Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Hufthiere und Raubthiere in Siam.
(Pallegoix), die Hörner sind Ausfuhrartikel. Crawfurd nennt es
ausdrücklich das einhörnige (Rh. unicornis L. = Indicus Cuv.); nach
einer Notiz in den Proceedings of the zoological society 1862 pag. 1
scheint aber auch das zweihörnige sumatranische Rhinoceros an der
Westgränze von Siam vorzukommen.

Schweine, mu pa, sind häufig, doch kleiner als die euro-
päischen, wahrscheinlich zur chinesischen Art gehörig, ungefährlich
und wenig beachtet, doch den Pflanzungen schädlich. Hirsche,
kuang, scheinen im Innern des Landes nicht selten zu sein und
werden nach Pallegoix zur Zeit der Ueberschwemmungen in Menge
mit leichter Mühe gefangen. Die eigenthümlichste Art derselben ist
Cervus frontalis M'Clelland (Gattung Panolia von Gray), dessen
Geweih, durch die starke Biegung der Hauptstange nach hinten
und die grosse Augensprosse mit mehreren Zinken ausgezeichnet,
ich in Bangkok erhalten habe. Ein lebendes Thier, in Ermanglung
des Geweihes nicht sicher zu bestimmen, doch vielleicht zu dieser
Art gehörig, sah ich ebenfalls in Bangkok: es hatte die Grösse
unseres europäischen Edelhirsches und war oben braungrau, unten
weisslich; ein Längsstreif, wenig dunkler als die übrige Färbung,
erstreckte sich vom Hinterkopf bis zur Schwanzwurzel; der Schwanz
war ganz kurz, oben mit dem Rücken gleichfarbig, unten weiss.
Ein wildes Rind, von den älteren Schriftstellern, z. B. Kämpfer
und Tachard Büffel genannt, wird in fast jeder Beschreibung des
Landes angeführt.

Unter den Raubthieren steht auch hier der Tiger, siamesisch
sira, vorne an; er soll nach Finlayson kleiner als der bengalische,
und nicht selten ganz schwarz sein. An ihn reiht sich der Schild-
kröten- oder Wolkentiger, Felis macroceloides Hodys., und der
Panther, dieser als "gestirnter Tiger" wahrscheinlich nach seinem
einheimischen Namen von Pallegoix aufgeführt. Die Siamesen wissen
auch von wilden Hunden, ma pa, zu erzählen; sie sollen graben
wie Füchse, aber kein Europäer hat sie noch gesehen. Kleinere
einheimische Raubthiere sind die Zibetkatze, öfters des Zibets,
tschamot, wegen in den Häusern gehalten, und die ihr verwandten
Paradoxurus trivirgatus und Finlaysoni; endlich der malaiische Bär,
Ursus Malaianus, siamesisch mi, den Menschen nicht gefährlich,
aber um so mehr dem Honigvorrath der Bienen. Eine Fischotter,
Lutra leptonyx Horsf., siamesisch nak, sah ich selbst zu Bangkok;
ihr Pelz wird nach China ausgeführt.

Hufthiere und Raubthiere in Siam.
(Pallegoix), die Hörner sind Ausfuhrartikel. Crawfurd nennt es
ausdrücklich das einhörnige (Rh. unicornis L. = Indicus Cuv.); nach
einer Notiz in den Proceedings of the zoological society 1862 pag. 1
scheint aber auch das zweihörnige sumatranische Rhinoceros an der
Westgränze von Siam vorzukommen.

Schweine, mu pa, sind häufig, doch kleiner als die euro-
päischen, wahrscheinlich zur chinesischen Art gehörig, ungefährlich
und wenig beachtet, doch den Pflanzungen schädlich. Hirsche,
kuang, scheinen im Innern des Landes nicht selten zu sein und
werden nach Pallegoix zur Zeit der Ueberschwemmungen in Menge
mit leichter Mühe gefangen. Die eigenthümlichste Art derselben ist
Cervus frontalis M’Clelland (Gattung Panolia von Gray), dessen
Geweih, durch die starke Biegung der Hauptstange nach hinten
und die grosse Augensprosse mit mehreren Zinken ausgezeichnet,
ich in Bangkok erhalten habe. Ein lebendes Thier, in Ermanglung
des Geweihes nicht sicher zu bestimmen, doch vielleicht zu dieser
Art gehörig, sah ich ebenfalls in Bangkok: es hatte die Grösse
unseres europäischen Edelhirsches und war oben braungrau, unten
weisslich; ein Längsstreif, wenig dunkler als die übrige Färbung,
erstreckte sich vom Hinterkopf bis zur Schwanzwurzel; der Schwanz
war ganz kurz, oben mit dem Rücken gleichfarbig, unten weiss.
Ein wildes Rind, von den älteren Schriftstellern, z. B. Kämpfer
und Tachard Büffel genannt, wird in fast jeder Beschreibung des
Landes angeführt.

