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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Schuppenthier, Elephant.
sches Reich. Noch weniger verbreitet ist der Hase, Lepus nigri-
collis Fr. Cuv., ich sah denselben nur auf den Märkten von Batavia,
wo er lebend in Käfigen feilgeboten wird, und man sagte mir, er
sei erst durch Marschall Daendels (1808--1811) hier des Jagdver-
gnügens wegen eingeführt und ausgesetzt worden. Zwar habe ich
vergebens nach einer Bestätigung dieser Angabe in der Literatur
gesucht,10) aber sie erscheint doch nicht unwahrscheinlich, da von
keinem andern Theile des Archipels ein Hase bekannt ist und die
genannte Art identisch mit der in Britisch-Indien häufigen ist. Auf
Borneo und Sumatra sind Hasen ganz unbekannt.

Aus der Ordnung der zahnarmen Säugethiere kommt in ganz
Ostasien11) nur das Schuppenthier, Manis, vor, malaiisch penguling
(der Roller, daher der Büchername Pangolin), auch tanggilang oder
tangiling genannt; bei den Holländern mieren-eeter, Ameisenfresser,
nach ihrer Nahrung, aber nicht mit den haarigen amerikanischen
Ameisenfressern, Myrmecophaga L., zu verwechseln. Dieselbe Art,
M. Javanica Desm., auf allen drei grossen Sunda-Inseln; die schuppige
Haut findet man öfters bei einheimischen Droguenhändlern und sie
soll nach Valentyn früher auch zu Panzern gedient haben.

Ein Elephant, Elephas Sumatranus Schleg., findet sich in
Sumatra nicht selten in kleinen Heerden; ich fand öfters des Morgens
ihre kolossalen Kothballen auf der Landstrasse zwischen Palembang
und Tibingtingi, sah die Stellen, wo sie durch das Dickicht durch-
gebrochen waren, und brachte einen leider beschädigten Schädel
eines solchen, der einige Zeit vor meiner Ankunft zu Bungo-Mas
geschossen war, mit. Man wusste kein Beispiel, dass er einem
Menschen gefährlich geworden. Ob er auch auf Borneo lebe, ist
immer noch nicht sicher ausgemacht; an der Westseite, im Gebiete
des Kapuas und Sambas, existirt er sicher nicht; je weiter die spe-
zielle Kenntniss in das Innere dieser kolossalen Insel vordringt,
desto weiter weichen auch die Angaben über das Vorkommen des
Elephanten, wie die über geschwänzte Menschen und über Schnee-
berge, in den fernen Nordosten zurück. Doch wird berichtet, dass
gerade an der von Sumatra fernsten Nordostecke Borneo's, bei
Cap Unsang, Elfenbein einen Ausfuhrartikel bilde.12) Auf Java
findet man nur einzelne zahm gehaltene Elephanten als Luxusthiere
der Fürsten, jetzt noch ebenso wie zur Zeit der ersten Reisen der
Europäer nach dem Archipel. Der malaiische Name des Elephanten
ist gadja, nach dem Sanskritwort gaja.

Schuppenthier, Elephant.
sches Reich. Noch weniger verbreitet ist der Hase, Lepus nigri-
collis Fr. Cuv., ich sah denselben nur auf den Märkten von Batavia,
wo er lebend in Käfigen feilgeboten wird, und man sagte mir, er
sei erst durch Marschall Daendels (1808—1811) hier des Jagdver-
gnügens wegen eingeführt und ausgesetzt worden. Zwar habe ich
vergebens nach einer Bestätigung dieser Angabe in der Literatur
gesucht,10) aber sie erscheint doch nicht unwahrscheinlich, da von
keinem andern Theile des Archipels ein Hase bekannt ist und die
genannte Art identisch mit der in Britisch-Indien häufigen ist. Auf
Borneo und Sumatra sind Hasen ganz unbekannt.

Aus der Ordnung der zahnarmen Säugethiere kommt in ganz
Ostasien11) nur das Schuppenthier, Manis, vor, malaiisch penguling
(der Roller, daher der Büchername Pangolin), auch tanggilang oder
tangiling genannt; bei den Holländern mieren-eeter, Ameisenfresser,
nach ihrer Nahrung, aber nicht mit den haarigen amerikanischen
Ameisenfressern, Myrmecophaga L., zu verwechseln. Dieselbe Art,
M. Javanica Desm., auf allen drei grossen Sunda-Inseln; die schuppige
Haut findet man öfters bei einheimischen Droguenhändlern und sie
soll nach Valentyn früher auch zu Panzern gedient haben.

