gewänder abgelegt; er schenkte wieder Jedem ein Gläschen Sherry ein und trank die Gesundheit Seiner Majestät des Königs von Preussen, die wir mit dreifachem Hurra begleiteten; dann reichte er Jedem eine Cigarre und zündete selbst eine an. Die Kinder be- wegten sich zutraulich unter den Gästen und sorgten, dass keiner vergessen würde. Das Musikcorps der Arkona durfte im innersten Hof einige Stücke spielen und wurde vom König inspicirt; zum Abschied reichte er uns Allen die Hand. Es dunkelte schon, bei Fackelschein kehrten wir zu den Booten zurück.
Als der Gesandte am folgenden Tag beim schwimmenden Hause des Khroma-luan vorbeifuhr, theilte ihm Dieser seine Ernen- nung zum ersten Bevollmächtigten für die Vertragsverhandlungen mit: der König habe ihn aus diesem Anlass ausdrücklich zur Audienz entbieten lassen, die er seiner durch den Schlagfluss verursachten Unbehülflichkeit im Liegen und Kriechen wegen gern vermieden hätte. -- Nachmittags erhielt Graf Eulenburg den Besuch eines einflussreichen Halb-Siamesen, des 74jährigen Pasquale Ribeiro de Alvergeria oder Phya Wizet Son Kram. Der Sohn eines por- tugiesischen Abkömmlings und einer Siamesin kleidete sich euro- päisch, hatte den Rang eines siamesischen Generals und wurde vom König als das Haupt aller katholischen Landesbewohner behandelt. Don Pasquale Son Kram erschien offenbar im Auftrag des Königs, redete viel von der Wichtigkeit, welche die Freund- schaft des neutralen Preussen für Siam gegenüber seinen beiden Grenznachbarn habe, und erschöpfte sich im Lobe der preussi- schen Truppen.
Abends war Concert beim Phra-klan, der seine Gäste mit Liqueuren bewirthete. Das Orchester bildeten etwa zwanzig junge Mädchen mit ähnlichen Instrumenten wie die früher beschriebenen; ausser dem Saron trugen sie nur einen Crepe-Shawl über die eine Schulter geschlungen. Sie spielten auswendig zwei volle Stunden lang siamesische, birmanische, cochinchinesische, Laos, Kamboja Stücke und begleiteten sich zuweilen mit Gesang. Zuletzt wurden auf Geigen auch europäische Melodieen und der Yankeedoodle, natürlich sehr unvollkommen vorgetragen. Die anderen Productionen klangen etwas eintönig und gaben ebensowenig einen Begriff von den nationalen Weisen jener Stämme, als das Spiel des königlichen und anderer vornehmen Orchester. Echte Musik hörte man nur bei einem in Ungnade gefallenen Capellmeister, nach dessen schwim-
XXI. Besuche.
gewänder abgelegt; er schenkte wieder Jedem ein Gläschen Sherry ein und trank die Gesundheit Seiner Majestät des Königs von Preussen, die wir mit dreifachem Hurra begleiteten; dann reichte er Jedem eine Cigarre und zündete selbst eine an. Die Kinder be- wegten sich zutraulich unter den Gästen und sorgten, dass keiner vergessen würde. Das Musikcorps der Arkona durfte im innersten Hof einige Stücke spielen und wurde vom König inspicirt; zum Abschied reichte er uns Allen die Hand. Es dunkelte schon, bei Fackelschein kehrten wir zu den Booten zurück.
Als der Gesandte am folgenden Tag beim schwimmenden Hause des Khroma-luaṅ vorbeifuhr, theilte ihm Dieser seine Ernen- nung zum ersten Bevollmächtigten für die Vertragsverhandlungen mit: der König habe ihn aus diesem Anlass ausdrücklich zur Audienz entbieten lassen, die er seiner durch den Schlagfluss verursachten Unbehülflichkeit im Liegen und Kriechen wegen gern vermieden hätte. — Nachmittags erhielt Graf Eulenburg den Besuch eines einflussreichen Halb-Siamesen, des 74jährigen Pasquale Ribeiro de Alvergeria oder Phya Wizet Soṅ Kram. Der Sohn eines por- tugiesischen Abkömmlings und einer Siamesin kleidete sich euro- päisch, hatte den Rang eines siamesischen Generals und wurde vom König als das Haupt aller katholischen Landesbewohner behandelt. Don Pasquale Soṅ Kram erschien offenbar im Auftrag des Königs, redete viel von der Wichtigkeit, welche die Freund- schaft des neutralen Preussen für Siam gegenüber seinen beiden Grenznachbarn habe, und erschöpfte sich im Lobe der preussi- schen Truppen.
