Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.XXI. Besuche. Elbe segelte schon am 24. December nach Singapore. Der Boots-verkehr mit der Rhede war so lebhaft, dass meist gegen funfzig Matrosen und Seesoldaten auf den breiten Veranden hausten. Dort wurden unzählige Cocosnüsse mit und ohne Arrac ausgetrunken; die Seeleute schwelgten leichtsinnig in Tropengenüssen und hatten die Folgen zu tragen. Chinesische, siamesische Diener oder einen un- glücklichen Affen neckend, schmausend und Karten spielend pflegten sie in bunten Gruppen unter dem schattigem Dach vor unseren Zimmern zu lagern, eine lustige, oft lärmende Brüderschaft. Am 22. December schickte der Phra-klan früh Morgens einen Am 23. December fuhr der Gesandte mit dem Legationssecretär 17*
XXI. Besuche. Elbe segelte schon am 24. December nach Singapore. Der Boots-verkehr mit der Rhede war so lebhaft, dass meist gegen funfzig Matrosen und Seesoldaten auf den breiten Veranden hausten. Dort wurden unzählige Cocosnüsse mit und ohne Arrac ausgetrunken; die Seeleute schwelgten leichtsinnig in Tropengenüssen und hatten die Folgen zu tragen. Chinesische, siamesische Diener oder einen un- glücklichen Affen neckend, schmausend und Karten spielend pflegten sie in bunten Gruppen unter dem schattigem Dach vor unseren Zimmern zu lagern, eine lustige, oft lärmende Brüderschaft. Am 22. December schickte der Phra-klaṅ früh Morgens einen Am 23. December fuhr der Gesandte mit dem Legationssecretär 17*
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XXI. Besuche.
Elbe segelte schon am 24. December nach Singapore. Der Boots-
verkehr mit der Rhede war so lebhaft, dass meist gegen funfzig
Matrosen und Seesoldaten auf den breiten Veranden hausten. Dort
wurden unzählige Cocosnüsse mit und ohne Arrac ausgetrunken; die
Seeleute schwelgten leichtsinnig in Tropengenüssen und hatten die
Folgen zu tragen. Chinesische, siamesische Diener oder einen un-
glücklichen Affen neckend, schmausend und Karten spielend pflegten
sie in bunten Gruppen unter dem schattigem Dach vor unseren
Zimmern zu lagern, eine lustige, oft lärmende Brüderschaft.
Am 22. December schickte der Phra-klaṅ früh Morgens einen
seiner vielen Brüder, nach dem Befinden des Gesandten zu fragen,
und erschien gegen Mittag selbst in ähnlicher Tracht wie Tages
zuvor. Er bat Graf Eulenburg, der ihm den Zweck seiner Sendung
schon amtlich angezeigt hatte, seine Ankunft schriftlich den beiden
Königen zu melden, was noch denselben Tag geschah. Nachmittags
kamen vom Ersten Könige, dem Prinzen Khroma-luaṅ und dem
Phra-klan Körbe voll Orangen, Bananen, Cocosnüsse, auch Fleisch-
würste, Süssigkeiten und würzig duftende Blumenkränze, deren der
König nachher dem Gesandten fast täglich schickte. — Seine Absicht,
den Prinzen Khroma-luaṅ und den ersten Minister oder Kalahum
zu besuchen musste Graf Eulenburg für diesen Tag aufgeben, da
der als Dolmetsch fungirende Mr. Smith von den sonntäglichen
Pflichten seines geistlichen Berufes in Anspruch genommen wurde;
der Gesandte entschuldigte sich deshalb schriftlich in englischer
Sprache. Der nahe wohnende Prinz fuhr darauf sofort in seinem
Boote vor und liess um Verzeihung bitten, dass er die Treppen
nicht steigen könne; worauf Graf Eulenburg hinabging und im Boote
ein langes Gespräch mit ihm hatte. Prinz Khroma-luaṅ schien
durch den Schlagfluss an geistigen Fähigkeiten nicht gelitten zu
haben; er sprach sehr lebendig und freundlich, bat den Gesandten
frei über ihn selbst und sein Haus zu verfügen und ja keinen
Wunsch zu verschweigen, äusserte auch die Hoffnung, für den
preussischen Vertrag, wie für alle früher geschlossenen, zum Be-
vollmächtigten ernannt zu werden. Den Attaché Grafen zu Eulen-
burg entführte der Prinz zu einem Besuch beim Kalahum, dessen
Vorbereitungen zu seiner Geburtstagsfeier er sehn wollte.
Am 23. December fuhr der Gesandte mit dem Legationssecretär
und den Attachés nach des Prinzen schwimmendem Hause. Ueber
einer Thür der Vorhalle prangten die goldenen Initialen H. R. H.
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