tirter sechsjähriger Sohn des Ersten Königs da, der lustig seine grosse Cigarre rauchte. -- Den Phra-klan oder Minister des Aus- wärtigen besuchte der Gesandte an demselben Tage; seine Einrich- tung war weniger reich und geschmackvoll als die des Kalahum, aber besser gehalten, als die des Khroma-luan. Er erschöpfte sich wieder in Freundschaftsbetheuerungen und Entschuldigungen wegen der ungenügenden Aufnahme.
Vom Ersten König kam ein Schreiben in englischer Sprache: ob Graf Eulenburg nur Vollmachten zum Abschluss des Vertrages, oder auch ein Schreiben Seiner Majestät des Königs von Preussen zu überreichen habe. Der Brief war schwarz gerandet und meldete am Schluss, dass der König um seine "Royal queen consort" trauere. -- Der Zweite König liess dem Gesandten sagen, dass Un- wohlsein ihn leider verhindere, denselben schriftlich oder persönlich willkommen zu heissen. -- Dieser diplomatische Schnupfen ist ein stehendes Attribut der Zweiten Könige, welche dem regierenden keinen Anlass zu Eifersucht geben dürfen; er währte damals bis kurz vor des Gesandten Abreise.
Am 24. December Nachmittags fuhr Graf Eulenburg mit dem Legationssecretär und den Attaches zur Privataudienz beim Ersten König. Der Phra-klan empfing ihn am Thor des Palastes; in einer Halle wurde die übliche halbe Stunde gewartet. Unterdessen zogen drei Compagnieen Soldaten vorbei, mit Percussionsgewehren, schwar- zen, grünen und blauen Jacken, weissen Beinkleidern und nackten Füssen; ein französiches Trompetensignal kündigte sie an.
Aus dem Wartesaal wurden der Gesandte und seine Begleiter in den Hof des europäisch gebauten Wohnpalastes geführt. Auf einem Seitenflügel steht "Royal Museum", ferner "Protect this museum" und "Respect this ordinance". Zur Wohnung steigt eine doppelte Freitreppe hinan. Der König empfing seine Gäste an der Thür, reichte jedem die Hand, führte sie in ein weites Gemach von hübschen Verhältnissen, liess sie neben sich an einem grossen Tische Platz nehmen und schenkte aus einer auf vergoldetem Ge- stell stehenden Flasche Jedem ein Glas Sherry ein. Nachher wurde guter Caffee gereicht. -- Den Boden des Zimmers deckte ein rother Teppich, Wände und Plafond waren getäfelt; auf Tischen und in offenen Schränken ringsum standen Planetarien, Globen, astrono- mische und physikalische Instrumente. In der Vorhalle und hinter unseren Stühlen krochen und lagen vornehme Beamten, Hofleute
Audienz beim Ersten König. XXI.
tirter sechsjähriger Sohn des Ersten Königs da, der lustig seine grosse Cigarre rauchte. — Den Phra-klaṅ oder Minister des Aus- wärtigen besuchte der Gesandte an demselben Tage; seine Einrich- tung war weniger reich und geschmackvoll als die des Kalahum, aber besser gehalten, als die des Khroma-luaṅ. Er erschöpfte sich wieder in Freundschaftsbetheuerungen und Entschuldigungen wegen der ungenügenden Aufnahme.
Vom Ersten König kam ein Schreiben in englischer Sprache: ob Graf Eulenburg nur Vollmachten zum Abschluss des Vertrages, oder auch ein Schreiben Seiner Majestät des Königs von Preussen zu überreichen habe. Der Brief war schwarz gerandet und meldete am Schluss, dass der König um seine »Royal queen consort« trauere. — Der Zweite König liess dem Gesandten sagen, dass Un- wohlsein ihn leider verhindere, denselben schriftlich oder persönlich willkommen zu heissen. — Dieser diplomatische Schnupfen ist ein stehendes Attribut der Zweiten Könige, welche dem regierenden keinen Anlass zu Eifersucht geben dürfen; er währte damals bis kurz vor des Gesandten Abreise.
