da entwickelte ſich denn für wenige Stunden ungemein reger Ver¬
kehr und lautes, ſchreiendes Leben in dieſen ſonſt todten Einöden.
Dieſe Transport-Art iſt, wie geſagt, ſeitdem fahrbar-gemachte
ſichere Kunſtſtraßen beſtehen, gänzlich verſchwunden. Auch die Zoll-
und Mauth-Häuſer auf den Paßhöhen und an den Linien, die
innerhalb der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft liegen, ſind einge¬
gangen und werden zu anderen Zwecken verwendet, ſeit eine allge¬
meine, große Grenz-Zollkette alle Kantone umfaßt; nur noch
einzelne Namen, wie z. B. Dazio grande (großer Zoll) im Livi¬
nenthal auf der Gotthards-Route, erinnern an die alten Zuſtände.
Innerhalb der ganzen Schweiz exiſtiren ſeit der neuen Bundes-
Verfaſſung von 1848 weder Zölle noch Chauſſee- und Brücken-
Gelder.
Das Saumroß, ſo wie das noch heutigen Tages vielfach be¬
nutzte Bergpferd, welch letzteres zum Tranport der Touriſten im
Sommer, ſo wie in manchen Gegenden zum Hinauf- und Herab¬
ſchaffen der Sennhütten-Utenſilien und Milchprodukte von und
nach den Alpweiden verwendet wird, iſt kleinen, gedrungenen
Schlages, derbknochig und muskelkräftig, keinesweges ſchön und
ebenmäßig im Bau. Seine Beine ſind kurz, die Hufen plump,
aber mit langen Feſſeln, wodurch größere Elaſticität in den Gang
kommt; in der Bruſt iſt es ſehr breit, hinten meiſt überbaut und
im Haarwuchs an den Mähnen und Füßen gewöhnlich verwildert.
Steht es nun auch an Lebhaftigkeit des Temperamentes, an
Grazie der Bewegung und Adel der Haltung, als Arbeitspferd
hinter dem bevorzugten Reit- und Wagenpferde des ebenen Landes
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