darauf, dass Tsin mehrere habe köpfen lassen. Dieser Wortbruch und die Weigerung des Fu-tae, gewisse nothwendige Ausgaben für sein Corps zu bestreiten, bewogen Gordon zu dem Entschluss, sein Commando niederzulegen.
Am Abend des 8. August gelangte er zu Pferde nach Shang- hae, erfuhr dort sogleich, dass Burgevine mit seiner Schaar frem- der Abenteurer nach Su-tsau aufgebrochen sei, um zu den Tae- pin zu stossen, änderte sofort seinen Entschluss und ritt noch in derselben Nacht die weite Strecke nach Kin-san zurück. Er hielt sich durch die geleistete Bürgschaft verbunden und wollte nicht die Mandarinen in so kritischem Moment im Stiche lassen, noch die Fremden in Shang-hae einer so grossen Gefahr aussetzen, als durch Burgevine's Einfluss auf die "Siegreichen" entstehen konnte. Ein unter den Eindrücken des Augenblickes geschriebener Brief des Colonel Hough an General-Major Brown, der seit General Sta- veley's Abreise die englischen Truppen in China commandirte, zeich- net die Lage sehr treffend.
"Burgevine ist mit der hier gesammelten Schaar Europäer zu den Rebellen übergegangen; die Zahl wird durch verschieden lautende Berichte auf 100 bis 1000 angegeben; aber 300 wird der Wahrheit näher kommen. Nach den durch Capitän Strode eingezogenen Nach- richten lauten Burgevine's Verträge mit den Europäern auf einen Mo- nat Dienst gegen baare Erlegung des Soldes; Andere berichten auf unbeschränkte Freiheit jede Stadt zu plündern, die sie nehmen, selbst Shang-hae. Letzteres wäre eine leere Drohung, selbst bei der jetzigen Schwäche der Garnison, wenn nicht Major Gordon's Truppen in so beunruhigender Verfassung wären: sie sollen alle die verrätherische Neigung haben, auf Burgevine's Seite zu treten. Major Gordon's beste Officiere bei den Landtruppen und die Commandanten der Dampfer werden offen als Verräther bezeichnet. Ist das richtig, so wäre damit unser Belagerungstrain, der jetzt bei Major Gordon ist, in die Hände der Rebellen gegeben, und wir hätten, wie Capitän Murray mir meldet, demselben kein Geschütz von gleicher Stärke entgegenzustellen. Der Fu-tae sagte gestern Abend Herrn Markman, dass Burgevine mit 65 Europäern sich unter den Mauern von Sun-kian des kleinen Dampfers Kitow bemächtigt und denselben nach Su-tsau gebracht hätte, wofür er zum Wan zweiter Classe und Obercommandeur aller Rebellentrup- pen ernannt worden sei. Auch sagte der Fu-tae, dass ihm berichtet sei, Kin-san, Major Gordon's Hauptquartier, habe von der Garnison den Rebellen übergeben werden müssen. Wäre das wahr, so müsste
Shang-hae in Gefahr. Anh. IV.
darauf, dass Tšiṅ mehrere habe köpfen lassen. Dieser Wortbruch und die Weigerung des Fu-tae, gewisse nothwendige Ausgaben für sein Corps zu bestreiten, bewogen Gordon zu dem Entschluss, sein Commando niederzulegen.
Am Abend des 8. August gelangte er zu Pferde nach Shang- hae, erfuhr dort sogleich, dass Burgevine mit seiner Schaar frem- der Abenteurer nach Su-tšau aufgebrochen sei, um zu den Tae- piṅ zu stossen, änderte sofort seinen Entschluss und ritt noch in derselben Nacht die weite Strecke nach Kin-san zurück. Er hielt sich durch die geleistete Bürgschaft verbunden und wollte nicht die Mandarinen in so kritischem Moment im Stiche lassen, noch die Fremden in Shang-hae einer so grossen Gefahr aussetzen, als durch Burgevine’s Einfluss auf die »Siegreichen« entstehen konnte. Ein unter den Eindrücken des Augenblickes geschriebener Brief des Colonel Hough an General-Major Brown, der seit General Sta- veley’s Abreise die englischen Truppen in China commandirte, zeich- net die Lage sehr treffend.
