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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Der Vertrag. XXI.
sandten führte, begannen am 9. Januar. In wenig Tagen war
ein Einverständniss mit den Siamesen erzielt, welche bis auf einen
Punct auch alle vom Gesandten vorgeschlagenen Neuerungen wil-
lig zugestanden: nur die geforderten Erleichterungen für Erwer-
bung von Grundbesitz in Bankok erklärte Prinz Khroma-luan im
Namen aller anderen Commissare für durchaus unzulässig. Darauf
lud Graf Eulenburg sämmtliche Bevollmächtigten, die sonst nur
einzeln, zu zweien oder dreien zu erscheinen pflegten, auf den 20.
Januar zu einer Conferenz und zeigte ihnen die Gesichtspuncte, von
welchen jene Frage zu betrachten sei. Die Commissare erklärten,
den Sinn und die Berechtigung seiner Aeusserungen wohl begriffen
zu haben; aber der König allein könne über eine Frage entschei-
den, die ihn persönlich so nah berühre. Zur Benutzung bei dem
beabsichtigten Immediatvortrage übergab der Gesandte nun den
Commissaren eine Denkschrift, welche seine Forderung näher be-
leuchtete. Zunächst war darin volle Gegenseitigkeit beansprucht,
-- da ja Siamesen in Preussen ohne Beschränkung Ländereien
kaufen könnten. Der Wunsch des Königs, die Niederlassung der
Fremden in der Binnenstadt zu erschweren, wird als berechtigt
anerkannt, die Beschränkung ausserhalb der Mauern aber als ein
Zeichen des Misstrauens gegen die Fremden gedeutet, welches,
nachdem andere Verträge nun schon sechs Jahre gegolten hätten,
endlich der Ueberzeugung weichen sollte, dass die Ansiedlung von
Europäern in Bankok das Reich nicht gefährde. Die beste Bürg-
schaft für Erhaltung der Freundschaft zwischen zwei Völkern bestehe
darin, dass jedes im Gebiete des anderen viel Ländereien besitze;
fremde Truppen allein hätten Shang-hae gegen die Rebellen ge-
schützt; kein Fremder komme nach Bankok mit der Absicht über
zehn Jahre zu bleiben; könnten sie erst nach dieser Frist Grund-
besitz erwerben, so würden sie fortbleiben; die erleuchtete siame-
sische Regierung beweise aber durch ihr Verhalten, dass sie die
ihr aus der Berührung mit der europäischen Civilisation erwach-
senden Vortheile wohl zu schätzen wisse, und werde den Fremden
gewiss nicht die Rechte versagen, die sie in Japan und China hätten,
obgleich die dermaligen Regierungen jener Reiche keineswegs so
günstig vom Völkerverkehr dächten.

Die Gründe schlugen durch: der König gab die Erwerbung
von Grundbesitz ausserhalb der Binnenstadt und einem kleinen der-
selben am rechten Stromufer gegenüberliegenden Bezirk ohne Be-

Der Vertrag. XXI.
sandten führte, begannen am 9. Januar. In wenig Tagen war
ein Einverständniss mit den Siamesen erzielt, welche bis auf einen
Punct auch alle vom Gesandten vorgeschlagenen Neuerungen wil-
lig zugestanden: nur die geforderten Erleichterungen für Erwer-
bung von Grundbesitz in Baṅkok erklärte Prinz Khroma-luaṅ im
Namen aller anderen Commissare für durchaus unzulässig. Darauf
lud Graf Eulenburg sämmtliche Bevollmächtigten, die sonst nur
einzeln, zu zweien oder dreien zu erscheinen pflegten, auf den 20.
Januar zu einer Conferenz und zeigte ihnen die Gesichtspuncte, von
welchen jene Frage zu betrachten sei. Die Commissare erklärten,
den Sinn und die Berechtigung seiner Aeusserungen wohl begriffen
zu haben; aber der König allein könne über eine Frage entschei-
den, die ihn persönlich so nah berühre. Zur Benutzung bei dem
beabsichtigten Immediatvortrage übergab der Gesandte nun den
Commissaren eine Denkschrift, welche seine Forderung näher be-
leuchtete. Zunächst war darin volle Gegenseitigkeit beansprucht,
— da ja Siamesen in Preussen ohne Beschränkung Ländereien
kaufen könnten. Der Wunsch des Königs, die Niederlassung der
Fremden in der Binnenstadt zu erschweren, wird als berechtigt
anerkannt, die Beschränkung ausserhalb der Mauern aber als ein
Zeichen des Misstrauens gegen die Fremden gedeutet, welches,
nachdem andere Verträge nun schon sechs Jahre gegolten hätten,
endlich der Ueberzeugung weichen sollte, dass die Ansiedlung von
Europäern in Baṅkok das Reich nicht gefährde. Die beste Bürg-
schaft für Erhaltung der Freundschaft zwischen zwei Völkern bestehe
darin, dass jedes im Gebiete des anderen viel Ländereien besitze;
fremde Truppen allein hätten Shang-hae gegen die Rebellen ge-
schützt; kein Fremder komme nach Baṅkok mit der Absicht über
zehn Jahre zu bleiben; könnten sie erst nach dieser Frist Grund-
besitz erwerben, so würden sie fortbleiben; die erleuchtete siame-
sische Regierung beweise aber durch ihr Verhalten, dass sie die
ihr aus der Berührung mit der europäischen Civilisation erwach-
senden Vortheile wohl zu schätzen wisse, und werde den Fremden
gewiss nicht die Rechte versagen, die sie in Japan und China hätten,
obgleich die dermaligen Regierungen jener Reiche keineswegs so
günstig vom Völkerverkehr dächten.

