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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Strandthiere auf Hongkong.

In den Strassen der Stadt selbst werden Süsswasserfische
(Cyprinoiden) verkauft, die aber meist von Kanton herunter zu Schiffe
kommen; am Fusse von Mauern und am Rande der Wege lebt die
kosmopolitische Helix similaris Fer. in Gesellschaft einzelner Julus
und Porcellio. Die zwei unvermeidlichen Stadtvögel Ostasiens fehlen
auch hier nicht, eine unserer Rauchschwalbe höchst ähnliche Hirundo
und ein unserem Feldspatzen höchst ähnlicher Passer.

Die Strandbewohner fand ich an Zahl der Arten und Individuen
reicher, als Frauenfeld's negative Schilderung l. c. andeutet. Das
Happy-valley an der Stadt ist durch eine noch nicht völlig aus-
getrocknete Schlammstrecke mit der See verbunden, die zahlreichen
chinesischen Booten zu bleibendem Aufenthalt dient; hier fand ich
während der Ebbe junge Mädchen beschäftigt, die umherliegenden
zahlreichen Enteromorphen zu Tschau-tschau (Essen) zu sammeln,
und dicht dabei sah ich viele Tausende von kleinen Brackwasser-
Cerithien wie umhergesät auf dem Schlamme liegen; Aehnliches sah
ich vorher schon dicht vor den Häusern der Stadt. Da bekanntlich
die ärmere Klasse der Chinesen zum grösseren Theile von derartig
frei gebotenen Geschenken der Natur lebt und diese so ganz ohne
weitere Mühe zu erreichen waren, kein Grund bekannt ist, warum
sie nicht jeden Tag aufgesammelt werden sollten, so ist diese zahl-
lose Menge essbarer Gegenstände dicht neben einer so zahlreichen
Einwohnerschaft in der That einer der schlagendsten Beweise un-
erschöpflicher Fruchtbarkeit.

Weiterhin folgt eine Sandstrecke, wo bei Ebbe viele Männer
und Weiber beschäftigt sind, lebende Muscheln zu sammeln und
dabei oft bis an die Waden im Sand und Wasser waten; es ist
hauptsächlich eine Venusmuschel, Venus (Anomalocardia) squa-
mosa L., zuweilen schön blau angehaucht, welche Färbung aber an
todten Exemplaren bald verschwindet.

Mehr Mannichfaltigkeit bieten die Steine und grösseren Stein-
blöcke des Strandes westlich von der Stadt und noch mehr solche
an der Südküste, nahe bei Aberdeen. Bei beiden sind es grössere
Chthamalusarten, Litorinen und Neriten, welche die oberste Gruppe
der Meerbewohner bilden, nebst einzelnen Krabben (Grapsus) und
kleinen schwarzrothen Algen; dazwischen auch ein Trochus aus
der Gruppe Monodonta und eine ricinulaähnliche Purpura. Endlich
bildet am erstgenannten Ort den äussersten Vorposten der Meer-
thiere eine sehr kleine, flach trochusförmige, erbsengelbe Schnecke,

Strandthiere auf Hongkong.

In den Strassen der Stadt selbst werden Süsswasserfische
(Cyprinoiden) verkauft, die aber meist von Kanton herunter zu Schiffe
kommen; am Fusse von Mauern und am Rande der Wege lebt die
kosmopolitische Helix similaris Fer. in Gesellschaft einzelner Julus
und Porcellio. Die zwei unvermeidlichen Stadtvögel Ostasiens fehlen
auch hier nicht, eine unserer Rauchschwalbe höchst ähnliche Hirundo
und ein unserem Feldspatzen höchst ähnlicher Passer.

Die Strandbewohner fand ich an Zahl der Arten und Individuen
reicher, als Frauenfeld’s negative Schilderung l. c. andeutet. Das
Happy-valley an der Stadt ist durch eine noch nicht völlig aus-
getrocknete Schlammstrecke mit der See verbunden, die zahlreichen
chinesischen Booten zu bleibendem Aufenthalt dient; hier fand ich
während der Ebbe junge Mädchen beschäftigt, die umherliegenden
zahlreichen Enteromorphen zu Tschau-tschau (Essen) zu sammeln,
und dicht dabei sah ich viele Tausende von kleinen Brackwasser-
Cerithien wie umhergesät auf dem Schlamme liegen; Aehnliches sah
ich vorher schon dicht vor den Häusern der Stadt. Da bekanntlich
die ärmere Klasse der Chinesen zum grösseren Theile von derartig
frei gebotenen Geschenken der Natur lebt und diese so ganz ohne
weitere Mühe zu erreichen waren, kein Grund bekannt ist, warum
sie nicht jeden Tag aufgesammelt werden sollten, so ist diese zahl-
lose Menge essbarer Gegenstände dicht neben einer so zahlreichen
Einwohnerschaft in der That einer der schlagendsten Beweise un-
erschöpflicher Fruchtbarkeit.