Abends war Concert beim Phra-klaṅ, der seine Gäste mit Liqueuren bewirthete. Das Orchester bildeten etwa zwanzig junge Mädchen mit ähnlichen Instrumenten wie die früher beschriebenen; ausser dem Saroṅ trugen sie nur einen Crêpe-Shawl über die eine Schulter geschlungen. Sie spielten auswendig zwei volle Stunden lang siamesische, birmanische, cochinchinesische, Laos, Kamboǰa Stücke und begleiteten sich zuweilen mit Gesang. Zuletzt wurden auf Geigen auch europäische Melodieen und der Yankeedoodle, natürlich sehr unvollkommen vorgetragen. Die anderen Productionen klangen etwas eintönig und gaben ebensowenig einen Begriff von den nationalen Weisen jener Stämme, als das Spiel des königlichen und anderer vornehmen Orchester. Echte Musik hörte man nur bei einem in Ungnade gefallenen Capellmeister, nach dessen schwim-
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ein und trank die Gesundheit Seiner Majestät des Königs von
Preussen, die wir mit dreifachem Hurra begleiteten; dann reichte
er Jedem eine Cigarre und zündete selbst eine an. Die Kinder be-
wegten sich zutraulich unter den Gästen und sorgten, dass keiner
vergessen würde. Das Musikcorps der Arkona durfte im innersten
Hof einige Stücke spielen und wurde vom König inspicirt; zum
Abschied reichte er uns Allen die Hand. Es dunkelte schon, bei
Fackelschein kehrten wir zu den Booten zurück.
Als der Gesandte am folgenden Tag beim schwimmenden
Hause des Khroma-luaṅ vorbeifuhr, theilte ihm Dieser seine Ernen-
nung zum ersten Bevollmächtigten für die Vertragsverhandlungen
mit: der König habe ihn aus diesem Anlass ausdrücklich zur Audienz
entbieten lassen, die er seiner durch den Schlagfluss verursachten
Unbehülflichkeit im Liegen und Kriechen wegen gern vermieden
hätte. — Nachmittags erhielt Graf Eulenburg den Besuch eines
einflussreichen Halb-Siamesen, des 74jährigen Pasquale Ribeiro
de Alvergeria oder Phya Wizet Soṅ Kram. Der Sohn eines por-
tugiesischen Abkömmlings und einer Siamesin kleidete sich euro-
päisch, hatte den Rang eines siamesischen Generals und wurde
vom König als das Haupt aller katholischen Landesbewohner
behandelt. Don Pasquale Soṅ Kram erschien offenbar im Auftrag
des Königs, redete viel von der Wichtigkeit, welche die Freund-
schaft des neutralen Preussen für Siam gegenüber seinen beiden
Grenznachbarn habe, und erschöpfte sich im Lobe der preussi-
schen Truppen.
Abends war Concert beim Phra-klaṅ, der seine Gäste mit
Liqueuren bewirthete. Das Orchester bildeten etwa zwanzig junge
Mädchen mit ähnlichen Instrumenten wie die früher beschriebenen;
ausser dem Saroṅ trugen sie nur einen Crêpe-Shawl über die eine
Schulter geschlungen. Sie spielten auswendig zwei volle Stunden
lang siamesische, birmanische, cochinchinesische, Laos, Kamboǰa
Stücke und begleiteten sich zuweilen mit Gesang. Zuletzt wurden
auf Geigen auch europäische Melodieen und der Yankeedoodle,
natürlich sehr unvollkommen vorgetragen. Die anderen Productionen
klangen etwas eintönig und gaben ebensowenig einen Begriff von
den nationalen Weisen jener Stämme, als das Spiel des königlichen
und anderer vornehmen Orchester. Echte Musik hörte man nur
bei einem in Ungnade gefallenen Capellmeister, nach dessen schwim-
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/285>, abgerufen am 19.07.2024.
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