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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Ankunft in Bankok.

Die weitere Fahrt war anmuthig wie jede tropische Fluss-
reise. Zwar spähte man vergebens nach den erwarteten Crocodilen
und Affen; doch belebten Luft und Wasser und das Uferdickicht
dichte Schaaren von Reihern und Raubvögeln; hier und da er-
glänzte das bunte Gefieder eines Eisvogels oder Papageien. -- Nah
der Flussmündung steht ein befestigter Tempel mitten im Strom;
das rechte Ufer säumt, im Dickicht versteckt, bis Unter-Paklat
hinauf eine lange Reihe alter Schanzen, die nur theilweise armirt
sind. Oberhalb dieses Fleckens macht das Strombett einen grossen
Umweg, der durch enge Flussarme abgeschnitten wird: durch diese
gelangen Ruderboote in kürzerer Zeit von Unter- nach Ober-
Paklat, als die schnellsten Dampfer auf dem Strom. Hellgrüne
Zuckerpflanzungen und heimliche Dörfchen liegen im Uferdickicht
ausgestreut; meist stehen die Häuser auf hohen Pfählen am Wasser,
zu welchem Leitern hinabführen. Tausend Boote furchen pfeil-
schnell den Strom, Fischerbarken und Dschunken treiben Ebbe und
Fluth benutzend auf- oder abwärts.

Das Abendlicht malte die reichen Pflanzengebilde in schär-
feren Gruppen; mächtige Tempeldächer, schlanke Spitzen und
Thürmchen und gefiederte Palmenwipfel zeichneten in der kurzen
Dämmerung vielversprechend die zierlichsten Silhouetten am hell-
glänzenden Himmel. Leider dunkelte es schon, als der Volant Ban-
kok
erreichte. Bunte Laternen und Pechfeuer markirten die langen
Reihen der schwimmenden Häuser; am Ufer standen hohe Stangen
mit Leuchten zu Verscheuchung der bösen Geister. Bald nach
sechs ankerte der Volant vor dem Gesandtschaftshause; an die
Landungsbrücke konnte der Ebbe wegen nicht angelegt werden,
hier war unter Ehrenpforten aus Palmen und Pisang die siame-
sische Dienerschaft mit Fackeln aufgestellt. -- Prinz Khroma-luan
holte selbst in seinem Boot den Gesandten vom Dampfer ab. Bald
darauf sassen wir alle an einer reichbesetzten Tafel, die der
Phra-klan im Gesandtschaftshause hatte decken lassen.


Bankok, die Stadt der wilden Oelbäume, oder, wie sie in
den königlichen Archiven heisst, des königlichen unüberwindlichen
schönen Erzengels, ist einer der merkwürdigsten Plätze des Erden-
rundes. Man denke sich einen mächtigen, in starken Windungen

XXI. Ankunft in Baṅkok.

Die weitere Fahrt war anmuthig wie jede tropische Fluss-
reise. Zwar spähte man vergebens nach den erwarteten Crocodilen
und Affen; doch belebten Luft und Wasser und das Uferdickicht
dichte Schaaren von Reihern und Raubvögeln; hier und da er-
glänzte das bunte Gefieder eines Eisvogels oder Papageien. — Nah
der Flussmündung steht ein befestigter Tempel mitten im Strom;
das rechte Ufer säumt, im Dickicht versteckt, bis Unter-Paklat
hinauf eine lange Reihe alter Schanzen, die nur theilweise armirt
sind. Oberhalb dieses Fleckens macht das Strombett einen grossen
Umweg, der durch enge Flussarme abgeschnitten wird: durch diese
gelangen Ruderboote in kürzerer Zeit von Unter- nach Ober-
Paklat, als die schnellsten Dampfer auf dem Strom. Hellgrüne
Zuckerpflanzungen und heimliche Dörfchen liegen im Uferdickicht
ausgestreut; meist stehen die Häuser auf hohen Pfählen am Wasser,
zu welchem Leitern hinabführen. Tausend Boote furchen pfeil-
schnell den Strom, Fischerbarken und Dschunken treiben Ebbe und
Fluth benutzend auf- oder abwärts.

