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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Unterzeichnung des Vertrages. XXII.
sche Text aber noch von zwei Missionaren zu collationiren seien;
da nun die Bevollmächtigten zunächst den Leichenfeierlichkeiten
für einen Bruder des Königs beiwohnen müssten, der folgende
Sonnabend auch kein glücklicher Tag wäre, so wünschte der Prinz
die Unterzeichnung noch eine Woche zu verschieben. Der Ge-
sandte erklärte dagegen, seine Zeit sei kurz gemessen, und bat um
Beschleunigung.

Am 6. Februar wohnte der Legationssecretär Pieschel beim
Prinzen Khroma-luan der Collationirung der Vertragsexemplare bei
und musste die beiden für Siam bestimmten Abschriften dort lassen,
da der treffliche Prinz erklärte, dass eine neue Collationirung statt-
finden müsse, wenn er dieselben aus den Händen gäbe. Die Unter-
zeichnung geschah am folgenden Tage. Morgens um neun Uhr
verfügten sich der Legationssecretär und die Attaches in des Prinzen
Palast, um die Vorbereitungen zu treffen; der Prinz erwartete sie
im offenen Pavillon am Flussufer, -- aber die anderen Commis-
sare, und noch schlimmer deren Secretäre fehlten, denen nicht nur
das Geschäft des Stempelns, sondern auch das Unterschreiben
zufiel, weil die Herren das so schön nicht konnten. Erst nach
einigen Stunden waren Alle versammelt und die Arbeit kam in
Gang; die grossen hölzernen Stempel wurden mit rother Farbe be-
strichen und die gegenseitige Stellung der Siegel verabredet. Da
aber der Prinz eben noch einen Contract für Salzlieferungen unter-
zeichnen musste, so kehrten die preussischen Diplomaten nach
Hause zurück, um zu frühstücken. -- Nachher fuhr mit dem Ge-
sandten auch Herr Bismark zum Prinzen und photographirte zuerst
jeden einzelnen Bevollmächtigten, dann eine Gruppe derselben, zu
der sich auch Graf Eulenburg setzte; des Verzuges müde, schüt-
telte Letzterer ungeduldig mit dem Kopf, und sass auf dem Bilde
ganz unkenntlich zwischen den langathmigen Siamesen.

Die zwölf Vertragsexemplare erhielten je dreimal Unter-
schrift und Siegel jedes Bevollmächtigten, -- für den Vertrag, die
Handelsbestimmungen und den Tarif, -- also im Ganzen 216 Siegel
und ebenso viele Unterschriften; ausserdem wurde das königliche
Siegel auf die zum Heften gebrauchte Seidenschnur gedrückt. Das
dauerte bis drei Uhr Nachmittags. Unterdessen plauderten, kauten
und spieen die Siamesen, -- Herren und Diener, -- nach Herzens-
lust. Das letzte Exemplar wurde unter den Klängen des Hohenfried-
berger Marsches und eines königlichen Salutes von der Uferbatterie

Unterzeichnung des Vertrages. XXII.
sche Text aber noch von zwei Missionaren zu collationiren seien;
da nun die Bevollmächtigten zunächst den Leichenfeierlichkeiten
für einen Bruder des Königs beiwohnen müssten, der folgende
Sonnabend auch kein glücklicher Tag wäre, so wünschte der Prinz
die Unterzeichnung noch eine Woche zu verschieben. Der Ge-
sandte erklärte dagegen, seine Zeit sei kurz gemessen, und bat um
Beschleunigung.

Am 6. Februar wohnte der Legationssecretär Pieschel beim
Prinzen Khroma-luaṅ der Collationirung der Vertragsexemplare bei
und musste die beiden für Siam bestimmten Abschriften dort lassen,
da der treffliche Prinz erklärte, dass eine neue Collationirung statt-
finden müsse, wenn er dieselben aus den Händen gäbe. Die Unter-
zeichnung geschah am folgenden Tage. Morgens um neun Uhr
verfügten sich der Legationssecretär und die Attachés in des Prinzen
Palast, um die Vorbereitungen zu treffen; der Prinz erwartete sie
im offenen Pavillon am Flussufer, — aber die anderen Commis-
sare, und noch schlimmer deren Secretäre fehlten, denen nicht nur
das Geschäft des Stempelns, sondern auch das Unterschreiben
zufiel, weil die Herren das so schön nicht konnten. Erst nach
einigen Stunden waren Alle versammelt und die Arbeit kam in
Gang; die grossen hölzernen Stempel wurden mit rother Farbe be-
strichen und die gegenseitige Stellung der Siegel verabredet. Da
aber der Prinz eben noch einen Contract für Salzlieferungen unter-
zeichnen musste, so kehrten die preussischen Diplomaten nach
Hause zurück, um zu frühstücken. — Nachher fuhr mit dem Ge-
sandten auch Herr Bismark zum Prinzen und photographirte zuerst
jeden einzelnen Bevollmächtigten, dann eine Gruppe derselben, zu
der sich auch Graf Eulenburg setzte; des Verzuges müde, schüt-
telte Letzterer ungeduldig mit dem Kopf, und sass auf dem Bilde
ganz unkenntlich zwischen den langathmigen Siamesen.