»Burgevine ist mit der hier gesammelten Schaar Europäer zu den Rebellen übergegangen; die Zahl wird durch verschieden lautende Berichte auf 100 bis 1000 angegeben; aber 300 wird der Wahrheit näher kommen. Nach den durch Capitän Strode eingezogenen Nach- richten lauten Burgevine’s Verträge mit den Europäern auf einen Mo- nat Dienst gegen baare Erlegung des Soldes; Andere berichten auf unbeschränkte Freiheit jede Stadt zu plündern, die sie nehmen, selbst Shang-hae. Letzteres wäre eine leere Drohung, selbst bei der jetzigen Schwäche der Garnison, wenn nicht Major Gordon’s Truppen in so beunruhigender Verfassung wären: sie sollen alle die verrätherische Neigung haben, auf Burgevine’s Seite zu treten. Major Gordon’s beste Officiere bei den Landtruppen und die Commandanten der Dampfer werden offen als Verräther bezeichnet. Ist das richtig, so wäre damit unser Belagerungstrain, der jetzt bei Major Gordon ist, in die Hände der Rebellen gegeben, und wir hätten, wie Capitän Murray mir meldet, demselben kein Geschütz von gleicher Stärke entgegenzustellen. Der Fu-tae sagte gestern Abend Herrn Markman, dass Burgevine mit 65 Europäern sich unter den Mauern von Suṅ-kiaṅ des kleinen Dampfers Kitow bemächtigt und denselben nach Su-tšau gebracht hätte, wofür er zum Waṅ zweiter Classe und Obercommandeur aller Rebellentrup- pen ernannt worden sei. Auch sagte der Fu-tae, dass ihm berichtet sei, Kin-san, Major Gordon’s Hauptquartier, habe von der Garnison den Rebellen übergeben werden müssen. Wäre das wahr, so müsste
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und die Weigerung des Fu-tae, gewisse nothwendige Ausgaben für
sein Corps zu bestreiten, bewogen Gordon zu dem Entschluss, sein
Commando niederzulegen.
Am Abend des 8. August gelangte er zu Pferde nach Shang-
hae, erfuhr dort sogleich, dass Burgevine mit seiner Schaar frem-
der Abenteurer nach Su-tšau aufgebrochen sei, um zu den Tae-
piṅ zu stossen, änderte sofort seinen Entschluss und ritt noch in
derselben Nacht die weite Strecke nach Kin-san zurück. Er hielt
sich durch die geleistete Bürgschaft verbunden und wollte nicht
die Mandarinen in so kritischem Moment im Stiche lassen, noch die
Fremden in Shang-hae einer so grossen Gefahr aussetzen, als
durch Burgevine’s Einfluss auf die »Siegreichen« entstehen konnte.
Ein unter den Eindrücken des Augenblickes geschriebener Brief
des Colonel Hough an General-Major Brown, der seit General Sta-
veley’s Abreise die englischen Truppen in China commandirte, zeich-
net die Lage sehr treffend.
»Burgevine ist mit der hier gesammelten Schaar Europäer zu
den Rebellen übergegangen; die Zahl wird durch verschieden lautende
Berichte auf 100 bis 1000 angegeben; aber 300 wird der Wahrheit
näher kommen. Nach den durch Capitän Strode eingezogenen Nach-
richten lauten Burgevine’s Verträge mit den Europäern auf einen Mo-
nat Dienst gegen baare Erlegung des Soldes; Andere berichten auf
unbeschränkte Freiheit jede Stadt zu plündern, die sie nehmen, selbst
Shang-hae. Letzteres wäre eine leere Drohung, selbst bei der jetzigen
Schwäche der Garnison, wenn nicht Major Gordon’s Truppen in so
beunruhigender Verfassung wären: sie sollen alle die verrätherische
Neigung haben, auf Burgevine’s Seite zu treten. Major Gordon’s beste
Officiere bei den Landtruppen und die Commandanten der Dampfer
werden offen als Verräther bezeichnet. Ist das richtig, so wäre damit
unser Belagerungstrain, der jetzt bei Major Gordon ist, in die Hände
der Rebellen gegeben, und wir hätten, wie Capitän Murray mir meldet,
demselben kein Geschütz von gleicher Stärke entgegenzustellen. Der
Fu-tae sagte gestern Abend Herrn Markman, dass Burgevine mit 65
Europäern sich unter den Mauern von Suṅ-kiaṅ des kleinen Dampfers
Kitow bemächtigt und denselben nach Su-tšau gebracht hätte, wofür
er zum Waṅ zweiter Classe und Obercommandeur aller Rebellentrup-
pen ernannt worden sei. Auch sagte der Fu-tae, dass ihm berichtet
sei, Kin-san, Major Gordon’s Hauptquartier, habe von der Garnison
den Rebellen übergeben werden müssen. Wäre das wahr, so müsste
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/430>, abgerufen am 16.02.2025.
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