sehen, obwohl Lowe's Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet, sie dürften mehr in Portosanto auftreten.
Süsswasserschnecken sind sehr sparsam, ich fand nur zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für die hiesigen Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr., unserem Pl. albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung, aber ohne Haare.6)
Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere dickschalige Arten von Landschnecken, welche Madeira fehlen, so z. B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 54 Arten, welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit Madeira gemeinschaftlich. Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen, neben einigen gemeinschaftlichen.
Insekten. Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit, die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten Madeira's nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Re- sultaten. Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und ein eigenes schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten vor- kommen, dass die Familie der Melasomen hier besonders reich vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Arten- gemeinschaft findet auch für diese Classe mit den Ländern um das Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum
Süsswasserschnecken. Insekten.
sehen, obwohl Lowe’s Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet, sie dürften mehr in Portosanto auftreten.
Süsswasserschnecken sind sehr sparsam, ich fand nur zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für die hiesigen Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr., unserem Pl. albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung, aber ohne Haare.6)
Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere dickschalige Arten von Landschnecken, welche Madeira fehlen, so z. B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 54 Arten, welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit Madeira gemeinschaftlich. Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen, neben einigen gemeinschaftlichen.
Insekten. Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit, die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten Madeira’s nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Re- sultaten. Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und ein eigenes schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten vor- kommen, dass die Familie der Melasomen hier besonders reich vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Arten- gemeinschaft findet auch für diese Classe mit den Ländern um das Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0029"n="11"/><fwplace="top"type="header">Süsswasserschnecken. Insekten.</fw><lb/>
sehen, obwohl Lowe’s Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet,<lb/>
sie dürften mehr in Portosanto auftreten.</p><lb/><p><hirendition="#g">Süsswasserschnecken</hi> sind sehr sparsam, ich fand nur<lb/>
zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells<lb/>
p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und<lb/>
der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade<lb/>
unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie<lb/>
zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für<lb/>
die hiesigen Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte<lb/>
mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr.,<lb/>
unserem Pl. albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung,<lb/>
aber ohne Haare.<hirendition="#sup">6</hi>)</p><lb/><p>Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere<lb/>
dickschalige Arten von Landschnecken, welche <hirendition="#k">Madeira</hi> fehlen, so<lb/>
z. B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 54 Arten,<lb/>
welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit <hirendition="#k">Madeira</hi> gemeinschaftlich.<lb/>
Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen,<lb/>
neben einigen gemeinschaftlichen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Insekten</hi>. Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit,<lb/>
die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische<lb/>
Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele<lb/>
für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten <hirendition="#k">Madeira</hi>’s<lb/>
nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige<lb/>
eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie<lb/>
und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein<lb/>
könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Re-<lb/>
sultaten. Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer<lb/>
der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und ein eigenes<lb/>
schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge<lb/>
sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten vor-<lb/>
kommen, dass die Familie der Melasomen hier besonders reich<lb/>
vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das<lb/>
Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen<lb/>
Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder<lb/>
andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas<lb/>
haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Arten-<lb/>
gemeinschaft findet auch für diese Classe mit den Ländern um das<lb/>
Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen<lb/>
durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[11/0029]
Süsswasserschnecken. Insekten.
sehen, obwohl Lowe’s Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet,
sie dürften mehr in Portosanto auftreten.
Süsswasserschnecken sind sehr sparsam, ich fand nur
zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells
p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und
der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade
unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie
zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für
die hiesigen Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte
mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr.,
unserem Pl. albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung,
aber ohne Haare.6)
Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere
dickschalige Arten von Landschnecken, welche Madeira fehlen, so
z. B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 54 Arten,
welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit Madeira gemeinschaftlich.
Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen,
neben einigen gemeinschaftlichen.
Insekten. Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit,
die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische
Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele
für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten Madeira’s
nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige
eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie
und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein
könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Re-
sultaten. Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer
der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und ein eigenes
schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge
sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten vor-
kommen, dass die Familie der Melasomen hier besonders reich
vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das
Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen
Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder
andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas
haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Arten-
gemeinschaft findet auch für diese Classe mit den Ländern um das
Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen
durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/29>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.