Ein Elephant, Elephas Sumatranus Schleg., findet sich in
Sumatra nicht selten in kleinen Heerden; ich fand öfters des Morgens
ihre kolossalen Kothballen auf der Landstrasse zwischen Palembang
und Tibingtingi, sah die Stellen, wo sie durch das Dickicht durch-
gebrochen waren, und brachte einen leider beschädigten Schädel
eines solchen, der einige Zeit vor meiner Ankunft zu Bungo-Mas
geschossen war, mit. Man wusste kein Beispiel, dass er einem
Menschen gefährlich geworden. Ob er auch auf Borneo lebe, ist
immer noch nicht sicher ausgemacht; an der Westseite, im Gebiete
des Kapuas und Sambas, existirt er sicher nicht; je weiter die spe-
zielle Kenntniss in das Innere dieser kolossalen Insel vordringt,
desto weiter weichen auch die Angaben über das Vorkommen des
Elephanten, wie die über geschwänzte Menschen und über Schnee-
berge, in den fernen Nordosten zurück. Doch wird berichtet, dass
gerade an der von Sumatra fernsten Nordostecke Borneo’s, bei
Cap Unsang, Elfenbein einen Ausfuhrartikel bilde.12) Auf Java
findet man nur einzelne zahm gehaltene Elephanten als Luxusthiere
der Fürsten, jetzt noch ebenso wie zur Zeit der ersten Reisen der
Europäer nach dem Archipel. Der malaiische Name des Elephanten
ist gadja, nach dem Sanskritwort gaja.

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[256/0274] Schuppenthier, Elephant. sches Reich. Noch weniger verbreitet ist der Hase, Lepus nigri- collis Fr. Cuv., ich sah denselben nur auf den Märkten von Batavia, wo er lebend in Käfigen feilgeboten wird, und man sagte mir, er sei erst durch Marschall Daendels (1808—1811) hier des Jagdver- gnügens wegen eingeführt und ausgesetzt worden. Zwar habe ich vergebens nach einer Bestätigung dieser Angabe in der Literatur gesucht,10) aber sie erscheint doch nicht unwahrscheinlich, da von keinem andern Theile des Archipels ein Hase bekannt ist und die genannte Art identisch mit der in Britisch-Indien häufigen ist. Auf Borneo und Sumatra sind Hasen ganz unbekannt. Aus der Ordnung der zahnarmen Säugethiere kommt in ganz Ostasien11) nur das Schuppenthier, Manis, vor, malaiisch penguling (der Roller, daher der Büchername Pangolin), auch tanggilang oder tangiling genannt; bei den Holländern mieren-eeter, Ameisenfresser, nach ihrer Nahrung, aber nicht mit den haarigen amerikanischen Ameisenfressern, Myrmecophaga L., zu verwechseln. Dieselbe Art, M. Javanica Desm., auf allen drei grossen Sunda-Inseln; die schuppige Haut findet man öfters bei einheimischen Droguenhändlern und sie soll nach Valentyn früher auch zu Panzern gedient haben. Ein Elephant, Elephas Sumatranus Schleg., findet sich in Sumatra nicht selten in kleinen Heerden; ich fand öfters des Morgens ihre kolossalen Kothballen auf der Landstrasse zwischen Palembang und Tibingtingi, sah die Stellen, wo sie durch das Dickicht durch- gebrochen waren, und brachte einen leider beschädigten Schädel eines solchen, der einige Zeit vor meiner Ankunft zu Bungo-Mas geschossen war, mit. Man wusste kein Beispiel, dass er einem Menschen gefährlich geworden. Ob er auch auf Borneo lebe, ist immer noch nicht sicher ausgemacht; an der Westseite, im Gebiete des Kapuas und Sambas, existirt er sicher nicht; je weiter die spe- zielle Kenntniss in das Innere dieser kolossalen Insel vordringt, desto weiter weichen auch die Angaben über das Vorkommen des Elephanten, wie die über geschwänzte Menschen und über Schnee- berge, in den fernen Nordosten zurück. Doch wird berichtet, dass gerade an der von Sumatra fernsten Nordostecke Borneo’s, bei Cap Unsang, Elfenbein einen Ausfuhrartikel bilde.12) Auf Java findet man nur einzelne zahm gehaltene Elephanten als Luxusthiere der Fürsten, jetzt noch ebenso wie zur Zeit der ersten Reisen der Europäer nach dem Archipel. Der malaiische Name des Elephanten ist gadja, nach dem Sanskritwort gaja.

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/274>, abgerufen am 24.11.2024.