zurück. Herrlich ist der Blick aus der schwarzen Finsterniss im hintersten Winkel der Höhle, wo die vom tropfenden Gestein mit phantastischen einsturzdrohenden Riesengebilden behängte Decke den Himmel verbirgt und die Goldgötzen wie von innerem Licht- glanz durchströmt erscheinen. -- Kaum lässt sich eine Oertlichkeit denken, die mächtiger auf die Phantasie wirkte. Bei Anwesen- heit des Königs strömen Tausende von Pilgern nach Petsaburi, und bringen unter Lustbarkeiten mehrere Tage im Höhlentempel zu. -- Von aussen sind die Felsen, die hier nur wenig aus der Ebene ragen, mit Gebüsch bewachsen, in dem es von Affen wimmelt.
An demselben Tage traf Capitän Sundewall mit mehreren Officieren der Arkona in Petsaburi ein; die Corvette lag vor der Mündung des Flüsschens. -- Der Gesandte besuchte die beiden Gouverneure und lud sie an seinen Mittagstisch. Beim ersten Gou- verneur waren im Vorhause auf einem Brettergerüst zum Empfang des Gesandten Tische und Stühle aufgestellt; sonst war die Ein- richtung ganz auf Hocken und Liegen berechnet, denn der Siamese setzt sich von Natur auf seine eigenen Hacken. Beim zweiten Gouverneur sah es civilisirter aus; er zeigte dem Gesandten seinen siebenjährigen Knaben, den er Friedrich Wilhelm nannte, und ein Töchterchen in weissem Federhut und europäischem Kleide, das sie hoffentlich bald wieder ablegen durfte. Auch uns war jeder Rock zu viel.
Am 23. Februar besuchte Graf Eulenburg mit den Gästen von der Arkona eine andere Tropfsteinhöhle, die sich mit mehreren Gängen sehr tief in den Felsen erstreckt, aber ganz dunkel ist. Der Rückweg führte an einem schmucklosen Tempel vorbei, auf des- sen colossalem liegendem Budda eben Wäsche getrocknet wurde. Gegen Mittag fuhr Commodore Sundewall in seiner Gig nach der Ar- kona zurück; Abends speisten wieder die Gouverneure beim Gesand- ten und wurden mit Wein, Spieldosen und anderen Gaben überrascht.
Am 24. Februar fuhren unsere Boote schon bei Tagesanbruch stromabwärts. Wir selbst ritten gegen halb 8 Uhr fort und stiegen unterhalb der Untiefen ein. Von der Flussmündung brachte uns gegen Mittag des Königs Dampfer Little Eastern zu der über fünf Seemeilen vom Ufer liegenden Corvette. Die Seefahrt auf den Flussbooten ist gefährlich; noch vor Kurzem war ein solches auf der Ueberfahrt nach der Meklon-Mündung umgeschlagen. -- Um ein Uhr gelangten wir an Bord der Arkona und nahmen Abschied
XXII. Petšaburi.
zurück. Herrlich ist der Blick aus der schwarzen Finsterniss im hintersten Winkel der Höhle, wo die vom tropfenden Gestein mit phantastischen einsturzdrohenden Riesengebilden behängte Decke den Himmel verbirgt und die Goldgötzen wie von innerem Licht- glanz durchströmt erscheinen. — Kaum lässt sich eine Oertlichkeit denken, die mächtiger auf die Phantasie wirkte. Bei Anwesen- heit des Königs strömen Tausende von Pilgern nach Petšaburi, und bringen unter Lustbarkeiten mehrere Tage im Höhlentempel zu. — Von aussen sind die Felsen, die hier nur wenig aus der Ebene ragen, mit Gebüsch bewachsen, in dem es von Affen wimmelt.
An demselben Tage traf Capitän Sundewall mit mehreren Officieren der Arkona in Petšaburi ein; die Corvette lag vor der Mündung des Flüsschens. — Der Gesandte besuchte die beiden Gouverneure und lud sie an seinen Mittagstisch. Beim ersten Gou- verneur waren im Vorhause auf einem Brettergerüst zum Empfang des Gesandten Tische und Stühle aufgestellt; sonst war die Ein- richtung ganz auf Hocken und Liegen berechnet, denn der Siamese setzt sich von Natur auf seine eigenen Hacken. Beim zweiten Gouverneur sah es civilisirter aus; er zeigte dem Gesandten seinen siebenjährigen Knaben, den er Friedrich Wilhelm nannte, und ein Töchterchen in weissem Federhut und europäischem Kleide, das sie hoffentlich bald wieder ablegen durfte. Auch uns war jeder Rock zu viel.
