halten, eine Weile umher, fiel aber endlich den Truppen des Ge- neral Tsen-pao in die Hände, der ihn schleunigst köpfen liess. Er betheuerte bei seiner Verhaftung bei allen Himmeln, dass er dem Thron entsage, und bat nur flehentlich, sich auf die Staatsprüfungen vorbereiten zu dürfen.
Ueber den Tsun-wan und den Kan-wan berichtete Tsen- kwo-tsun nach Pe-kin, liess aber noch vor der Bescheidung Beide enthaupten; der Richterspruch vom Kaiserhofe lautete auf "lang- same, schimpfliche Hinrichtung". Der Tsun-wan schrieb in den acht Tagen der Kerkerschaft seine Lebensgeschichte, die, nach den übersetzten Auszügen zu urtheilen, ein Meisterwerk klarer lebendiger Darstellung ist. Er soll gehofft haben, durch die Apologie sein Leben zu retten. -- Seinem Charakter wird von allen Seiten das glänzendste Zeugniss gegeben; ein Freund des Landvolkes linderte er aus eigenen Mitteln die Noth der von anderen Heerführern ver- wüsteten Gebiete und förderte überall den Wohlstand durch geregelte Verwaltung. Die Bewohner von Su-tsau setzten ihm aus Dankbarkeit ein schönes Marmor-Denkmal, das sie nach dem Fall der Stadt auf Befehl der Mandarinen wieder einreis- sen mussten.
In Nan-kin wüthete die vom Tsun-wan entzündete Feuers- brunst drei Tage lang und verwandelte den besten Stadttheil in Trümmerhaufen, aus welchen vereinzelte Reste von Steinportalen mit buntem phantastischem Ornament emporragten. Die entfernteren Strassen müssen Jahre lang unbewohnt gewesen sein; vier Fuss hohes Gesträuch machte sie unzugänglich. Von den gehofften Schätzen, der Beute so vieler Raubzüge, fand man keine Spur; nur die Plünderung einzelner Tae-pin-Soldaten lohnte reichlich. Des Kan-wan Banditen scheinen gut aufgeräumt und sich grossen- theils bei Zeiten aus dem Staube gemacht zu haben, was bei der Weite des Mauerumkreises ein Leichtes war; ihre Schätze bahnten die Wege. Bei der Einnahme soll die Besatzung von Nan-kin kaum 20,000 Mann gezählt haben, von welchen 7000 hingerichtet wurden.
Anh. IV. Ende der Tae-Piṅ-Führer.
halten, eine Weile umher, fiel aber endlich den Truppen des Ge- neral Tšen-pao in die Hände, der ihn schleunigst köpfen liess. Er betheuerte bei seiner Verhaftung bei allen Himmeln, dass er dem Thron entsage, und bat nur flehentlich, sich auf die Staatsprüfungen vorbereiten zu dürfen.
Ueber den Tsun-waṅ und den Kan-waṅ berichtete Tseṅ- kwo-tsun nach Pe-kiṅ, liess aber noch vor der Bescheidung Beide enthaupten; der Richterspruch vom Kaiserhofe lautete auf »lang- same, schimpfliche Hinrichtung«. Der Tšun-waṅ schrieb in den acht Tagen der Kerkerschaft seine Lebensgeschichte, die, nach den übersetzten Auszügen zu urtheilen, ein Meisterwerk klarer lebendiger Darstellung ist. Er soll gehofft haben, durch die Apologie sein Leben zu retten. — Seinem Charakter wird von allen Seiten das glänzendste Zeugniss gegeben; ein Freund des Landvolkes linderte er aus eigenen Mitteln die Noth der von anderen Heerführern ver- wüsteten Gebiete und förderte überall den Wohlstand durch geregelte Verwaltung. Die Bewohner von Su-tšau setzten ihm aus Dankbarkeit ein schönes Marmor-Denkmal, das sie nach dem Fall der Stadt auf Befehl der Mandarinen wieder einreis- sen mussten.
In Nan-kiṅ wüthete die vom Tšun-waṅ entzündete Feuers- brunst drei Tage lang und verwandelte den besten Stadttheil in Trümmerhaufen, aus welchen vereinzelte Reste von Steinportalen mit buntem phantastischem Ornament emporragten. Die entfernteren Strassen müssen Jahre lang unbewohnt gewesen sein; vier Fuss hohes Gesträuch machte sie unzugänglich. Von den gehofften Schätzen, der Beute so vieler Raubzüge, fand man keine Spur; nur die Plünderung einzelner Tae-piṅ-Soldaten lohnte reichlich. Des Kan-waṅ Banditen scheinen gut aufgeräumt und sich grossen- theils bei Zeiten aus dem Staube gemacht zu haben, was bei der Weite des Mauerumkreises ein Leichtes war; ihre Schätze bahnten die Wege. Bei der Einnahme soll die Besatzung von Nan-kiṅ kaum 20,000 Mann gezählt haben, von welchen 7000 hingerichtet wurden.
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Anh. IV. Ende der Tae-Piṅ-Führer.
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betheuerte bei seiner Verhaftung bei allen Himmeln, dass er dem
Thron entsage, und bat nur flehentlich, sich auf die Staatsprüfungen
vorbereiten zu dürfen.
Ueber den Tsun-waṅ und den Kan-waṅ berichtete Tseṅ-
kwo-tsun nach Pe-kiṅ, liess aber noch vor der Bescheidung Beide
enthaupten; der Richterspruch vom Kaiserhofe lautete auf »lang-
same, schimpfliche Hinrichtung«. Der Tšun-waṅ schrieb in den
acht Tagen der Kerkerschaft seine Lebensgeschichte, die, nach den
übersetzten Auszügen zu urtheilen, ein Meisterwerk klarer lebendiger
Darstellung ist. Er soll gehofft haben, durch die Apologie sein
Leben zu retten. — Seinem Charakter wird von allen Seiten das
glänzendste Zeugniss gegeben; ein Freund des Landvolkes linderte
er aus eigenen Mitteln die Noth der von anderen Heerführern ver-
wüsteten Gebiete und förderte überall den Wohlstand durch
geregelte Verwaltung. Die Bewohner von Su-tšau setzten ihm
aus Dankbarkeit ein schönes Marmor-Denkmal, das sie nach
dem Fall der Stadt auf Befehl der Mandarinen wieder einreis-
sen mussten.
In Nan-kiṅ wüthete die vom Tšun-waṅ entzündete Feuers-
brunst drei Tage lang und verwandelte den besten Stadttheil in
Trümmerhaufen, aus welchen vereinzelte Reste von Steinportalen
mit buntem phantastischem Ornament emporragten. Die entfernteren
Strassen müssen Jahre lang unbewohnt gewesen sein; vier Fuss
hohes Gesträuch machte sie unzugänglich. Von den gehofften
Schätzen, der Beute so vieler Raubzüge, fand man keine Spur; nur
die Plünderung einzelner Tae-piṅ-Soldaten lohnte reichlich. Des
Kan-waṅ Banditen scheinen gut aufgeräumt und sich grossen-
theils bei Zeiten aus dem Staube gemacht zu haben, was bei
der Weite des Mauerumkreises ein Leichtes war; ihre Schätze
bahnten die Wege. Bei der Einnahme soll die Besatzung von
Nan-kiṅ kaum 20,000 Mann gezählt haben, von welchen 7000
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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