Am 24. December Nachmittags fuhr Graf Eulenburg mit dem Legationssecretär und den Attachés zur Privataudienz beim Ersten König. Der Phra-klaṅ empfing ihn am Thor des Palastes; in einer Halle wurde die übliche halbe Stunde gewartet. Unterdessen zogen drei Compagnieen Soldaten vorbei, mit Percussionsgewehren, schwar- zen, grünen und blauen Jacken, weissen Beinkleidern und nackten Füssen; ein französiches Trompetensignal kündigte sie an.
Aus dem Wartesaal wurden der Gesandte und seine Begleiter in den Hof des europäisch gebauten Wohnpalastes geführt. Auf einem Seitenflügel steht »Royal Museum«, ferner »Protect this museum« und »Respect this ordinance«. Zur Wohnung steigt eine doppelte Freitreppe hinan. Der König empfing seine Gäste an der Thür, reichte jedem die Hand, führte sie in ein weites Gemach von hübschen Verhältnissen, liess sie neben sich an einem grossen Tische Platz nehmen und schenkte aus einer auf vergoldetem Ge- stell stehenden Flasche Jedem ein Glas Sherry ein. Nachher wurde guter Caffee gereicht. — Den Boden des Zimmers deckte ein rother Teppich, Wände und Plafond waren getäfelt; auf Tischen und in offenen Schränken ringsum standen Planetarien, Globen, astrono- mische und physikalische Instrumente. In der Vorhalle und hinter unseren Stühlen krochen und lagen vornehme Beamten, Hofleute
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Audienz beim Ersten König. XXI.
tirter sechsjähriger Sohn des Ersten Königs da, der lustig seine
grosse Cigarre rauchte. — Den Phra-klaṅ oder Minister des Aus-
wärtigen besuchte der Gesandte an demselben Tage; seine Einrich-
tung war weniger reich und geschmackvoll als die des Kalahum,
aber besser gehalten, als die des Khroma-luaṅ. Er erschöpfte
sich wieder in Freundschaftsbetheuerungen und Entschuldigungen
wegen der ungenügenden Aufnahme.
Vom Ersten König kam ein Schreiben in englischer Sprache:
ob Graf Eulenburg nur Vollmachten zum Abschluss des Vertrages,
oder auch ein Schreiben Seiner Majestät des Königs von Preussen
zu überreichen habe. Der Brief war schwarz gerandet und meldete
am Schluss, dass der König um seine »Royal queen consort«
trauere. — Der Zweite König liess dem Gesandten sagen, dass Un-
wohlsein ihn leider verhindere, denselben schriftlich oder persönlich
willkommen zu heissen. — Dieser diplomatische Schnupfen ist ein
stehendes Attribut der Zweiten Könige, welche dem regierenden
keinen Anlass zu Eifersucht geben dürfen; er währte damals bis
kurz vor des Gesandten Abreise.
Am 24. December Nachmittags fuhr Graf Eulenburg mit dem
Legationssecretär und den Attachés zur Privataudienz beim Ersten
König. Der Phra-klaṅ empfing ihn am Thor des Palastes; in einer
Halle wurde die übliche halbe Stunde gewartet. Unterdessen zogen
drei Compagnieen Soldaten vorbei, mit Percussionsgewehren, schwar-
zen, grünen und blauen Jacken, weissen Beinkleidern und nackten
Füssen; ein französiches Trompetensignal kündigte sie an.
Aus dem Wartesaal wurden der Gesandte und seine Begleiter
in den Hof des europäisch gebauten Wohnpalastes geführt. Auf
einem Seitenflügel steht »Royal Museum«, ferner »Protect this
museum« und »Respect this ordinance«. Zur Wohnung steigt eine
doppelte Freitreppe hinan. Der König empfing seine Gäste an der
Thür, reichte jedem die Hand, führte sie in ein weites Gemach
von hübschen Verhältnissen, liess sie neben sich an einem grossen
Tische Platz nehmen und schenkte aus einer auf vergoldetem Ge-
stell stehenden Flasche Jedem ein Glas Sherry ein. Nachher wurde
guter Caffee gereicht. — Den Boden des Zimmers deckte ein rother
Teppich, Wände und Plafond waren getäfelt; auf Tischen und in
offenen Schränken ringsum standen Planetarien, Globen, astrono-
mische und physikalische Instrumente. In der Vorhalle und hinter
unseren Stühlen krochen und lagen vornehme Beamten, Hofleute
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/276>, abgerufen am 18.07.2024.
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