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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Fauna des mittlern China's.

Die grossen Seen, welche landeinwärts nahezu in Einer
Reihe vom Peiho bis über den Yangtsekiang hinaus liegen, dürften
noch manches interessante Süsswasserthier beherbergen.

Südlichere Formen, die sich noch um Shanghai, aber unseres
Wissens nicht nördlicher, finden, sind die Schnappschildkröte, die
Gobioiden und die Süsswasserkrabben. Auf dem Tshusan-Archipel
hat deren Zahl bedeutend zugenommen, unter den Säugethieren
erscheint hier zuerst das Schuppenthier, Manis (vermuthlich Manis
Dalmanni Sundevall), der schuppige Bergdurchbohrer, tshun shau
kap, oder Karpfenfuchs, ling-li, der Chinesen, über das sie mehr
fabeln, als unsere Landleute über den Igel; unter den Vögeln die
Gattungen Dicrurus und Philedon (nach Cantor), unter den Reptilien
mehrere Gecko, ein Scincoid und eine Reihe indischer Schlangen-
formen, darunter die Brillenschlange, Naja tripudians var. atra, und
eine Riesenschlange, Python reticulatus Schneider sp.; letztere ist
aber wahrscheinlich durch die Menschen eingeführt, da die Chinesen
sehr oft ein solches Thier aus abergläubischen Rücksichten in ihren
Schiffen halten und füttern, wo sie sich übrigens als Mäuse- und
Rattenvertilgerin practisch nützlich macht. Unter den Süsswasser-
fischen treten zu Ophicephalus mehrere stachelflossige Labyrinthfische
indischer Gattungen. Die Frösche und Kröten von Tshusan und
dem benachbarten Ningpo stimmen aber noch mit den mittel-
europäischen überein; in Ningpo ist auch ein Salamander, Triton
(Cynops) Chinensis Gray (Proc. zool. soc. 1859) gefunden worden.

Der chinesische Obstfuchs, Canis procyonoides Gray, ko tz li
oder auch hoh, im Kantondialekt kok, ein naher Verwandter des
japanischen tanuki, wird fast in jeder Beschreibung von China
erwähnt, aber man erfährt in keiner derselben, in welchen be-
sonderen Gegenden er vorkommt; ich möchte ihn für ein mittel-
und südchinesisches Thier halten, da er zuerst durch Reeves'
Sammlungen näher bekannt wurde und vielleicht die Angabe auf
ihn zu beziehen ist, dass in der Provinz Kwantung wilde Katzen
von den Einwohnern gegessen werden (Wells Williams, third edition,
1857, pag. 249). Eben so geschieht der fliegenden Eichhörnchen
öfters Erwähnung, unter den Namen wu shu, im Kantondialekt 'ng
shii, fei-shu, fi-sang, Fluggebärer, und i-yu, Pfotenvogel; Swinhoe
hat zwei Arten derselben von Formosa beschrieben, von denen, wie
in Japan, die eine der nordischen, die andere der indischen Reihe
angehört. Gewöhnliche Eichhörnchen, sung-shü, Bergmaus, genannt,

Ost-Asien. Zoologisch. I. 12
Fauna des mittlern China’s.

Die grossen Seen, welche landeinwärts nahezu in Einer
Reihe vom Peiho bis über den Yangtsekiang hinaus liegen, dürften
noch manches interessante Süsswasserthier beherbergen.

Südlichere Formen, die sich noch um Shanghai, aber unseres
Wissens nicht nördlicher, finden, sind die Schnappschildkröte, die
Gobioiden und die Süsswasserkrabben. Auf dem Tshusan-Archipel
hat deren Zahl bedeutend zugenommen, unter den Säugethieren
erscheint hier zuerst das Schuppenthier, Manis (vermuthlich Manis
Dalmanni Sundevall), der schuppige Bergdurchbohrer, tshun shau
kap, oder Karpfenfuchs, ling-li, der Chinesen, über das sie mehr
fabeln, als unsere Landleute über den Igel; unter den Vögeln die
Gattungen Dicrurus und Philedon (nach Cantor), unter den Reptilien
mehrere Gecko, ein Scincoid und eine Reihe indischer Schlangen-
formen, darunter die Brillenschlange, Naja tripudians var. atra, und
eine Riesenschlange, Python reticulatus Schneider sp.; letztere ist
aber wahrscheinlich durch die Menschen eingeführt, da die Chinesen
sehr oft ein solches Thier aus abergläubischen Rücksichten in ihren
Schiffen halten und füttern, wo sie sich übrigens als Mäuse- und
Rattenvertilgerin practisch nützlich macht. Unter den Süsswasser-
fischen treten zu Ophicephalus mehrere stachelflossige Labyrinthfische
indischer Gattungen. Die Frösche und Kröten von Tshusan und
dem benachbarten Ningpo stimmen aber noch mit den mittel-
europäischen überein; in Ningpo ist auch ein Salamander, Triton
(Cynops) Chinensis Gray (Proc. zool. soc. 1859) gefunden worden.

