bei Schaffhausen, der schon zu oft beschrieben und abgebildet wurde, und somit eine nochmalige Schilderung überflüssig macht. In klei¬ nerem Maßstabe finden sich ähnliche bei anderen Alpenflüssen, so z. B. der Fall des Inn bei seinem Ausflusse aus dem St. Morizer See im Ober-Engadin. -- Eigentliche Stromschnellen im engeren Sinne, also Stellen, an denen der Strom in Folge starker Neigung seines Flußbettes einen beschleunigteren Lauf annimmt und schräg über flache Platten hinabschießt, hat fast jeder Gebirgsstrom, sobald er in die Zonen der sedimentären Bildungen hinaustritt. Solche Stromschnellen sind Ursache, daß mancher bedeutende Fluß nicht schiffbar benutzt werden kann.
Bei Laufenburg an der schweizerisch-badenschen Gränze, durch¬ setzt fester Alpen-Gneis in Form eines Felsendammes das Klippen- Bett des Rheines und nöthiget diesen, zwischen gewaltigen Blöcken hindurch, über stark geneigte Schichtenlagen des krystallinischen Gesteines mit reißender Vehemenz hinabzujagen. Da der Massen¬ sturz ungeachtet seines brüllenden Lärmens und stellenweise schäu¬ menden Wesens doch ganz und gar den Charakter des eigentlichen Wasserfalles verliert, weil die Oberfläche des Stromes, stark wellenförmig fluthend, doch ziemlich glatt bleibt, so haben Wage¬ hälse, offenbares Va-banque-Spiel mit ihrem Leben treibend, es schon oft versucht mit kleinen geeigneten Nachen über diese wilden Stromschnellen hinabzufahren. Einigen gelang das mehr als tollkühne Unternehmen, -- andere kamen dabei um. Zu letzteren gehörte der junge Lord Montague, der wunderbarerweise am gleichen Tage auf diese Weise sein Leben einbüßte, an welchem sein Stammschloß in England abbrannte. Der Schiffer, welcher ihn fuhr, vermochte sich zu retten. Erfahrene Schiffer pflegen ohne Schaden ihre Fahrzeuge hinabzulassen. -- Noch präciser formt sich die "Stromschnelle" beim s. g. kleinen Laufen unweit Koblenz am Rhein, einige Stunden oberhalb Laufenburg.
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Der Waſſerfall.
bei Schaffhauſen, der ſchon zu oft beſchrieben und abgebildet wurde, und ſomit eine nochmalige Schilderung überflüſſig macht. In klei¬ nerem Maßſtabe finden ſich ähnliche bei anderen Alpenflüſſen, ſo z. B. der Fall des Inn bei ſeinem Ausfluſſe aus dem St. Morizer See im Ober-Engadin. — Eigentliche Stromſchnellen im engeren Sinne, alſo Stellen, an denen der Strom in Folge ſtarker Neigung ſeines Flußbettes einen beſchleunigteren Lauf annimmt und ſchräg über flache Platten hinabſchießt, hat faſt jeder Gebirgsſtrom, ſobald er in die Zonen der ſedimentären Bildungen hinaustritt. Solche Stromſchnellen ſind Urſache, daß mancher bedeutende Fluß nicht ſchiffbar benutzt werden kann.
Bei Laufenburg an der ſchweizeriſch-badenſchen Gränze, durch¬ ſetzt feſter Alpen-Gneis in Form eines Felſendammes das Klippen- Bett des Rheines und nöthiget dieſen, zwiſchen gewaltigen Blöcken hindurch, über ſtark geneigte Schichtenlagen des kryſtalliniſchen Geſteines mit reißender Vehemenz hinabzujagen. Da der Maſſen¬ ſturz ungeachtet ſeines brüllenden Lärmens und ſtellenweiſe ſchäu¬ menden Weſens doch ganz und gar den Charakter des eigentlichen Waſſerfalles verliert, weil die Oberfläche des Stromes, ſtark wellenförmig fluthend, doch ziemlich glatt bleibt, ſo haben Wage¬ hälſe, offenbares Va-banque-Spiel mit ihrem Leben treibend, es ſchon oft verſucht mit kleinen geeigneten Nachen über dieſe wilden Stromſchnellen hinabzufahren. Einigen gelang das mehr als tollkühne Unternehmen, — andere kamen dabei um. Zu letzteren gehörte der junge Lord Montague, der wunderbarerweiſe am gleichen Tage auf dieſe Weiſe ſein Leben einbüßte, an welchem ſein Stammſchloß in England abbrannte. Der Schiffer, welcher ihn fuhr, vermochte ſich zu retten. Erfahrene Schiffer pflegen ohne Schaden ihre Fahrzeuge hinabzulaſſen. — Noch präciſer formt ſich die „Stromſchnelle“ beim ſ. g. kleinen Laufen unweit Koblenz am Rhein, einige Stunden oberhalb Laufenburg.
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Der Waſſerfall.
bei Schaffhauſen, der ſchon zu oft beſchrieben und abgebildet wurde,
und ſomit eine nochmalige Schilderung überflüſſig macht. In klei¬
nerem Maßſtabe finden ſich ähnliche bei anderen Alpenflüſſen, ſo
z. B. der Fall des Inn bei ſeinem Ausfluſſe aus dem St. Morizer
See im Ober-Engadin. — Eigentliche Stromſchnellen im engeren
Sinne, alſo Stellen, an denen der Strom in Folge ſtarker Neigung
ſeines Flußbettes einen beſchleunigteren Lauf annimmt und ſchräg
über flache Platten hinabſchießt, hat faſt jeder Gebirgsſtrom, ſobald
er in die Zonen der ſedimentären Bildungen hinaustritt. Solche
Stromſchnellen ſind Urſache, daß mancher bedeutende Fluß nicht
ſchiffbar benutzt werden kann.
Bei Laufenburg an der ſchweizeriſch-badenſchen Gränze, durch¬
ſetzt feſter Alpen-Gneis in Form eines Felſendammes das Klippen-
Bett des Rheines und nöthiget dieſen, zwiſchen gewaltigen Blöcken
hindurch, über ſtark geneigte Schichtenlagen des kryſtalliniſchen
Geſteines mit reißender Vehemenz hinabzujagen. Da der Maſſen¬
ſturz ungeachtet ſeines brüllenden Lärmens und ſtellenweiſe ſchäu¬
menden Weſens doch ganz und gar den Charakter des eigentlichen
Waſſerfalles verliert, weil die Oberfläche des Stromes, ſtark
wellenförmig fluthend, doch ziemlich glatt bleibt, ſo haben Wage¬
hälſe, offenbares Va-banque-Spiel mit ihrem Leben treibend, es
ſchon oft verſucht mit kleinen geeigneten Nachen über dieſe wilden
Stromſchnellen hinabzufahren. Einigen gelang das mehr als
tollkühne Unternehmen, — andere kamen dabei um. Zu letzteren
gehörte der junge Lord Montague, der wunderbarerweiſe am
gleichen Tage auf dieſe Weiſe ſein Leben einbüßte, an welchem ſein
Stammſchloß in England abbrannte. Der Schiffer, welcher ihn
fuhr, vermochte ſich zu retten. Erfahrene Schiffer pflegen ohne
Schaden ihre Fahrzeuge hinabzulaſſen. — Noch präciſer formt ſich
die „Stromſchnelle“ beim ſ. g. kleinen Laufen unweit Koblenz am
Rhein, einige Stunden oberhalb Laufenburg.
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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