kannte aber mit hellem Blick, dass der Handel durch Befreiung von Monopolen und Sicherung auf fester gesetzlicher Basis zum Vortheil aller Betheiligten gedeihen und wachsen müsse. Zu- dem gestaltete sich damals das Verhältniss zum Auslande wesent- lich anders: England rückte durch seine hinterindischen Erwer- bungen 1852 und 1853 bis an die Westgrenze des siamesischen Reiches vor und eignete sich Landstriche an, die einst dazu ge- hört hatten.
So wurde denn Sir John Bowring, der 1855 als Gesandter der Königin Victoria nach Bankok ging, nicht nur mit allen dem Botschafter einer Grossmacht gebührenden Ehren, sondern vom König persönlich mit herzlicher Freundschaft behandelt. Bei der feierlichen Audienz erregte eine einzige Frage Anstoss: die Briten sollten trotz der Gala ihre Degen ablegen, da das Waffentragen in des Königs Gegenwart in Siam ungesetzlich sei. Sir John Bowring berief sich jedoch auf die Botschafter Ludwigs XIV. und siegte auch in diesem Punct. -- Bei den Vertragsberathungen trat der energische Kalahum, obgleich vieles Neue und Unerhörte verlangt wurde, wie es scheint aus Ueberzeugung auf des Gesandten Seite und brach, unterstützt vom Prinzen Khroma-luan, mit eiserner Faust den Widerstand der mächtigsten Grossen. Am 18. April 1855 wurde in Bankok ein Vertrag unterzeichnet, welcher den Engländern vollen Schutz und freien Handelsverkehr im ganzen Reiche, die consularische Vertretung und Gerichtsbarkeit, die Erlaubniss, im Gebiete von Bankok Grundstücke zu kaufen, Häuser und Kirchen zu bauen, und mit Pässen ihrer Consuln im ganzen Lande zu reisen gewährte. Die Hafengebühren wurden abgeschafft und ein mässiger Tarif der Ein- und Ausfuhrsteuern festgestellt. Die Clausel der meistbegünstigten Nation sicherte den Briten alle künftig in anderen Verträgen zu gewährenden Rechte. -- Mr. Parkes, der im Frühjahr 1856 den ratificirten Vertrag nach Bankok brachte, bearbeitete mit den siamesischen Commissaren noch einige Erklärungen und Zusätze, welche demselben mit bindender Kraft angefügt wurden.
Nach dem Muster dieses englischen schlossen in den folgen- den Jahren die Vertreter der anderen Seemächte ohne Schwierigkeit ihre Verträge. König Maha-monkut und sein kluger Minister suchten die Freundschaft der Fremden und begriffen den Vortheil vertragsmässiger Beziehungen zu möglichst vielen civilisirten Staaten. Sass doch Siam nach der Mediatisirung von Birma im Westen und
kannte aber mit hellem Blick, dass der Handel durch Befreiung von Monopolen und Sicherung auf fester gesetzlicher Basis zum Vortheil aller Betheiligten gedeihen und wachsen müsse. Zu- dem gestaltete sich damals das Verhältniss zum Auslande wesent- lich anders: England rückte durch seine hinterindischen Erwer- bungen 1852 und 1853 bis an die Westgrenze des siamesischen Reiches vor und eignete sich Landstriche an, die einst dazu ge- hört hatten.
So wurde denn Sir John Bowring, der 1855 als Gesandter der Königin Victoria nach Baṅkok ging, nicht nur mit allen dem Botschafter einer Grossmacht gebührenden Ehren, sondern vom König persönlich mit herzlicher Freundschaft behandelt. Bei der feierlichen Audienz erregte eine einzige Frage Anstoss: die Briten sollten trotz der Gala ihre Degen ablegen, da das Waffentragen in des Königs Gegenwart in Siam ungesetzlich sei. Sir John Bowring berief sich jedoch auf die Botschafter Ludwigs XIV. und siegte auch in diesem Punct. — Bei den Vertragsberathungen trat der energische Kalahum, obgleich vieles Neue und Unerhörte verlangt wurde, wie es scheint aus Ueberzeugung auf des Gesandten Seite und brach, unterstützt vom Prinzen Khroma-luaṅ, mit eiserner Faust den Widerstand der mächtigsten Grossen. Am 18. April 1855 wurde in Baṅkok ein Vertrag unterzeichnet, welcher den Engländern vollen Schutz und freien Handelsverkehr im ganzen Reiche, die consularische Vertretung und Gerichtsbarkeit, die Erlaubniss, im Gebiete von Baṅkok Grundstücke zu kaufen, Häuser und Kirchen zu bauen, und mit Pässen ihrer Consuln im ganzen Lande zu reisen gewährte. Die Hafengebühren wurden abgeschafft und ein mässiger Tarif der Ein- und Ausfuhrsteuern festgestellt. Die Clausel der meistbegünstigten Nation sicherte den Briten alle künftig in anderen Verträgen zu gewährenden Rechte. — Mr. Parkes, der im Frühjahr 1856 den ratificirten Vertrag nach Baṅkok brachte, bearbeitete mit den siamesischen Commissaren noch einige Erklärungen und Zusätze, welche demselben mit bindender Kraft angefügt wurden.