Die Gründe schlugen durch: der König gab die Erwerbung
von Grundbesitz ausserhalb der Binnenstadt und einem kleinen der-
selben am rechten Stromufer gegenüberliegenden Bezirk ohne Be-

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[302/0316] Der Vertrag. XXI. sandten führte, begannen am 9. Januar. In wenig Tagen war ein Einverständniss mit den Siamesen erzielt, welche bis auf einen Punct auch alle vom Gesandten vorgeschlagenen Neuerungen wil- lig zugestanden: nur die geforderten Erleichterungen für Erwer- bung von Grundbesitz in Baṅkok erklärte Prinz Khroma-luaṅ im Namen aller anderen Commissare für durchaus unzulässig. Darauf lud Graf Eulenburg sämmtliche Bevollmächtigten, die sonst nur einzeln, zu zweien oder dreien zu erscheinen pflegten, auf den 20. Januar zu einer Conferenz und zeigte ihnen die Gesichtspuncte, von welchen jene Frage zu betrachten sei. Die Commissare erklärten, den Sinn und die Berechtigung seiner Aeusserungen wohl begriffen zu haben; aber der König allein könne über eine Frage entschei- den, die ihn persönlich so nah berühre. Zur Benutzung bei dem beabsichtigten Immediatvortrage übergab der Gesandte nun den Commissaren eine Denkschrift, welche seine Forderung näher be- leuchtete. Zunächst war darin volle Gegenseitigkeit beansprucht, — da ja Siamesen in Preussen ohne Beschränkung Ländereien kaufen könnten. Der Wunsch des Königs, die Niederlassung der Fremden in der Binnenstadt zu erschweren, wird als berechtigt anerkannt, die Beschränkung ausserhalb der Mauern aber als ein Zeichen des Misstrauens gegen die Fremden gedeutet, welches, nachdem andere Verträge nun schon sechs Jahre gegolten hätten, endlich der Ueberzeugung weichen sollte, dass die Ansiedlung von Europäern in Baṅkok das Reich nicht gefährde. Die beste Bürg- schaft für Erhaltung der Freundschaft zwischen zwei Völkern bestehe darin, dass jedes im Gebiete des anderen viel Ländereien besitze; fremde Truppen allein hätten Shang-hae gegen die Rebellen ge- schützt; kein Fremder komme nach Baṅkok mit der Absicht über zehn Jahre zu bleiben; könnten sie erst nach dieser Frist Grund- besitz erwerben, so würden sie fortbleiben; die erleuchtete siame- sische Regierung beweise aber durch ihr Verhalten, dass sie die ihr aus der Berührung mit der europäischen Civilisation erwach- senden Vortheile wohl zu schätzen wisse, und werde den Fremden gewiss nicht die Rechte versagen, die sie in Japan und China hätten, obgleich die dermaligen Regierungen jener Reiche keineswegs so günstig vom Völkerverkehr dächten. Die Gründe schlugen durch: der König gab die Erwerbung von Grundbesitz ausserhalb der Binnenstadt und einem kleinen der- selben am rechten Stromufer gegenüberliegenden Bezirk ohne Be-

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/316>, abgerufen am 24.11.2024.