den die Fischreusen stützenden Pfählen gesehen wird, nach Fischen umherspähend, wie die Fischer selbst.
Ueber die Fische einer Gegend erhält man am leichtesten und schnellsten eine Uebersicht durch den Besuch der Fisch- märkte. Singapore bot mir deren drei, zwei am Meere selbst in den beiden chinesischen Vierteln östlich und westlich von der euro- päischen Stadt, den dritten zunächst der letzteren, am Flusse, gegenüber dem Ice-house, alle drei verbunden mit Märkten für Vegetabilien. Der hier feilgebotenen Fische sind vielerlei, man kann keine Familie oder Ordnung als besonders vorherrschend nennen; im Allgemeinen mehr Stachelflosser, als Weichflosser. Am zahl- reichsten und regelmässig wiederkehrend sah ich im Monat Oktober von barschähnlichen Fischen den gelbliniirten und gelbschwänzigen Mesoprion chrysotaenia Bleek., von Lederfischen, einer Europa ganz fremden Familie, die orangegelbe, schief himmelblau gebänderte Teuthis virgata, von Scomberoiden grosse Makrelen oder Thun- fische und kleinere Caranx. Von Weichflossen waren Chirocentrus und Clupea, sowie Belone und Hemirhamphus sehr häufig. Gobius und Mugil, auf den Fischmärkten des Mittelmeers so zahlreich, sah ich hier fast bei jedem Besuch in mehreren Arten, doch geringerer Individuenzahl; dasselbe gilt von den auf den nordeuropäischen Märkten so überwiegenden Pleuronectiden, worunter namentlich Verwandte unserer Zungen (Synaptura) und Butten (Pardachirus, Psettodes, Pseudorhombus) mir vorkamen. Auch aalartige Fische waren zahlreich; die Chaetodonten dagegen weniger, als von einer Tropengegend zu erwarten, vermuthlich weil sie, wenn auch im Meere zahlreich, doch wegen geringerer Grösse im Allgemeinen als Speise wenig gesucht sind; nur die Gattung Chelmo fand ich öfters. Ebenso waren die ächt tropischen Familien von Balistes und Te- trodon nur schwach vertreten, wahrscheinlich weil viele Arten der- selben für giftig gelten. Von Plagiostomen fanden sich fast immer einzelne kleine Haifische (Scyllium, Chiloscyllium) und mehrere Rochen (Temera, Trygon, Myliobatis) vor. Unter den Crustaceen spielte die Hauptrolle die grosse dunkelgrüne Lupa (Scylla) Tranquebarica und der langarmige Palaemon carcinus; selten sah ich etwas anderes. Schildkröten wurden zuweilen auf den Markt gebracht, sowohl marine, Chelonia, als die weiche Schnappschidkröte, Trionyx, welche nur in süssem Wasser, also wohl auf der Insel selbst lebt. Süss- wasserfische sah ich dagegen hier nie auf dem Markte. Von Mol-
Fischmarkt.
den die Fischreusen stützenden Pfählen gesehen wird, nach Fischen umherspähend, wie die Fischer selbst.