Nach dem Muster dieses englischen schlossen in den folgen- den Jahren die Vertreter der anderen Seemächte ohne Schwierigkeit ihre Verträge. König Maha-moṅkut und sein kluger Minister suchten die Freundschaft der Fremden und begriffen den Vortheil vertragsmässiger Beziehungen zu möglichst vielen civilisirten Staaten. Sass doch Siam nach der Mediatisirung von Birma im Westen und
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Sir John Bowring. XXI.
kannte aber mit hellem Blick, dass der Handel durch Befreiung
von Monopolen und Sicherung auf fester gesetzlicher Basis zum
Vortheil aller Betheiligten gedeihen und wachsen müsse. Zu-
dem gestaltete sich damals das Verhältniss zum Auslande wesent-
lich anders: England rückte durch seine hinterindischen Erwer-
bungen 1852 und 1853 bis an die Westgrenze des siamesischen
Reiches vor und eignete sich Landstriche an, die einst dazu ge-
hört hatten.
So wurde denn Sir John Bowring, der 1855 als Gesandter
der Königin Victoria nach Baṅkok ging, nicht nur mit allen dem
Botschafter einer Grossmacht gebührenden Ehren, sondern vom
König persönlich mit herzlicher Freundschaft behandelt. Bei der
feierlichen Audienz erregte eine einzige Frage Anstoss: die Briten
sollten trotz der Gala ihre Degen ablegen, da das Waffentragen in
des Königs Gegenwart in Siam ungesetzlich sei. Sir John Bowring
berief sich jedoch auf die Botschafter Ludwigs XIV. und siegte
auch in diesem Punct. — Bei den Vertragsberathungen trat der
energische Kalahum, obgleich vieles Neue und Unerhörte verlangt
wurde, wie es scheint aus Ueberzeugung auf des Gesandten Seite
und brach, unterstützt vom Prinzen Khroma-luaṅ, mit eiserner
Faust den Widerstand der mächtigsten Grossen. Am 18. April 1855
wurde in Baṅkok ein Vertrag unterzeichnet, welcher den Engländern
vollen Schutz und freien Handelsverkehr im ganzen Reiche, die
consularische Vertretung und Gerichtsbarkeit, die Erlaubniss, im
Gebiete von Baṅkok Grundstücke zu kaufen, Häuser und Kirchen
zu bauen, und mit Pässen ihrer Consuln im ganzen Lande zu reisen
gewährte. Die Hafengebühren wurden abgeschafft und ein mässiger
Tarif der Ein- und Ausfuhrsteuern festgestellt. Die Clausel der
meistbegünstigten Nation sicherte den Briten alle künftig in anderen
Verträgen zu gewährenden Rechte. — Mr. Parkes, der im Frühjahr
1856 den ratificirten Vertrag nach Baṅkok brachte, bearbeitete mit
den siamesischen Commissaren noch einige Erklärungen und Zusätze,
welche demselben mit bindender Kraft angefügt wurden.
Nach dem Muster dieses englischen schlossen in den folgen-
den Jahren die Vertreter der anderen Seemächte ohne Schwierigkeit
ihre Verträge. König Maha-moṅkut und sein kluger Minister
suchten die Freundschaft der Fremden und begriffen den Vortheil
vertragsmässiger Beziehungen zu möglichst vielen civilisirten Staaten.
Sass doch Siam nach der Mediatisirung von Birma im Westen und
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/264>, abgerufen am 17.07.2024.
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