Das Abendlicht malte die reichen Pflanzengebilde in schär-
feren Gruppen; mächtige Tempeldächer, schlanke Spitzen und
Thürmchen und gefiederte Palmenwipfel zeichneten in der kurzen
Dämmerung vielversprechend die zierlichsten Silhouetten am hell-
glänzenden Himmel. Leider dunkelte es schon, als der Volant Baṅ-
kok
erreichte. Bunte Laternen und Pechfeuer markirten die langen
Reihen der schwimmenden Häuser; am Ufer standen hohe Stangen
mit Leuchten zu Verscheuchung der bösen Geister. Bald nach
sechs ankerte der Volant vor dem Gesandtschaftshause; an die
Landungsbrücke konnte der Ebbe wegen nicht angelegt werden,
hier war unter Ehrenpforten aus Palmen und Pisang die siame-
sische Dienerschaft mit Fackeln aufgestellt. — Prinz Khroma-luaṅ
holte selbst in seinem Boot den Gesandten vom Dampfer ab. Bald
darauf sassen wir alle an einer reichbesetzten Tafel, die der
Phra-klaṅ im Gesandtschaftshause hatte decken lassen.


Baṅkok, die Stadt der wilden Oelbäume, oder, wie sie in
den königlichen Archiven heisst, des königlichen unüberwindlichen
schönen Erzengels, ist einer der merkwürdigsten Plätze des Erden-
rundes. Man denke sich einen mächtigen, in starken Windungen

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[253/0267] XXI. Ankunft in Baṅkok. Die weitere Fahrt war anmuthig wie jede tropische Fluss- reise. Zwar spähte man vergebens nach den erwarteten Crocodilen und Affen; doch belebten Luft und Wasser und das Uferdickicht dichte Schaaren von Reihern und Raubvögeln; hier und da er- glänzte das bunte Gefieder eines Eisvogels oder Papageien. — Nah der Flussmündung steht ein befestigter Tempel mitten im Strom; das rechte Ufer säumt, im Dickicht versteckt, bis Unter-Paklat hinauf eine lange Reihe alter Schanzen, die nur theilweise armirt sind. Oberhalb dieses Fleckens macht das Strombett einen grossen Umweg, der durch enge Flussarme abgeschnitten wird: durch diese gelangen Ruderboote in kürzerer Zeit von Unter- nach Ober- Paklat, als die schnellsten Dampfer auf dem Strom. Hellgrüne Zuckerpflanzungen und heimliche Dörfchen liegen im Uferdickicht ausgestreut; meist stehen die Häuser auf hohen Pfählen am Wasser, zu welchem Leitern hinabführen. Tausend Boote furchen pfeil- schnell den Strom, Fischerbarken und Dschunken treiben Ebbe und Fluth benutzend auf- oder abwärts. Das Abendlicht malte die reichen Pflanzengebilde in schär- feren Gruppen; mächtige Tempeldächer, schlanke Spitzen und Thürmchen und gefiederte Palmenwipfel zeichneten in der kurzen Dämmerung vielversprechend die zierlichsten Silhouetten am hell- glänzenden Himmel. Leider dunkelte es schon, als der Volant Baṅ- kok erreichte. Bunte Laternen und Pechfeuer markirten die langen Reihen der schwimmenden Häuser; am Ufer standen hohe Stangen mit Leuchten zu Verscheuchung der bösen Geister. Bald nach sechs ankerte der Volant vor dem Gesandtschaftshause; an die Landungsbrücke konnte der Ebbe wegen nicht angelegt werden, hier war unter Ehrenpforten aus Palmen und Pisang die siame- sische Dienerschaft mit Fackeln aufgestellt. — Prinz Khroma-luaṅ holte selbst in seinem Boot den Gesandten vom Dampfer ab. Bald darauf sassen wir alle an einer reichbesetzten Tafel, die der Phra-klaṅ im Gesandtschaftshause hatte decken lassen. Baṅkok, die Stadt der wilden Oelbäume, oder, wie sie in den königlichen Archiven heisst, des königlichen unüberwindlichen schönen Erzengels, ist einer der merkwürdigsten Plätze des Erden- rundes. Man denke sich einen mächtigen, in starken Windungen

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/267>, abgerufen am 25.11.2024.