Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Die Lauine. Körper an, so daß der Erstickungstod unvermeidlich erfolgt. DerSchnee dieser Lauinen wird so fest in einander geschlagen, daß Menschen oder Thiere, nur bis an den Hals darin steckend, sich unmöglich ohne Hilfe Anderer herausarbeiten können. Daher kommts auch, daß man in Thälern, durch welche ein scharfströmender Gebirgsbach fließt, noch im Hochsommer darüber gewölbte Schnee¬ brücken findet, welche von einem Lauinensturze herrühren. Diese sind oft so kompakt und dauerfest, daß man mit Roß und Wagen darüber fahren könnte. Sie entstehen dadurch, daß der Bergbach von einem Lauinensturz in seinem Bett behindert, sich vermöge seines größeren Wärmegehaltes durchfrißt und den Bogen allmählig erweitert. Gelingt dies dem Flusse nicht, ist der Schneedamm zu dicht, zu mächtig, zu hoch, staut er das Wasser zurück, so kann großes Unglück die tieferliegenden Orte des Thales bedrohen. Denn es ereignet sich nicht selten, daß eine Lauinen-Ladung nicht nur die enge Thalsohle bis zu irgend einer Höhe ausfüllt, son¬ dern selbst an der gegenüberliegenden Böschung noch wieder aufwärts geschoben wird. Wenn dann die in den Thalengen com¬ primirte Sonnenwärme den Schneedamm mürbe macht und zerfrißt, so bricht das zum See angewachsene Bachwasser mit seiner dynamischen furchtbaren Gewalt durch, reißt ringsum Uferge¬ lände ab, entwurzelt Bäume und Sträucher, zertrümmert Stege, Brücken, Mühlen, Häuser und Ställe, schwemmt Nutzhölzer, Säge¬ blöcke, große Steine, Menschen und Vieh mit fort, und verwüstet tiefergelegene Gegenden weit hinaus. Zwischen den beiden beschriebenen Lauinenformen, liegt Die Lauine. Körper an, ſo daß der Erſtickungstod unvermeidlich erfolgt. DerSchnee dieſer Lauinen wird ſo feſt in einander geſchlagen, daß Menſchen oder Thiere, nur bis an den Hals darin ſteckend, ſich unmöglich ohne Hilfe Anderer herausarbeiten können. Daher kommts auch, daß man in Thälern, durch welche ein ſcharfſtrömender Gebirgsbach fließt, noch im Hochſommer darüber gewölbte Schnee¬ brücken findet, welche von einem Lauinenſturze herrühren. Dieſe ſind oft ſo kompakt und dauerfeſt, daß man mit Roß und Wagen darüber fahren könnte. Sie entſtehen dadurch, daß der Bergbach von einem Lauinenſturz in ſeinem Bett behindert, ſich vermöge ſeines größeren Wärmegehaltes durchfrißt und den Bogen allmählig erweitert. Gelingt dies dem Fluſſe nicht, iſt der Schneedamm zu dicht, zu mächtig, zu hoch, ſtaut er das Waſſer zurück, ſo kann großes Unglück die tieferliegenden Orte des Thales bedrohen. Denn es ereignet ſich nicht ſelten, daß eine Lauinen-Ladung nicht nur die enge Thalſohle bis zu irgend einer Höhe ausfüllt, ſon¬ dern ſelbſt an der gegenüberliegenden Böſchung noch wieder aufwärts geſchoben wird. Wenn dann die in den Thalengen com¬ primirte Sonnenwärme den Schneedamm mürbe macht und zerfrißt, ſo bricht das zum See angewachſene Bachwaſſer mit ſeiner dynamiſchen furchtbaren Gewalt durch, reißt ringsum Uferge¬ lände ab, entwurzelt Bäume und Sträucher, zertrümmert Stege, Brücken, Mühlen, Häuſer und Ställe, ſchwemmt Nutzhölzer, Säge¬ blöcke, große Steine, Menſchen und Vieh mit fort, und verwüſtet tiefergelegene Gegenden weit hinaus. Zwiſchen den beiden beſchriebenen Lauinenformen, liegt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Die Lauine</hi>.<lb/></fw>Körper an, ſo daß der Erſtickungstod unvermeidlich erfolgt. Der<lb/> Schnee dieſer Lauinen wird ſo feſt in einander geſchlagen, daß<lb/> Menſchen oder Thiere, nur bis an den Hals darin ſteckend, ſich<lb/> unmöglich ohne Hilfe Anderer herausarbeiten können. Daher<lb/> kommts auch, daß man in Thälern, durch welche ein ſcharfſtrömender<lb/> Gebirgsbach fließt, noch im Hochſommer darüber gewölbte Schnee¬<lb/> brücken findet, welche von einem Lauinenſturze herrühren. Dieſe<lb/> ſind oft ſo kompakt und dauerfeſt, daß man mit Roß und Wagen<lb/> darüber fahren könnte. Sie entſtehen dadurch, daß der Bergbach<lb/> von einem Lauinenſturz in ſeinem Bett behindert, ſich vermöge<lb/> ſeines größeren Wärmegehaltes durchfrißt und den Bogen allmählig<lb/> erweitert. Gelingt dies dem Fluſſe nicht, iſt der Schneedamm zu<lb/> dicht, zu mächtig, zu hoch, ſtaut er das Waſſer zurück, ſo kann<lb/> großes Unglück die tieferliegenden Orte des Thales bedrohen.