Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Rückkehr nach Tien-tsin. XV. Herr von Bourboulon, welchem der Attache gegen Abend seinenAbschiedsbesuch machte, kamen wieder auf die zarte Schonung zurück, mit welcher unter den dermaligen Verhältnissen Prinz Kun und der Minister Wen-sian zu behandeln seien, und freuten sich, dass Graf Eulenburgs Schritte deren Stellung nun nicht compro- mittiren würden. -- In das gemiethete Haus zurückkehrend, fand Herr von Brandt den Eigenthümer, mit welchem er nach der russischen Mission fuhr. Tsi-uen weigerte sich den Miethzins zu nehmen, da die Preussen ja nur einige Tage in seinem Hause ge- wohnt und wesentliche Verbesserungen gemacht hätten; er erbot sich, dasselbe vier Wochen lang in dem Zustande zu lassen, auch zu verkaufen oder auf längere Zeit zu vermiethen. Offenbar scheute er sich, in Gegenwart der Russen Geld zu nehmen; deshalb sandte ihm Herr von Brandt durch den Pförtner eine angemessene Summe. Um die Reise schneller zu machen, nahm Herr von Brandt Die mildere Auffassung, welche beim Prinzen von Kun der Rückkehr nach Tien-tsin. XV. Herr von Bourboulon, welchem der Attaché gegen Abend seinenAbschiedsbesuch machte, kamen wieder auf die zarte Schonung zurück, mit welcher unter den dermaligen Verhältnissen Prinz Kuṅ und der Minister Wen-siaṅ zu behandeln seien, und freuten sich, dass Graf Eulenburgs Schritte deren Stellung nun nicht compro- mittiren würden. — In das gemiethete Haus zurückkehrend, fand Herr von Brandt den Eigenthümer, mit welchem er nach der russischen Mission fuhr. Tši-uën weigerte sich den Miethzins zu nehmen, da die Preussen ja nur einige Tage in seinem Hause ge- wohnt und wesentliche Verbesserungen gemacht hätten; er erbot sich, dasselbe vier Wochen lang in dem Zustande zu lassen, auch zu verkaufen oder auf längere Zeit zu vermiethen. Offenbar scheute er sich, in Gegenwart der Russen Geld zu nehmen; deshalb sandte ihm Herr von Brandt durch den Pförtner eine angemessene Summe. Um die Reise schneller zu machen, nahm Herr von Brandt Die mildere Auffassung, welche beim Prinzen von Kuṅ der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="64"/><fw place="top" type="header">Rückkehr nach <hi rendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi>. 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Rückkehr nach Tien-tsin. XV.
Herr von Bourboulon, welchem der Attaché gegen Abend seinen
Abschiedsbesuch machte, kamen wieder auf die zarte Schonung
zurück, mit welcher unter den dermaligen Verhältnissen Prinz Kuṅ
und der Minister Wen-siaṅ zu behandeln seien, und freuten sich,
dass Graf Eulenburgs Schritte deren Stellung nun nicht compro-
mittiren würden. — In das gemiethete Haus zurückkehrend, fand
Herr von Brandt den Eigenthümer, mit welchem er nach der
russischen Mission fuhr. Tši-uën weigerte sich den Miethzins zu
nehmen, da die Preussen ja nur einige Tage in seinem Hause ge-
wohnt und wesentliche Verbesserungen gemacht hätten; er erbot
sich, dasselbe vier Wochen lang in dem Zustande zu lassen, auch
zu verkaufen oder auf längere Zeit zu vermiethen. Offenbar scheute er
sich, in Gegenwart der Russen Geld zu nehmen; deshalb sandte
ihm Herr von Brandt durch den Pförtner eine angemessene Summe.
Um die Reise schneller zu machen, nahm Herr von Brandt
einen chinesischen Karren und verliess Pe-kiṅ am 26. Juni Abends.
In Ma-tau weckte er mich vor Tagesgrauen aus tiefem Schlafe,
theilte mir den Befehl zur Rückkehr mit und fuhr weiter. Ich
entliess in der Frühe den mir beigegebenen Mandarin, bestieg
meinen Tartaren und ritt allein nach Tien-tsin, eine Strecke von
etwa dreizehn Meilen, die der brave Gaul bei 30° R. fast in einem
Zuge machte, ohne zu vermüden. Herr von Brandt, der von Pe-
kiṅ dreiundzwanzig Stunden brauchte, kam zwei Stunden vor mir
an. Sein Pferd, die Diener und unser Gepäck gelangten mit Herrn
Heine am 28. Juni nach Tien-tsin.
Die mildere Auffassung, welche beim Prinzen von Kuṅ der
ersten Aufwallung folgte, bewies schon ein Schreiben an den Ge-
sandten vom 25. Juni. Vom Abbruch der Verhandlungen ist nicht
mehr die Rede: der Kaiser habe ausdrücklich Tsuṅ-luen und
Tsuṅ-hau mit denselben beauftragt, welche ohne des Prinzen Theil-
nahme handeln sollten; an sie habe der Gesandte sich in allen
Stücken zu wenden. Er möge seine Begleiter aus Pe-kiṅ zurück-
rufen, da der Prinz sie sonst nach den Landesgesetzen zur Abreise
zwingen müsse. Von den Beschuldigungen ist nur die gewaltsame
Besitznahme des Hauses berührt, an die er wirklich glauben mochte;
denn dass wir die Thorwache bezwungen und den Wirth der Her-
berge mit Stockprügeln erweicht hätten, musste bei ruhiger Be-
trachtung lächerlich scheinen. Offenbar deckten die Wachen ihre
Achtlosigkeit, der Wirth seine Habsucht durch solche Lügen.
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