Der chinesische Obstfuchs, Canis procyonoides Gray, ko tz li
oder auch hoh, im Kantondialekt kok, ein naher Verwandter des
japanischen tanuki, wird fast in jeder Beschreibung von China
erwähnt, aber man erfährt in keiner derselben, in welchen be-
sonderen Gegenden er vorkommt; ich möchte ihn für ein mittel-
und südchinesisches Thier halten, da er zuerst durch Reeves’
Sammlungen näher bekannt wurde und vielleicht die Angabe auf
ihn zu beziehen ist, dass in der Provinz Kwantung wilde Katzen
von den Einwohnern gegessen werden (Wells Williams, third edition,
1857, pag. 249). Eben so geschieht der fliegenden Eichhörnchen
öfters Erwähnung, unter den Namen wu shu, im Kantondialekt ’ng
shii, fei-shu, fi-sang, Fluggebärer, und i-yu, Pfotenvogel; Swinhoe
hat zwei Arten derselben von Formosa beschrieben, von denen, wie
in Japan, die eine der nordischen, die andere der indischen Reihe
angehört. Gewöhnliche Eichhörnchen, sung-shü, Bergmaus, genannt,

Ost-Asien. Zoologisch. I. 12
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[177/0195] Fauna des mittlern China’s. Die grossen Seen, welche landeinwärts nahezu in Einer Reihe vom Peiho bis über den Yangtsekiang hinaus liegen, dürften noch manches interessante Süsswasserthier beherbergen. Südlichere Formen, die sich noch um Shanghai, aber unseres Wissens nicht nördlicher, finden, sind die Schnappschildkröte, die Gobioiden und die Süsswasserkrabben. Auf dem Tshusan-Archipel hat deren Zahl bedeutend zugenommen, unter den Säugethieren erscheint hier zuerst das Schuppenthier, Manis (vermuthlich Manis Dalmanni Sundevall), der schuppige Bergdurchbohrer, tshun shau kap, oder Karpfenfuchs, ling-li, der Chinesen, über das sie mehr fabeln, als unsere Landleute über den Igel; unter den Vögeln die Gattungen Dicrurus und Philedon (nach Cantor), unter den Reptilien mehrere Gecko, ein Scincoid und eine Reihe indischer Schlangen- formen, darunter die Brillenschlange, Naja tripudians var. atra, und eine Riesenschlange, Python reticulatus Schneider sp.; letztere ist aber wahrscheinlich durch die Menschen eingeführt, da die Chinesen sehr oft ein solches Thier aus abergläubischen Rücksichten in ihren Schiffen halten und füttern, wo sie sich übrigens als Mäuse- und Rattenvertilgerin practisch nützlich macht. Unter den Süsswasser- fischen treten zu Ophicephalus mehrere stachelflossige Labyrinthfische indischer Gattungen. Die Frösche und Kröten von Tshusan und dem benachbarten Ningpo stimmen aber noch mit den mittel- europäischen überein; in Ningpo ist auch ein Salamander, Triton (Cynops) Chinensis Gray (Proc. zool. soc. 1859) gefunden worden. Der chinesische Obstfuchs, Canis procyonoides Gray, ko tz li oder auch hoh, im Kantondialekt kok, ein naher Verwandter des japanischen tanuki, wird fast in jeder Beschreibung von China erwähnt, aber man erfährt in keiner derselben, in welchen be- sonderen Gegenden er vorkommt; ich möchte ihn für ein mittel- und südchinesisches Thier halten, da er zuerst durch Reeves’ Sammlungen näher bekannt wurde und vielleicht die Angabe auf ihn zu beziehen ist, dass in der Provinz Kwantung wilde Katzen von den Einwohnern gegessen werden (Wells Williams, third edition, 1857, pag. 249). Eben so geschieht der fliegenden Eichhörnchen öfters Erwähnung, unter den Namen wu shu, im Kantondialekt ’ng shii, fei-shu, fi-sang, Fluggebärer, und i-yu, Pfotenvogel; Swinhoe hat zwei Arten derselben von Formosa beschrieben, von denen, wie in Japan, die eine der nordischen, die andere der indischen Reihe angehört. Gewöhnliche Eichhörnchen, sung-shü, Bergmaus, genannt, Ost-Asien. Zoologisch. I. 12

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/195>, abgerufen am 24.11.2024.