Die zwölf Vertragsexemplare erhielten je dreimal Unter-
schrift und Siegel jedes Bevollmächtigten, — für den Vertrag, die
Handelsbestimmungen und den Tarif, — also im Ganzen 216 Siegel
und ebenso viele Unterschriften; ausserdem wurde das königliche
Siegel auf die zum Heften gebrauchte Seidenschnur gedrückt. Das
dauerte bis drei Uhr Nachmittags. Unterdessen plauderten, kauten
und spieen die Siamesen, — Herren und Diener, — nach Herzens-
lust. Das letzte Exemplar wurde unter den Klängen des Hohenfried-
berger Marsches und eines königlichen Salutes von der Uferbatterie

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[314/0328] Unterzeichnung des Vertrages. XXII. sche Text aber noch von zwei Missionaren zu collationiren seien; da nun die Bevollmächtigten zunächst den Leichenfeierlichkeiten für einen Bruder des Königs beiwohnen müssten, der folgende Sonnabend auch kein glücklicher Tag wäre, so wünschte der Prinz die Unterzeichnung noch eine Woche zu verschieben. Der Ge- sandte erklärte dagegen, seine Zeit sei kurz gemessen, und bat um Beschleunigung. Am 6. Februar wohnte der Legationssecretär Pieschel beim Prinzen Khroma-luaṅ der Collationirung der Vertragsexemplare bei und musste die beiden für Siam bestimmten Abschriften dort lassen, da der treffliche Prinz erklärte, dass eine neue Collationirung statt- finden müsse, wenn er dieselben aus den Händen gäbe. Die Unter- zeichnung geschah am folgenden Tage. Morgens um neun Uhr verfügten sich der Legationssecretär und die Attachés in des Prinzen Palast, um die Vorbereitungen zu treffen; der Prinz erwartete sie im offenen Pavillon am Flussufer, — aber die anderen Commis- sare, und noch schlimmer deren Secretäre fehlten, denen nicht nur das Geschäft des Stempelns, sondern auch das Unterschreiben zufiel, weil die Herren das so schön nicht konnten. Erst nach einigen Stunden waren Alle versammelt und die Arbeit kam in Gang; die grossen hölzernen Stempel wurden mit rother Farbe be- strichen und die gegenseitige Stellung der Siegel verabredet. Da aber der Prinz eben noch einen Contract für Salzlieferungen unter- zeichnen musste, so kehrten die preussischen Diplomaten nach Hause zurück, um zu frühstücken. — Nachher fuhr mit dem Ge- sandten auch Herr Bismark zum Prinzen und photographirte zuerst jeden einzelnen Bevollmächtigten, dann eine Gruppe derselben, zu der sich auch Graf Eulenburg setzte; des Verzuges müde, schüt- telte Letzterer ungeduldig mit dem Kopf, und sass auf dem Bilde ganz unkenntlich zwischen den langathmigen Siamesen. Die zwölf Vertragsexemplare erhielten je dreimal Unter- schrift und Siegel jedes Bevollmächtigten, — für den Vertrag, die Handelsbestimmungen und den Tarif, — also im Ganzen 216 Siegel und ebenso viele Unterschriften; ausserdem wurde das königliche Siegel auf die zum Heften gebrauchte Seidenschnur gedrückt. Das dauerte bis drei Uhr Nachmittags. Unterdessen plauderten, kauten und spieen die Siamesen, — Herren und Diener, — nach Herzens- lust. Das letzte Exemplar wurde unter den Klängen des Hohenfried- berger Marsches und eines königlichen Salutes von der Uferbatterie

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/328>, abgerufen am 27.11.2024.