<lb/> Denn es ereignet ſich nicht ſelten, daß eine Lauinen-Ladung nicht<lb/> nur die enge Thalſohle bis zu irgend einer Höhe ausfüllt, ſon¬<lb/> dern ſelbſt an der gegenüberliegenden Böſchung noch wieder<lb/> aufwärts geſchoben wird. Wenn dann die in den Thalengen com¬<lb/> primirte Sonnenwärme den Schneedamm mürbe macht und zerfrißt,<lb/> ſo bricht das zum See angewachſene Bachwaſſer mit ſeiner<lb/> dynamiſchen furchtbaren Gewalt durch, reißt ringsum Uferge¬<lb/> lände ab, entwurzelt Bäume und Sträucher, zertrümmert Stege,<lb/> Brücken, Mühlen, Häuſer und Ställe, ſchwemmt Nutzhölzer, Säge¬<lb/> blöcke, große Steine, Menſchen und Vieh mit fort, und verwüſtet<lb/> tiefergelegene Gegenden weit hinaus.</p><lb/> <p>Zwiſchen den beiden beſchriebenen Lauinenformen, liegt<lb/> mitten inne eine dritte, die theils ſelbſtſtändig als Lauiſturz auf¬<lb/> tritt, noch mehr aber Veranlaſſung einer jener beiden Sturzformen<lb/> werden kann; dieſe wird herbeigeführt durch die ſ. g. <hi rendition="#g">Wind¬<lb/> ſchirme</hi>, <hi rendition="#g">Schneeſchilde</hi> oder <hi rendition="#g">Schneebritte</hi>. Das Bildungs¬<lb/> princip dieſer im Gebirge gefährlichen Accumulationen und die<lb/> Geſtalt derſelben im Kleinen kennt jeder Bewohner des Flach¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0238]
Die Lauine.
Körper an, ſo daß der Erſtickungstod unvermeidlich erfolgt. Der
Schnee dieſer Lauinen wird ſo feſt in einander geſchlagen, daß
Menſchen oder Thiere, nur bis an den Hals darin ſteckend, ſich
unmöglich ohne Hilfe Anderer herausarbeiten können. Daher
kommts auch, daß man in Thälern, durch welche ein ſcharfſtrömender
Gebirgsbach fließt, noch im Hochſommer darüber gewölbte Schnee¬
brücken findet, welche von einem Lauinenſturze herrühren. Dieſe
ſind oft ſo kompakt und dauerfeſt, daß man mit Roß und Wagen
darüber fahren könnte. Sie entſtehen dadurch, daß der Bergbach
von einem Lauinenſturz in ſeinem Bett behindert, ſich vermöge
ſeines größeren Wärmegehaltes durchfrißt und den Bogen allmählig
erweitert. Gelingt dies dem Fluſſe nicht, iſt der Schneedamm zu
dicht, zu mächtig, zu hoch, ſtaut er das Waſſer zurück, ſo kann
großes Unglück die tieferliegenden Orte des Thales bedrohen.
Denn es ereignet ſich nicht ſelten, daß eine Lauinen-Ladung nicht
nur die enge Thalſohle bis zu irgend einer Höhe ausfüllt, ſon¬
dern ſelbſt an der gegenüberliegenden Böſchung noch wieder
aufwärts geſchoben wird. Wenn dann die in den Thalengen com¬
primirte Sonnenwärme den Schneedamm mürbe macht und zerfrißt,
ſo bricht das zum See angewachſene Bachwaſſer mit ſeiner
dynamiſchen furchtbaren Gewalt durch, reißt ringsum Uferge¬
lände ab, entwurzelt Bäume und Sträucher, zertrümmert Stege,
Brücken, Mühlen, Häuſer und Ställe, ſchwemmt Nutzhölzer, Säge¬
blöcke, große Steine, Menſchen und Vieh mit fort, und verwüſtet
tiefergelegene Gegenden weit hinaus.
Zwiſchen den beiden beſchriebenen Lauinenformen, liegt
mitten inne eine dritte, die theils ſelbſtſtändig als Lauiſturz auf¬
tritt, noch mehr aber Veranlaſſung einer jener beiden Sturzformen
werden kann; dieſe wird herbeigeführt durch die ſ. g. Wind¬
ſchirme, Schneeſchilde oder Schneebritte. Das Bildungs¬
princip dieſer im Gebirge gefährlichen Accumulationen und die
Geſtalt derſelben im Kleinen kennt jeder Bewohner des Flach¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |