sischen unterscheiden sich ihre Häuser durch ein gewölbtes Palm- dach, unter dem ein Altan vorspringt; aus Holz und Bambus gefügt stehen sie auf hohen Pfählen, zwischen denen zur heissen Tages- zeit Schaaren nackter Kinder in trauter Gemeinschaft ihrer grun- zenden Hausthiere zu lagern pflegten. Die Gestalt der Laos ist untersetzter als die der Siamesen, ihr Antlitz runder und voller. Das glänzende schwarze Haar wallt bei den Männern in dichten Massen über die Schultern; die Frauen schlingen es auf der Scheitel in einen Knoten; ihr Ausdruck ist milde und träumerisch, die Züge oft angenehm. Wir besuchten mehrfach diese Ansiedlung und durchstreiften auf den königlichen Rossen, -- kleinen feurigen Hengsten, -- die Ebene nach allen Richtungen. Zum Schlossberg führte eine gerade gepflasterte Strasse; auch anderwärts durch- schneiden aufgeschüttete Wege das umliegende Gebiet.
Unter Führung des zweiten Gouverneurs ritt Graf Eulenburg in den kühlen Morgenstunden des 22. Februar nach einer etwa eine Meile entfernten Kalksteinhöhle. -- Die vielfach gewundene Felsen- treppe führt in eine tiefe Kluft hinab, die sich oben zusammen- wölbt; da fällt plötzlich der Blick durch mächtige Tropfsteinbogen in einen zauberhaft erhellten Felsensaal. Die Stufen werden schlüpfrig und breiter; das Wasser tropft von colossalen Stalaktiten herab, und am Boden erheben sich, gleich weissen verschleierten Bildsäulen, wachsende Stalagmiten; von oben und unten schreitet der Pfeilerbau langsam vorwärts, bis die Spitzen zusammenwachsen; dann setzt der Kalksinter sich an den Seiten ab und verstärkt die Dicke. Einige Stützen von beträchtlichem Umfang sind fertig, und das Wasser baut fleissig weiter. -- Aus der Tageshelle herabstei- gend, muss man das Auge erst an das ungewisse Halbdunkel ge- wöhnen, das sich rückwärts in schwarze Finsterniss vertieft. Unter einem Tropfsteingewölbe am Eingang ist ein Sarcophag aus dem Felsen gehauen; daneben hängt an metallener Kette eine Glocke. Am ebenen Boden der Höhle, aus den Spalten und Nischen der überhangenden Wände schimmern Goldgötzen, Glocken und weiss- getünchte Thürmchen, theils grell beleuchtet vom einströmenden Himmelslicht, theils in gespenstischen Duft gehüllt; die Wirkung ist um so schlagender, als man sich, tief in den Felsen versenkt, den Glanz nicht erklären kann. Nur auf einem kleinen Raum ist der Himmel durch die thurmhohen überhangenden Wände sichtbar; doch werfen die zerklüfteten Massen das Licht mit tausend Flächen
Petšaburi. XXII.
sischen unterscheiden sich ihre Häuser durch ein gewölbtes Palm- dach, unter dem ein Altan vorspringt; aus Holz und Bambus gefügt stehen sie auf hohen Pfählen, zwischen denen zur heissen Tages- zeit Schaaren nackter Kinder in trauter Gemeinschaft ihrer grun- zenden Hausthiere zu lagern pflegten. Die Gestalt der Laos ist untersetzter als die der Siamesen, ihr Antlitz runder und voller. Das glänzende schwarze Haar wallt bei den Männern in dichten Massen über die Schultern; die Frauen schlingen es auf der Scheitel in einen Knoten; ihr Ausdruck ist milde und träumerisch, die Züge oft angenehm. Wir besuchten mehrfach diese Ansiedlung und durchstreiften auf den königlichen Rossen, — kleinen feurigen Hengsten, — die Ebene nach allen Richtungen. Zum Schlossberg führte eine gerade gepflasterte Strasse; auch anderwärts durch- schneiden aufgeschüttete Wege das umliegende Gebiet.