Ueber die Fische einer Gegend erhält man am leichtesten und schnellsten eine Uebersicht durch den Besuch der Fisch- märkte. Singapore bot mir deren drei, zwei am Meere selbst in den beiden chinesischen Vierteln östlich und westlich von der euro- päischen Stadt, den dritten zunächst der letzteren, am Flusse, gegenüber dem Ice-house, alle drei verbunden mit Märkten für Vegetabilien. Der hier feilgebotenen Fische sind vielerlei, man kann keine Familie oder Ordnung als besonders vorherrschend nennen; im Allgemeinen mehr Stachelflosser, als Weichflosser. Am zahl- reichsten und regelmässig wiederkehrend sah ich im Monat Oktober von barschähnlichen Fischen den gelbliniirten und gelbschwänzigen Mesoprion chrysotaenia Bleek., von Lederfischen, einer Europa ganz fremden Familie, die orangegelbe, schief himmelblau gebänderte Teuthis virgata, von Scomberoiden grosse Makrelen oder Thun- fische und kleinere Caranx. Von Weichflossen waren Chirocentrus und Clupea, sowie Belone und Hemirhamphus sehr häufig. Gobius und Mugil, auf den Fischmärkten des Mittelmeers so zahlreich, sah ich hier fast bei jedem Besuch in mehreren Arten, doch geringerer Individuenzahl; dasselbe gilt von den auf den nordeuropäischen Märkten so überwiegenden Pleuronectiden, worunter namentlich Verwandte unserer Zungen (Synaptura) und Butten (Pardachirus, Psettodes, Pseudorhombus) mir vorkamen. Auch aalartige Fische waren zahlreich; die Chaetodonten dagegen weniger, als von einer Tropengegend zu erwarten, vermuthlich weil sie, wenn auch im Meere zahlreich, doch wegen geringerer Grösse im Allgemeinen als Speise wenig gesucht sind; nur die Gattung Chelmo fand ich öfters. Ebenso waren die ächt tropischen Familien von Balistes und Te- trodon nur schwach vertreten, wahrscheinlich weil viele Arten der- selben für giftig gelten. Von Plagiostomen fanden sich fast immer einzelne kleine Haifische (Scyllium, Chiloscyllium) und mehrere Rochen (Temera, Trygon, Myliobatis) vor. Unter den Crustaceen spielte die Hauptrolle die grosse dunkelgrüne Lupa (Scylla) Tranquebarica und der langarmige Palaemon carcinus; selten sah ich etwas anderes. Schildkröten wurden zuweilen auf den Markt gebracht, sowohl marine, Chelonia, als die weiche Schnappschidkröte, Trionyx, welche nur in süssem Wasser, also wohl auf der Insel selbst lebt. Süss- wasserfische sah ich dagegen hier nie auf dem Markte. Von Mol-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0253"n="235"/><fwplace="top"type="header">Fischmarkt.</fw><lb/>
den die Fischreusen stützenden Pfählen gesehen wird, nach Fischen<lb/>
umherspähend, wie die Fischer selbst.</p><lb/><p>Ueber die <hirendition="#g">Fische</hi> einer Gegend erhält man am leichtesten<lb/>
und schnellsten eine Uebersicht durch den Besuch der <hirendition="#g">Fisch-<lb/>
märkte</hi>. Singapore bot mir deren drei, zwei am Meere selbst in<lb/>
den beiden chinesischen Vierteln östlich und westlich von der euro-<lb/>
päischen Stadt, den dritten zunächst der letzteren, am Flusse,<lb/>
gegenüber dem Ice-house, alle drei verbunden mit Märkten für<lb/>
Vegetabilien. Der hier feilgebotenen Fische sind vielerlei, man kann<lb/>
keine Familie oder Ordnung als besonders vorherrschend nennen;<lb/>
im Allgemeinen mehr Stachelflosser, als Weichflosser. Am zahl-<lb/>
reichsten und regelmässig wiederkehrend sah ich im Monat Oktober<lb/>
von barschähnlichen Fischen den gelbliniirten und gelbschwänzigen<lb/>
Mesoprion chrysotaenia Bleek., von Lederfischen, einer Europa ganz<lb/>
fremden Familie, die orangegelbe, schief himmelblau gebänderte<lb/>
Teuthis virgata, von Scomberoiden grosse Makrelen oder Thun-<lb/>
fische und kleinere Caranx. Von Weichflossen waren Chirocentrus<lb/>
und Clupea, sowie Belone und Hemirhamphus sehr häufig. Gobius<lb/>
und Mugil, auf den Fischmärkten des Mittelmeers so zahlreich, sah<lb/>
ich hier fast bei jedem Besuch in mehreren Arten, doch geringerer<lb/>
Individuenzahl; dasselbe gilt von den auf den nordeuropäischen<lb/>
Märkten so überwiegenden Pleuronectiden, worunter namentlich<lb/>
Verwandte unserer Zungen (Synaptura) und Butten (Pardachirus,<lb/>
Psettodes, Pseudorhombus) mir vorkamen. Auch aalartige Fische<lb/>
waren zahlreich; die Chaetodonten dagegen weniger, als von einer<lb/>
Tropengegend zu erwarten, vermuthlich weil sie, wenn auch im<lb/>
Meere zahlreich, doch wegen geringerer Grösse im Allgemeinen als<lb/>
Speise wenig gesucht sind; nur die Gattung Chelmo fand ich öfters.<lb/>
Ebenso waren die ächt tropischen Familien von Balistes und Te-<lb/>
trodon nur schwach vertreten, wahrscheinlich weil viele Arten der-<lb/>
selben für giftig gelten. Von Plagiostomen fanden sich fast immer<lb/>
einzelne kleine Haifische (Scyllium, Chiloscyllium) und mehrere Rochen<lb/>
(Temera, Trygon, Myliobatis) vor. Unter den Crustaceen spielte die<lb/>
Hauptrolle die grosse dunkelgrüne Lupa (Scylla) Tranquebarica<lb/>
und der langarmige Palaemon carcinus; selten sah ich etwas anderes.<lb/>
Schildkröten wurden zuweilen auf den Markt gebracht, sowohl<lb/>
marine, Chelonia, als die weiche Schnappschidkröte, Trionyx, welche<lb/>
nur in süssem Wasser, also wohl auf der Insel selbst lebt. Süss-<lb/>
wasserfische sah ich dagegen hier nie auf dem Markte. Von Mol-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[235/0253]
Fischmarkt.