Unter den Raubthieren steht auch hier der Tiger, siamesisch
sira, vorne an; er soll nach Finlayson kleiner als der bengalische,
und nicht selten ganz schwarz sein. An ihn reiht sich der Schild-
kröten- oder Wolkentiger, Felis macroceloides Hodys., und der
Panther, dieser als »gestirnter Tiger« wahrscheinlich nach seinem
einheimischen Namen von Pallegoix aufgeführt. Die Siamesen wissen
auch von wilden Hunden, ma pa, zu erzählen; sie sollen graben
wie Füchse, aber kein Europäer hat sie noch gesehen. Kleinere
einheimische Raubthiere sind die Zibetkatze, öfters des Zibets,
tschamot, wegen in den Häusern gehalten, und die ihr verwandten
Paradoxurus trivirgatus und Finlaysoni; endlich der malaiische Bär,
Ursus Malaianus, siamesisch mi, den Menschen nicht gefährlich,
aber um so mehr dem Honigvorrath der Bienen. Eine Fischotter,
Lutra leptonyx Horsf., siamesisch nak, sah ich selbst zu Bangkok;
ihr Pelz wird nach China ausgeführt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0237" n="219"/><fw place="top" type="header">Hufthiere und Raubthiere in Siam.</fw><lb/>
(Pallegoix), die Hörner sind Ausfuhrartikel. Crawfurd nennt es<lb/>
ausdrücklich das einhörnige (Rh. unicornis L. = Indicus Cuv.); nach<lb/>
einer Notiz in den Proceedings of the zoological society 1862 pag. 1<lb/>
scheint aber auch das zweihörnige sumatranische Rhinoceros an der<lb/>
Westgränze von Siam vorzukommen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Schweine</hi>, mu pa, sind häufig, doch kleiner als die euro-<lb/>
päischen, wahrscheinlich zur chinesischen Art gehörig, ungefährlich<lb/>
und wenig beachtet, doch den Pflanzungen schädlich. <hi rendition="#g">Hirsche</hi>,<lb/>
kuang, scheinen im Innern des Landes nicht selten zu sein und<lb/>
werden nach Pallegoix zur Zeit der Ueberschwemmungen in Menge<lb/>
mit leichter Mühe gefangen. Die eigenthümlichste Art derselben ist<lb/>
Cervus frontalis M&#x2019;Clelland (Gattung Panolia von Gray), dessen<lb/>
Geweih, durch die starke Biegung der Hauptstange nach hinten<lb/>
und die grosse Augensprosse mit mehreren Zinken ausgezeichnet,<lb/>
ich in Bangkok erhalten habe. Ein lebendes Thier, in Ermanglung<lb/>
des Geweihes nicht sicher zu bestimmen, doch vielleicht zu dieser<lb/>
Art gehörig, sah ich ebenfalls in Bangkok: es hatte die Grösse<lb/>
unseres europäischen Edelhirsches und war oben braungrau, unten<lb/>
weisslich; ein Längsstreif, wenig dunkler als die übrige Färbung,<lb/>
erstreckte sich vom Hinterkopf bis zur Schwanzwurzel; der Schwanz<lb/>
war ganz kurz, oben mit dem Rücken gleichfarbig, unten weiss.<lb/>
Ein wildes <hi rendition="#g">Rind</hi>, von den älteren Schriftstellern, z. B. Kämpfer<lb/>
und Tachard Büffel genannt, wird in fast jeder Beschreibung des<lb/>
Landes angeführt.</p><lb/>
            <p>Unter den Raubthieren steht auch hier der <hi rendition="#g">Tiger</hi>, siamesisch<lb/>
sira, vorne an; er soll nach Finlayson kleiner als der bengalische,<lb/>
und nicht selten ganz schwarz sein. An ihn reiht sich der Schild-<lb/>
kröten- oder Wolkentiger, Felis macroceloides Hodys., und der<lb/>
Panther, dieser als »gestirnter Tiger« wahrscheinlich nach seinem<lb/>
einheimischen Namen von Pallegoix aufgeführt. Die Siamesen wissen<lb/>