Unter Führung des zweiten Gouverneurs ritt Graf Eulenburg in den kühlen Morgenstunden des 22. Februar nach einer etwa eine Meile entfernten Kalksteinhöhle. — Die vielfach gewundene Felsen- treppe führt in eine tiefe Kluft hinab, die sich oben zusammen- wölbt; da fällt plötzlich der Blick durch mächtige Tropfsteinbogen in einen zauberhaft erhellten Felsensaal. Die Stufen werden schlüpfrig und breiter; das Wasser tropft von colossalen Stalaktiten herab, und am Boden erheben sich, gleich weissen verschleierten Bildsäulen, wachsende Stalagmiten; von oben und unten schreitet der Pfeilerbau langsam vorwärts, bis die Spitzen zusammenwachsen; dann setzt der Kalksinter sich an den Seiten ab und verstärkt die Dicke. Einige Stützen von beträchtlichem Umfang sind fertig, und das Wasser baut fleissig weiter. — Aus der Tageshelle herabstei- gend, muss man das Auge erst an das ungewisse Halbdunkel ge- wöhnen, das sich rückwärts in schwarze Finsterniss vertieft. Unter einem Tropfsteingewölbe am Eingang ist ein Sarcophag aus dem Felsen gehauen; daneben hängt an metallener Kette eine Glocke. Am ebenen Boden der Höhle, aus den Spalten und Nischen der überhangenden Wände schimmern Goldgötzen, Glocken und weiss- getünchte Thürmchen, theils grell beleuchtet vom einströmenden Himmelslicht, theils in gespenstischen Duft gehüllt; die Wirkung ist um so schlagender, als man sich, tief in den Felsen versenkt, den Glanz nicht erklären kann. Nur auf einem kleinen Raum ist der Himmel durch die thurmhohen überhangenden Wände sichtbar; doch werfen die zerklüfteten Massen das Licht mit tausend Flächen
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Petšaburi. XXII.
sischen unterscheiden sich ihre Häuser durch ein gewölbtes Palm-
dach, unter dem ein Altan vorspringt; aus Holz und Bambus gefügt
stehen sie auf hohen Pfählen, zwischen denen zur heissen Tages-
zeit Schaaren nackter Kinder in trauter Gemeinschaft ihrer grun-
zenden Hausthiere zu lagern pflegten. Die Gestalt der Laos ist
untersetzter als die der Siamesen, ihr Antlitz runder und voller.
Das glänzende schwarze Haar wallt bei den Männern in dichten
Massen über die Schultern; die Frauen schlingen es auf der Scheitel
in einen Knoten; ihr Ausdruck ist milde und träumerisch, die Züge
oft angenehm. Wir besuchten mehrfach diese Ansiedlung und
durchstreiften auf den königlichen Rossen, — kleinen feurigen
Hengsten, — die Ebene nach allen Richtungen. Zum Schlossberg
führte eine gerade gepflasterte Strasse; auch anderwärts durch-
schneiden aufgeschüttete Wege das umliegende Gebiet.
Unter Führung des zweiten Gouverneurs ritt Graf Eulenburg
in den kühlen Morgenstunden des 22. Februar nach einer etwa eine
Meile entfernten Kalksteinhöhle. — Die vielfach gewundene Felsen-
treppe führt in eine tiefe Kluft hinab, die sich oben zusammen-
wölbt; da fällt plötzlich der Blick durch mächtige Tropfsteinbogen
in einen zauberhaft erhellten Felsensaal. Die Stufen werden
schlüpfrig und breiter; das Wasser tropft von colossalen Stalaktiten
herab, und am Boden erheben sich, gleich weissen verschleierten
Bildsäulen, wachsende Stalagmiten; von oben und unten schreitet
der Pfeilerbau langsam vorwärts, bis die Spitzen zusammenwachsen;
dann setzt der Kalksinter sich an den Seiten ab und verstärkt die
Dicke. Einige Stützen von beträchtlichem Umfang sind fertig, und
das Wasser baut fleissig weiter. — Aus der Tageshelle herabstei-
gend, muss man das Auge erst an das ungewisse Halbdunkel ge-
wöhnen, das sich rückwärts in schwarze Finsterniss vertieft. Unter
einem Tropfsteingewölbe am Eingang ist ein Sarcophag aus dem
Felsen gehauen; daneben hängt an metallener Kette eine Glocke.
Am ebenen Boden der Höhle, aus den Spalten und Nischen der
überhangenden Wände schimmern Goldgötzen, Glocken und weiss-
getünchte Thürmchen, theils grell beleuchtet vom einströmenden
Himmelslicht, theils in gespenstischen Duft gehüllt; die Wirkung
ist um so schlagender, als man sich, tief in den Felsen versenkt,
den Glanz nicht erklären kann. Nur auf einem kleinen Raum ist
der Himmel durch die thurmhohen überhangenden Wände sichtbar;
doch werfen die zerklüfteten Massen das Licht mit tausend Flächen
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/362>, abgerufen am 16.02.2025.
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