Am 23. Februar besuchte Graf Eulenburg mit den Gästen von der Arkona eine andere Tropfsteinhöhle, die sich mit mehreren Gängen sehr tief in den Felsen erstreckt, aber ganz dunkel ist. Der Rückweg führte an einem schmucklosen Tempel vorbei, auf des- sen colossalem liegendem Budda eben Wäsche getrocknet wurde. Gegen Mittag fuhr Commodore Sundewall in seiner Gig nach der Ar- kona zurück; Abends speisten wieder die Gouverneure beim Gesand- ten und wurden mit Wein, Spieldosen und anderen Gaben überrascht.
Am 24. Februar fuhren unsere Boote schon bei Tagesanbruch stromabwärts. Wir selbst ritten gegen halb 8 Uhr fort und stiegen unterhalb der Untiefen ein. Von der Flussmündung brachte uns gegen Mittag des Königs Dampfer Little Eastern zu der über fünf Seemeilen vom Ufer liegenden Corvette. Die Seefahrt auf den Flussbooten ist gefährlich; noch vor Kurzem war ein solches auf der Ueberfahrt nach der Mekloṅ-Mündung umgeschlagen. — Um ein Uhr gelangten wir an Bord der Arkona und nahmen Abschied
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XXII. Petšaburi.
zurück. Herrlich ist der Blick aus der schwarzen Finsterniss im
hintersten Winkel der Höhle, wo die vom tropfenden Gestein mit
phantastischen einsturzdrohenden Riesengebilden behängte Decke
den Himmel verbirgt und die Goldgötzen wie von innerem Licht-
glanz durchströmt erscheinen. — Kaum lässt sich eine Oertlichkeit
denken, die mächtiger auf die Phantasie wirkte. Bei Anwesen-
heit des Königs strömen Tausende von Pilgern nach Petšaburi,
und bringen unter Lustbarkeiten mehrere Tage im Höhlentempel zu.
— Von aussen sind die Felsen, die hier nur wenig aus der Ebene
ragen, mit Gebüsch bewachsen, in dem es von Affen wimmelt.
An demselben Tage traf Capitän Sundewall mit mehreren
Officieren der Arkona in Petšaburi ein; die Corvette lag vor der
Mündung des Flüsschens. — Der Gesandte besuchte die beiden
Gouverneure und lud sie an seinen Mittagstisch. Beim ersten Gou-
verneur waren im Vorhause auf einem Brettergerüst zum Empfang
des Gesandten Tische und Stühle aufgestellt; sonst war die Ein-
richtung ganz auf Hocken und Liegen berechnet, denn der Siamese
setzt sich von Natur auf seine eigenen Hacken. Beim zweiten
Gouverneur sah es civilisirter aus; er zeigte dem Gesandten seinen
siebenjährigen Knaben, den er Friedrich Wilhelm nannte, und
ein Töchterchen in weissem Federhut und europäischem Kleide,
das sie hoffentlich bald wieder ablegen durfte. Auch uns war
jeder Rock zu viel.
Am 23. Februar besuchte Graf Eulenburg mit den Gästen
von der Arkona eine andere Tropfsteinhöhle, die sich mit mehreren
Gängen sehr tief in den Felsen erstreckt, aber ganz dunkel ist.
Der Rückweg führte an einem schmucklosen Tempel vorbei, auf des-
sen colossalem liegendem Budda eben Wäsche getrocknet wurde.
Gegen Mittag fuhr Commodore Sundewall in seiner Gig nach der Ar-
kona zurück; Abends speisten wieder die Gouverneure beim Gesand-
ten und wurden mit Wein, Spieldosen und anderen Gaben überrascht.
Am 24. Februar fuhren unsere Boote schon bei Tagesanbruch
stromabwärts. Wir selbst ritten gegen halb 8 Uhr fort und stiegen
unterhalb der Untiefen ein. Von der Flussmündung brachte uns
gegen Mittag des Königs Dampfer Little Eastern zu der über fünf
Seemeilen vom Ufer liegenden Corvette. Die Seefahrt auf den
Flussbooten ist gefährlich; noch vor Kurzem war ein solches auf
der Ueberfahrt nach der Mekloṅ-Mündung umgeschlagen. — Um
ein Uhr gelangten wir an Bord der Arkona und nahmen Abschied
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/363>, abgerufen am 16.07.2024.
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