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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Warane, Histiurus.
ähnlich nennen, z. B. auf Timor buaya-darat; die besser unterrich-
teten Eingeborenen der grossen Sunda-Inseln aber haben für ihn
den eigenen Namen biawaq oder minjawaq, mit den Variationen
benjawaq, menjawaq, badjawaq, auf den eigentlichen Molukken
soa-soa, während die Holländer seit lange auf ihn den eigentlich
der mittelamerikanischen Iguane entlehnten Namen Leguan über-
tragen haben. Diese beweglichen und kräftigen Eidechsen, deren
Länge einen vollen Meter erreichen kann, wovon freilich der Schwanz
mehr als die Hälfte ausmacht, halten sich gern an Flussufern auf,
leben übrigens auch öfters in unmittelbarer Nähe der menschlichen
Wohnungen, wenn sie nur daselbst einen Versteck für die belebtere
Tageszeit finden, und sind alsdann als Hühnerdiebe gefürchtet.
Einer, welchen ich auf Batjan erhielt, kletterte sehr geschickt an
den Bambuwänden meiner Wohnung hinauf und war dann nur mit
grosser Mühe und Kraftanstrengung davon wegzubringen; so fest
wusste er sich mit seinen Krallen zu halten und so eng sich jedem
Winkel anzuschmiegen. Bei unserm ersten Aufenthalt auf Singapore
wurde mir ein lebender gebracht, der bereits von dem Chinesen,
der ihn gefangen, zum Verspeisen bestimmt war; ich hielt ihn an
Bord der Fregatte lebend, bis er kurz vor unserer Ankunft in
Japan nach Angabe der Matrosen aus seinem Holzkäfig ausbrach
und durch eine Kanonenluke ins Meer entwischte, erlebte aber
wenig Freude an dem ungestümen, gefrässigen und kaum rein zu
haltenden Thiere. Eine Stimme hörte ich nie von ihm, obwohl
Valentyn die amboinesischen des Morgens pu pu pu schreien lässt.
Es gibt mehrere Arten, auf den grossen Sunda-Inseln nebst Singa-
pore ist Varanus bivittatus Kuhl. (salvator Laurenti) häufig, nach
Sal. Müller bis zu den Molukken verbreitet; auf Batjan und
Amboina erhielt ich nur V. chlorostigma Schlegel, der auch auf
Neuguinea vorkommt, auf Timor ist seit Peron als eigenthümliche
Art V. (Odatria) Timorensis Gray bekannt.

Der Grösse nach zunächst nach den Waranen kommt die den
Molukken im weitern Sinn eigenthümliche Gattung Histiurus, der
sogenannte amboinesische Basilisk, mit hoher Vertikalflosse auf dem
Schwanz, welche auf ein noch mehr amphibisches Leben als das
des Warans deutet, womit die Schilderung übereinkommt, welche
der alte Valentyn von diesem Thier unter dem Namen Kampfhahn
oder Wasserleguan gibt; in seinem Magen fand ich nur halbzerstörte
grüne Blätter, Valentyn gibt Samen und Beeren einer Wasserpflanze

Warane, Histiurus.
ähnlich nennen, z. B. auf Timor buaya-darat; die besser unterrich-
teten Eingeborenen der grossen Sunda-Inseln aber haben für ihn
den eigenen Namen biawaq oder minjawaq, mit den Variationen
benjawaq, menjawaq, badjawaq, auf den eigentlichen Molukken
soa-soa, während die Holländer seit lange auf ihn den eigentlich
der mittelamerikanischen Iguane entlehnten Namen Leguan über-
tragen haben. Diese beweglichen und kräftigen Eidechsen, deren
Länge einen vollen Meter erreichen kann, wovon freilich der Schwanz
mehr als die Hälfte ausmacht, halten sich gern an Flussufern auf,
leben übrigens auch öfters in unmittelbarer Nähe der menschlichen
Wohnungen, wenn sie nur daselbst einen Versteck für die belebtere
Tageszeit finden, und sind alsdann als Hühnerdiebe gefürchtet.
Einer, welchen ich auf Batjan erhielt, kletterte sehr geschickt an
den Bambuwänden meiner Wohnung hinauf und war dann nur mit
grosser Mühe und Kraftanstrengung davon wegzubringen; so fest
wusste er sich mit seinen Krallen zu halten und so eng sich jedem
Winkel anzuschmiegen. Bei unserm ersten Aufenthalt auf Singapore
wurde mir ein lebender gebracht, der bereits von dem Chinesen,
der ihn gefangen, zum Verspeisen bestimmt war; ich hielt ihn an
Bord der Fregatte lebend, bis er kurz vor unserer Ankunft in
Japan nach Angabe der Matrosen aus seinem Holzkäfig ausbrach
und durch eine Kanonenluke ins Meer entwischte, erlebte aber
wenig Freude an dem ungestümen, gefrässigen und kaum rein zu
haltenden Thiere. Eine Stimme hörte ich nie von ihm, obwohl
Valentyn die amboinesischen des Morgens pu pu pu schreien lässt.
Es gibt mehrere Arten, auf den grossen Sunda-Inseln nebst Singa-
pore ist Varanus bivittatus Kuhl. (salvator Laurenti) häufig, nach
Sal. Müller bis zu den Molukken verbreitet; auf Batjan und
Amboina erhielt ich nur V. chlorostigma Schlegel, der auch auf
Neuguinea vorkommt, auf Timor ist seit Peron als eigenthümliche
Art V. (Odatria) Timorensis Gray bekannt.

