rungen. Er übergab seine für des Königs von Preussen Majestät bestimmten Gaben dem Gesandten und überreichte demselben als Andenken einen getriebenen silbernen mit Gold eingelegten Cigar- renkasten. Den Commodore versprach der Zweite König in den nächsten Tagen auf der Rhede zu besuchen.
Nachmittags fuhr Graf Eulenburg zum Ersten König, welcher ihm an der Thür der grossen Audienzhalle entgegenkam, ein dort auf goldener Schale liegendes schwarz gesiegeltes und in schwarzen Stoff gehülltes Schreiben zeigte und in seiner Gegenwart eigen- händig die Adresse darauf schrieb: To His Majesty the King of Prussia. Seiner Majestät Bildniss war in der Audienzhalle auf- gehängt. Der König führte uns dann über viele Treppen und Corridore nach einem im modernsten französischen Geschmack ein- gerichteten Zimmer mit grossen Spiegeln und Möbelbezügen von geblümter Seide, schenkte den üblichen Sherry ein, während die Kinder Cigarren vertheilten, verehrte dem Gesandten ein nach seiner Angabe gearbeitetes goldenes Dintenfass und sprach den dringenden Wunsch aus, dass diese seine Erfindung in Europa all- gemein bekannt werde. -- In die Audienzhalle zurückgekehrt, zeigte der König noch den Mechanismus eines fast drei Fuss langen, in einer der Thüren aufgestellten englischen Hinterladegeschützes und feuerte mit eigener Hand mehrere Platzpatronen daraus ab.
Unterdessen hatte sich im Hofraum eine prächtige Procession mit Musik und Fahnen aufgestellt. Der siamesische Despot stieg auf einen Altan und setzte die Goldschale mit seinem Brief auf einen Thronsessel, auf dem sie, von einem weissgekleideten Herold gehalten, durch viele Träger in feierlichem Zuge nach dem Lan- dungsplatz gebracht wurde. -- Graf Eulenburg verabschiedete sich mit dem Ausdruck des wärmsten Dankes für die ihm bereitete gast- liche Aufnahme.
Wir waren etwa eine halbe Stunde zu Hause, als die Boots- processionen mit den Schreiben der beiden Könige eintrafen, welche der Gesandte auf dem Altan seiner Wohnung entgegennahm.
Nach kaum zweimonatlichem Aufenthalt in Siam über dessen Einrichtungen und Zustände abzusprechen wäre vermessen; selbst bei längerem Verweilen und Kenntniss der Landessprache muss
IV. 21
XXII. Abschiedsaudienzen.
rungen. Er übergab seine für des Königs von Preussen Majestät bestimmten Gaben dem Gesandten und überreichte demselben als Andenken einen getriebenen silbernen mit Gold eingelegten Cigar- renkasten. Den Commodore versprach der Zweite König in den nächsten Tagen auf der Rhede zu besuchen.
Nachmittags fuhr Graf Eulenburg zum Ersten König, welcher ihm an der Thür der grossen Audienzhalle entgegenkam, ein dort auf goldener Schale liegendes schwarz gesiegeltes und in schwarzen Stoff gehülltes Schreiben zeigte und in seiner Gegenwart eigen- händig die Adresse darauf schrieb: To His Majesty the King of Prussia. Seiner Majestät Bildniss war in der Audienzhalle auf- gehängt. Der König führte uns dann über viele Treppen und Corridore nach einem im modernsten französischen Geschmack ein- gerichteten Zimmer mit grossen Spiegeln und Möbelbezügen von geblümter Seide, schenkte den üblichen Sherry ein, während die Kinder Cigarren vertheilten, verehrte dem Gesandten ein nach seiner Angabe gearbeitetes goldenes Dintenfass und sprach den dringenden Wunsch aus, dass diese seine Erfindung in Europa all- gemein bekannt werde. — In die Audienzhalle zurückgekehrt, zeigte der König noch den Mechanismus eines fast drei Fuss langen, in einer der Thüren aufgestellten englischen Hinterladegeschützes und feuerte mit eigener Hand mehrere Platzpatronen daraus ab.
Unterdessen hatte sich im Hofraum eine prächtige Procession mit Musik und Fahnen aufgestellt. Der siamesische Despot stieg auf einen Altan und setzte die Goldschale mit seinem Brief auf einen Thronsessel, auf dem sie, von einem weissgekleideten Herold gehalten, durch viele Träger in feierlichem Zuge nach dem Lan- dungsplatz gebracht wurde. — Graf Eulenburg verabschiedete sich mit dem Ausdruck des wärmsten Dankes für die ihm bereitete gast- liche Aufnahme.
Wir waren etwa eine halbe Stunde zu Hause, als die Boots- processionen mit den Schreiben der beiden Könige eintrafen, welche der Gesandte auf dem Altan seiner Wohnung entgegennahm.
Nach kaum zweimonatlichem Aufenthalt in Siam über dessen Einrichtungen und Zustände abzusprechen wäre vermessen; selbst bei längerem Verweilen und Kenntniss der Landessprache muss
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XXII. Abschiedsaudienzen.
rungen. Er übergab seine für des Königs von Preussen Majestät
bestimmten Gaben dem Gesandten und überreichte demselben als
Andenken einen getriebenen silbernen mit Gold eingelegten Cigar-
renkasten. Den Commodore versprach der Zweite König in den
nächsten Tagen auf der Rhede zu besuchen.
Nachmittags fuhr Graf Eulenburg zum Ersten König, welcher
ihm an der Thür der grossen Audienzhalle entgegenkam, ein dort auf
goldener Schale liegendes schwarz gesiegeltes und in schwarzen
Stoff gehülltes Schreiben zeigte und in seiner Gegenwart eigen-
händig die Adresse darauf schrieb: To His Majesty the King of
Prussia. Seiner Majestät Bildniss war in der Audienzhalle auf-
gehängt. Der König führte uns dann über viele Treppen und
Corridore nach einem im modernsten französischen Geschmack ein-
gerichteten Zimmer mit grossen Spiegeln und Möbelbezügen von
geblümter Seide, schenkte den üblichen Sherry ein, während die
Kinder Cigarren vertheilten, verehrte dem Gesandten ein nach
seiner Angabe gearbeitetes goldenes Dintenfass und sprach den
dringenden Wunsch aus, dass diese seine Erfindung in Europa all-
gemein bekannt werde. — In die Audienzhalle zurückgekehrt, zeigte
der König noch den Mechanismus eines fast drei Fuss langen, in
einer der Thüren aufgestellten englischen Hinterladegeschützes und
feuerte mit eigener Hand mehrere Platzpatronen daraus ab.
Unterdessen hatte sich im Hofraum eine prächtige Procession
mit Musik und Fahnen aufgestellt. Der siamesische Despot stieg
auf einen Altan und setzte die Goldschale mit seinem Brief auf
einen Thronsessel, auf dem sie, von einem weissgekleideten Herold
gehalten, durch viele Träger in feierlichem Zuge nach dem Lan-
dungsplatz gebracht wurde. — Graf Eulenburg verabschiedete sich
mit dem Ausdruck des wärmsten Dankes für die ihm bereitete gast-
liche Aufnahme.
Wir waren etwa eine halbe Stunde zu Hause, als die Boots-
processionen mit den Schreiben der beiden Könige eintrafen,
welche der Gesandte auf dem Altan seiner Wohnung entgegennahm.
Nach kaum zweimonatlichem Aufenthalt in Siam über dessen
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/335>, abgerufen am 27.11.2024.
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