Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Alpenspitzen. de Saussure auf dem Col de Geant in einer Höhe von ca. 10000Fuß, -- Hugi beim Versuche der Jungfrau-Ersteigung im Roth¬ thal, ferner auf dem Unteraargletscher, auf dem Loetschen-Gletscher und am Fuße des Finsteraarhornes (1829) errichten. Die Form u. Konstruktion derselben ist vorsündfluthlich-einfach. Gewöhnlich werden auf den, am Boden gezeichneten Linien eines länglichen Quadrates aus übereinander gelegten Glimmer- und Gneis-Scher¬ ben vier Seitenwände, einige Fuß hoch errichtet und die Fugen mit Rasenschollen (wenn und wo es deren nämlich noch giebt) oder vom Gestein abgelösten Mooslappen ausgestopft. Ein an der Frontseite ausgespartes Loch dient als Portal des Gebäudes. Ueber diesen naiven Pferch werden dann in angemessenen Inter¬ vallen die 5 bis 6 Fuß langen Alpenstöcke horizontal als Dach¬ gebälk gelegt, und eine lange, darüber ausgebreitete, durch be¬ schwerende Steine festgehaltene, wollene Decke vollendet den Bau. Europäische Berühmtheit erlangte die, für die Professoren Alpenſpitzen. de Sauſſure auf dem Col de Geant in einer Höhe von ca. 10000Fuß, — Hugi beim Verſuche der Jungfrau-Erſteigung im Roth¬ thal, ferner auf dem Unteraargletſcher, auf dem Loetſchen-Gletſcher und am Fuße des Finſteraarhornes (1829) errichten. Die Form u. Konſtruktion derſelben iſt vorſündfluthlich-einfach. Gewöhnlich werden auf den, am Boden gezeichneten Linien eines länglichen Quadrates aus übereinander gelegten Glimmer- und Gneis-Scher¬ ben vier Seitenwände, einige Fuß hoch errichtet und die Fugen mit Raſenſchollen (wenn und wo es deren nämlich noch giebt) oder vom Geſtein abgelöſten Mooslappen ausgeſtopft. Ein an der Frontſeite ausgeſpartes Loch dient als Portal des Gebäudes. Ueber dieſen naiven Pferch werden dann in angemeſſenen Inter¬ vallen die 5 bis 6 Fuß langen Alpenſtöcke horizontal als Dach¬ gebälk gelegt, und eine lange, darüber ausgebreitete, durch be¬ ſchwerende Steine feſtgehaltene, wollene Decke vollendet den Bau. Europäiſche Berühmtheit erlangte die, für die Profeſſoren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0287" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Alpenſpitzen</hi>.<lb/></fw> de <hi rendition="#g">Sauſſure</hi> auf dem <hi rendition="#aq">Col de Geant</hi> in einer Höhe von ca. 10000<lb/> Fuß, — <hi rendition="#g">Hugi</hi> beim Verſuche der Jungfrau-Erſteigung im Roth¬<lb/> thal, ferner auf dem Unteraargletſcher, auf dem Loetſchen-Gletſcher<lb/> und am Fuße des Finſteraarhornes (1829) errichten. Die Form<lb/> u. Konſtruktion derſelben iſt vorſündfluthlich-einfach. Gewöhnlich<lb/> werden auf den, am Boden gezeichneten Linien eines länglichen<lb/> Quadrates aus übereinander gelegten Glimmer- und Gneis-Scher¬<lb/> ben vier Seitenwände, einige Fuß hoch errichtet und die Fugen<lb/> mit Raſenſchollen (wenn und wo es deren nämlich noch giebt)<lb/> oder vom Geſtein abgelöſten Mooslappen ausgeſtopft. Ein an<lb/> der Frontſeite ausgeſpartes Loch dient als Portal des Gebäudes.<lb/> Ueber dieſen naiven Pferch werden dann in angemeſſenen Inter¬<lb/> vallen die 5 bis 6 Fuß langen Alpenſtöcke horizontal als Dach¬<lb/> gebälk gelegt, und eine lange, darüber ausgebreitete, durch be¬<lb/> ſchwerende Steine feſtgehaltene, wollene Decke vollendet den Bau.