Der Grösse nach zunächst nach den Waranen kommt die den
Molukken im weitern Sinn eigenthümliche Gattung Histiurus, der
sogenannte amboinesische Basilisk, mit hoher Vertikalflosse auf dem
Schwanz, welche auf ein noch mehr amphibisches Leben als das
des Warans deutet, womit die Schilderung übereinkommt, welche
der alte Valentyn von diesem Thier unter dem Namen Kampfhahn
oder Wasserleguan gibt; in seinem Magen fand ich nur halbzerstörte
grüne Blätter, Valentyn gibt Samen und Beeren einer Wasserpflanze

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[279/0297] Warane, Histiurus. ähnlich nennen, z. B. auf Timor buaya-darat; die besser unterrich- teten Eingeborenen der grossen Sunda-Inseln aber haben für ihn den eigenen Namen biawaq oder minjawaq, mit den Variationen benjawaq, menjawaq, badjawaq, auf den eigentlichen Molukken soa-soa, während die Holländer seit lange auf ihn den eigentlich der mittelamerikanischen Iguane entlehnten Namen Leguan über- tragen haben. Diese beweglichen und kräftigen Eidechsen, deren Länge einen vollen Meter erreichen kann, wovon freilich der Schwanz mehr als die Hälfte ausmacht, halten sich gern an Flussufern auf, leben übrigens auch öfters in unmittelbarer Nähe der menschlichen Wohnungen, wenn sie nur daselbst einen Versteck für die belebtere Tageszeit finden, und sind alsdann als Hühnerdiebe gefürchtet. Einer, welchen ich auf Batjan erhielt, kletterte sehr geschickt an den Bambuwänden meiner Wohnung hinauf und war dann nur mit grosser Mühe und Kraftanstrengung davon wegzubringen; so fest wusste er sich mit seinen Krallen zu halten und so eng sich jedem Winkel anzuschmiegen. Bei unserm ersten Aufenthalt auf Singapore wurde mir ein lebender gebracht, der bereits von dem Chinesen, der ihn gefangen, zum Verspeisen bestimmt war; ich hielt ihn an Bord der Fregatte lebend, bis er kurz vor unserer Ankunft in Japan nach Angabe der Matrosen aus seinem Holzkäfig ausbrach und durch eine Kanonenluke ins Meer entwischte, erlebte aber wenig Freude an dem ungestümen, gefrässigen und kaum rein zu haltenden Thiere. Eine Stimme hörte ich nie von ihm, obwohl Valentyn die amboinesischen des Morgens pu pu pu schreien lässt. Es gibt mehrere Arten, auf den grossen Sunda-Inseln nebst Singa- pore ist Varanus bivittatus Kuhl. (salvator Laurenti) häufig, nach Sal. Müller bis zu den Molukken verbreitet; auf Batjan und Amboina erhielt ich nur V. chlorostigma Schlegel, der auch auf Neuguinea vorkommt, auf Timor ist seit Peron als eigenthümliche Art V. (Odatria) Timorensis Gray bekannt. Der Grösse nach zunächst nach den Waranen kommt die den Molukken im weitern Sinn eigenthümliche Gattung Histiurus, der sogenannte amboinesische Basilisk, mit hoher Vertikalflosse auf dem Schwanz, welche auf ein noch mehr amphibisches Leben als das des Warans deutet, womit die Schilderung übereinkommt, welche der alte Valentyn von diesem Thier unter dem Namen Kampfhahn oder Wasserleguan gibt; in seinem Magen fand ich nur halbzerstörte grüne Blätter, Valentyn gibt Samen und Beeren einer Wasserpflanze

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/297>, abgerufen am 28.11.2024.