Weiterhin folgt eine Sandstrecke, wo bei Ebbe viele Männer
und Weiber beschäftigt sind, lebende Muscheln zu sammeln und
dabei oft bis an die Waden im Sand und Wasser waten; es ist
hauptsächlich eine Venusmuschel, Venus (Anomalocardia) squa-
mosa L., zuweilen schön blau angehaucht, welche Färbung aber an
todten Exemplaren bald verschwindet.

Mehr Mannichfaltigkeit bieten die Steine und grösseren Stein-
blöcke des Strandes westlich von der Stadt und noch mehr solche
an der Südküste, nahe bei Aberdeen. Bei beiden sind es grössere
Chthamalusarten, Litorinen und Neriten, welche die oberste Gruppe
der Meerbewohner bilden, nebst einzelnen Krabben (Grapsus) und
kleinen schwarzrothen Algen; dazwischen auch ein Trochus aus
der Gruppe Monodonta und eine ricinulaähnliche Purpura. Endlich
bildet am erstgenannten Ort den äussersten Vorposten der Meer-
thiere eine sehr kleine, flach trochusförmige, erbsengelbe Schnecke,

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[165/0183] Strandthiere auf Hongkong. In den Strassen der Stadt selbst werden Süsswasserfische (Cyprinoiden) verkauft, die aber meist von Kanton herunter zu Schiffe kommen; am Fusse von Mauern und am Rande der Wege lebt die kosmopolitische Helix similaris Fer. in Gesellschaft einzelner Julus und Porcellio. Die zwei unvermeidlichen Stadtvögel Ostasiens fehlen auch hier nicht, eine unserer Rauchschwalbe höchst ähnliche Hirundo und ein unserem Feldspatzen höchst ähnlicher Passer. Die Strandbewohner fand ich an Zahl der Arten und Individuen reicher, als Frauenfeld’s negative Schilderung l. c. andeutet. Das Happy-valley an der Stadt ist durch eine noch nicht völlig aus- getrocknete Schlammstrecke mit der See verbunden, die zahlreichen chinesischen Booten zu bleibendem Aufenthalt dient; hier fand ich während der Ebbe junge Mädchen beschäftigt, die umherliegenden zahlreichen Enteromorphen zu Tschau-tschau (Essen) zu sammeln, und dicht dabei sah ich viele Tausende von kleinen Brackwasser- Cerithien wie umhergesät auf dem Schlamme liegen; Aehnliches sah ich vorher schon dicht vor den Häusern der Stadt. Da bekanntlich die ärmere Klasse der Chinesen zum grösseren Theile von derartig frei gebotenen Geschenken der Natur lebt und diese so ganz ohne weitere Mühe zu erreichen waren, kein Grund bekannt ist, warum sie nicht jeden Tag aufgesammelt werden sollten, so ist diese zahl- lose Menge essbarer Gegenstände dicht neben einer so zahlreichen Einwohnerschaft in der That einer der schlagendsten Beweise un- erschöpflicher Fruchtbarkeit. Weiterhin folgt eine Sandstrecke, wo bei Ebbe viele Männer und Weiber beschäftigt sind, lebende Muscheln zu sammeln und dabei oft bis an die Waden im Sand und Wasser waten; es ist hauptsächlich eine Venusmuschel, Venus (Anomalocardia) squa- mosa L., zuweilen schön blau angehaucht, welche Färbung aber an todten Exemplaren bald verschwindet. Mehr Mannichfaltigkeit bieten die Steine und grösseren Stein- blöcke des Strandes westlich von der Stadt und noch mehr solche an der Südküste, nahe bei Aberdeen. Bei beiden sind es grössere Chthamalusarten, Litorinen und Neriten, welche die oberste Gruppe der Meerbewohner bilden, nebst einzelnen Krabben (Grapsus) und kleinen schwarzrothen Algen; dazwischen auch ein Trochus aus der Gruppe Monodonta und eine ricinulaähnliche Purpura. Endlich bildet am erstgenannten Ort den äussersten Vorposten der Meer- thiere eine sehr kleine, flach trochusförmige, erbsengelbe Schnecke,

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/183>, abgerufen am 24.11.2024.