</p><lb/> <p>Europäiſche Berühmtheit erlangte die, für die Profeſſoren<lb/> Agaſſiz, Carl Vogt, E. Deſſor, Nicolet, H. Coulon und F. Pour¬<lb/> tal<hi rendition="#aq">è</hi>s, beim Abſchwung <hi rendition="#g">auf dem Aargletſcher</hi> (5 Stunden vom<lb/> Grimſelhospiz) 1840 erbaute, ſpäter reſtaurirte Cabane, welche dieſe<lb/> Naturforſcher in ihrem köſtlichen Humor <hi rendition="#aq">„Hôtel des Neuchâtelois“</hi><lb/> tauften, mehrere Sommer hindurch <hi rendition="#g">wochenlang bewohnten</hi> und<lb/> vielfache Beſuche von Reiſenden daſelbſt empfingen. Auch die Pro¬<lb/> feſſoren Forbes von Edinburg und Heath von Cambridge verweil¬<lb/> ten 1841 etwa 3 Wochen in derſelben. Deſor entwirft launige<lb/> Bilder von dieſem Aufenthalte. Zu unterſt war der Eisboden des<lb/> Gletſchers mit Schieferplatten ausgelegt, über denen eine dicke Lage<lb/> von dürrem Wildheu und eine gegen Feuchtigkeit ſchützende große<lb/> Wachsleinwand-Plane ſich ausbreiteten. Das war die gemeinſchaft¬<lb/> liche Matratze des Schlafkabinets für die 6 Naturforſcher. Sau¬<lb/> bere Betttücher und wollene Decken ergänzten das Arrangement,<lb/> wodurch daſſelbe ein bäuriſch-wohlbäbiges Anſehen bekam. Vor<lb/> dem Schlafzimmer waren Küche und Speiſezimmer etablirt, eben¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0287]
Alpenſpitzen.
de Sauſſure auf dem Col de Geant in einer Höhe von ca. 10000
Fuß, — Hugi beim Verſuche der Jungfrau-Erſteigung im Roth¬
thal, ferner auf dem Unteraargletſcher, auf dem Loetſchen-Gletſcher
und am Fuße des Finſteraarhornes (1829) errichten. Die Form
u. Konſtruktion derſelben iſt vorſündfluthlich-einfach. Gewöhnlich
werden auf den, am Boden gezeichneten Linien eines länglichen
Quadrates aus übereinander gelegten Glimmer- und Gneis-Scher¬
ben vier Seitenwände, einige Fuß hoch errichtet und die Fugen
mit Raſenſchollen (wenn und wo es deren nämlich noch giebt)
oder vom Geſtein abgelöſten Mooslappen ausgeſtopft. Ein an
der Frontſeite ausgeſpartes Loch dient als Portal des Gebäudes.
Ueber dieſen naiven Pferch werden dann in angemeſſenen Inter¬
vallen die 5 bis 6 Fuß langen Alpenſtöcke horizontal als Dach¬
gebälk gelegt, und eine lange, darüber ausgebreitete, durch be¬
ſchwerende Steine feſtgehaltene, wollene Decke vollendet den Bau.
Europäiſche Berühmtheit erlangte die, für die Profeſſoren
Agaſſiz, Carl Vogt, E. Deſſor, Nicolet, H. Coulon und F. Pour¬
talès, beim Abſchwung auf dem Aargletſcher (5 Stunden vom
Grimſelhospiz) 1840 erbaute, ſpäter reſtaurirte Cabane, welche dieſe
Naturforſcher in ihrem köſtlichen Humor „Hôtel des Neuchâtelois“
tauften, mehrere Sommer hindurch wochenlang bewohnten und
vielfache Beſuche von Reiſenden daſelbſt empfingen. Auch die Pro¬
feſſoren Forbes von Edinburg und Heath von Cambridge verweil¬
ten 1841 etwa 3 Wochen in derſelben. Deſor entwirft launige
Bilder von dieſem Aufenthalte. Zu unterſt war der Eisboden des
Gletſchers mit Schieferplatten ausgelegt, über denen eine dicke Lage
von dürrem Wildheu und eine gegen Feuchtigkeit ſchützende große
Wachsleinwand-Plane ſich ausbreiteten. Das war die gemeinſchaft¬
liche Matratze des Schlafkabinets für die 6 Naturforſcher. Sau¬
bere Betttücher und wollene Decken ergänzten das Arrangement,
wodurch daſſelbe ein bäuriſch-wohlbäbiges Anſehen bekam. Vor
dem Schlafzimmer waren Küche und Speiſezimmer etablirt, eben¬
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