den die Fischreusen stützenden Pfählen gesehen wird, nach Fischen
umherspähend, wie die Fischer selbst.
Ueber die Fische einer Gegend erhält man am leichtesten
und schnellsten eine Uebersicht durch den Besuch der Fisch-
märkte. Singapore bot mir deren drei, zwei am Meere selbst in
den beiden chinesischen Vierteln östlich und westlich von der euro-
päischen Stadt, den dritten zunächst der letzteren, am Flusse,
gegenüber dem Ice-house, alle drei verbunden mit Märkten für
Vegetabilien. Der hier feilgebotenen Fische sind vielerlei, man kann
keine Familie oder Ordnung als besonders vorherrschend nennen;
im Allgemeinen mehr Stachelflosser, als Weichflosser. Am zahl-
reichsten und regelmässig wiederkehrend sah ich im Monat Oktober
von barschähnlichen Fischen den gelbliniirten und gelbschwänzigen
Mesoprion chrysotaenia Bleek., von Lederfischen, einer Europa ganz
fremden Familie, die orangegelbe, schief himmelblau gebänderte
Teuthis virgata, von Scomberoiden grosse Makrelen oder Thun-
fische und kleinere Caranx. Von Weichflossen waren Chirocentrus
und Clupea, sowie Belone und Hemirhamphus sehr häufig. Gobius
und Mugil, auf den Fischmärkten des Mittelmeers so zahlreich, sah
ich hier fast bei jedem Besuch in mehreren Arten, doch geringerer
Individuenzahl; dasselbe gilt von den auf den nordeuropäischen
Märkten so überwiegenden Pleuronectiden, worunter namentlich
Verwandte unserer Zungen (Synaptura) und Butten (Pardachirus,
Psettodes, Pseudorhombus) mir vorkamen. Auch aalartige Fische
waren zahlreich; die Chaetodonten dagegen weniger, als von einer
Tropengegend zu erwarten, vermuthlich weil sie, wenn auch im
Meere zahlreich, doch wegen geringerer Grösse im Allgemeinen als
Speise wenig gesucht sind; nur die Gattung Chelmo fand ich öfters.
Ebenso waren die ächt tropischen Familien von Balistes und Te-
trodon nur schwach vertreten, wahrscheinlich weil viele Arten der-
selben für giftig gelten. Von Plagiostomen fanden sich fast immer
einzelne kleine Haifische (Scyllium, Chiloscyllium) und mehrere Rochen
(Temera, Trygon, Myliobatis) vor. Unter den Crustaceen spielte die
Hauptrolle die grosse dunkelgrüne Lupa (Scylla) Tranquebarica
und der langarmige Palaemon carcinus; selten sah ich etwas anderes.
Schildkröten wurden zuweilen auf den Markt gebracht, sowohl
marine, Chelonia, als die weiche Schnappschidkröte, Trionyx, welche
nur in süssem Wasser, also wohl auf der Insel selbst lebt. Süss-
wasserfische sah ich dagegen hier nie auf dem Markte. Von Mol-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/253>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.