auch von <hi rendition="#g">wilden Hunden</hi>, ma pa, zu erzählen; sie sollen graben<lb/>
wie Füchse, aber kein Europäer hat sie noch gesehen. Kleinere<lb/>
einheimische Raubthiere sind die <hi rendition="#g">Zibetkatze</hi>, öfters des Zibets,<lb/>
tschamot, wegen in den Häusern gehalten, und die ihr verwandten<lb/>
Paradoxurus trivirgatus und Finlaysoni; endlich der malaiische <hi rendition="#g">Bär</hi>,<lb/>
Ursus Malaianus, siamesisch mi, den Menschen nicht gefährlich,<lb/>
aber um so mehr dem Honigvorrath der Bienen. Eine <hi rendition="#g">Fischotter</hi>,<lb/>
Lutra leptonyx Horsf., siamesisch nak, sah ich selbst zu Bangkok;<lb/>
ihr Pelz wird nach China ausgeführt.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0237] Hufthiere und Raubthiere in Siam. (Pallegoix), die Hörner sind Ausfuhrartikel. Crawfurd nennt es ausdrücklich das einhörnige (Rh. unicornis L. = Indicus Cuv.); nach einer Notiz in den Proceedings of the zoological society 1862 pag. 1 scheint aber auch das zweihörnige sumatranische Rhinoceros an der Westgränze von Siam vorzukommen. Schweine, mu pa, sind häufig, doch kleiner als die euro- päischen, wahrscheinlich zur chinesischen Art gehörig, ungefährlich und wenig beachtet, doch den Pflanzungen schädlich. Hirsche, kuang, scheinen im Innern des Landes nicht selten zu sein und werden nach Pallegoix zur Zeit der Ueberschwemmungen in Menge mit leichter Mühe gefangen. Die eigenthümlichste Art derselben ist Cervus frontalis M’Clelland (Gattung Panolia von Gray), dessen Geweih, durch die starke Biegung der Hauptstange nach hinten und die grosse Augensprosse mit mehreren Zinken ausgezeichnet, ich in Bangkok erhalten habe. Ein lebendes Thier, in Ermanglung des Geweihes nicht sicher zu bestimmen, doch vielleicht zu dieser Art gehörig, sah ich ebenfalls in Bangkok: es hatte die Grösse unseres europäischen Edelhirsches und war oben braungrau, unten weisslich; ein Längsstreif, wenig dunkler als die übrige Färbung, erstreckte sich vom Hinterkopf bis zur Schwanzwurzel; der Schwanz war ganz kurz, oben mit dem Rücken gleichfarbig, unten weiss. Ein wildes Rind, von den älteren Schriftstellern, z. B. Kämpfer und Tachard Büffel genannt, wird in fast jeder Beschreibung des Landes angeführt. Unter den Raubthieren steht auch hier der Tiger, siamesisch sira, vorne an; er soll nach Finlayson kleiner als der bengalische, und nicht selten ganz schwarz sein. An ihn reiht sich der Schild- kröten- oder Wolkentiger, Felis macroceloides Hodys., und der Panther, dieser als »gestirnter Tiger« wahrscheinlich nach seinem einheimischen Namen von Pallegoix aufgeführt. Die Siamesen wissen auch von wilden Hunden, ma pa, zu erzählen; sie sollen graben wie Füchse, aber kein Europäer hat sie noch gesehen. Kleinere einheimische Raubthiere sind die Zibetkatze, öfters des Zibets, tschamot, wegen in den Häusern gehalten, und die ihr verwandten Paradoxurus trivirgatus und Finlaysoni; endlich der malaiische Bär, Ursus Malaianus, siamesisch mi, den Menschen nicht gefährlich, aber um so mehr dem Honigvorrath der Bienen. Eine Fischotter, Lutra leptonyx Horsf., siamesisch nak, sah ich selbst zu Bangkok; ihr Pelz wird nach China ausgeführt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/237
Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/237>, abgerufen am 25.11.2024.