weit Phaulkon, den sie als hochbegeisteten Glaubenshelden preisen, ihren Einfluss wirklich oder nur scheinbar förderte, ist unklar; man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass er nach beiden Seiten eine Maske trug.
Im Februar 1669 kam De Bourges mit fünf französischen Missionaren, im Mai 1673 Monseigneur Palu nach Siam zurück, der 1665 von da nach Rom und Paris gereist war. Sie brachten päpst- liche Bullen mit ausgedehnten Vollmachten und bedeutende Geld- summen mit. Der Bischof von Beyrut hatte unterdessen eine Reise nach Cochinchina gemacht und Gemeinden in verschiedenen Lan- destheilen gestiftet; die Missionen wuchsen und blühten unter dem mächtigen Schutz des Königs und seines Ministers, deren Gunst frisch genährt wurde durch Briefe Clemens IX. und Ludwig XIV., welche Monseigneur Palu erwirkt hatte. Beide schmeicheln der persönlichen und nationalen Eitelkeit des Königs, danken für die den Missionaren erwiesene Grossmuth und bitten um Schutz gegen deren Feinde. Aufforderungen zur Bekehrung enthalten diese Schreiben nicht; nur sagt der Papst am Schluss mit feiner Wen- dung, dass er Gott Tag und Nacht anfleht, den König mit dem Lichte der Wahrheit zu erleuchten, damit, nachdem er lange auf Erden regiert habe, "er auch ewig im Himmel regieren möchte". -- Der Brief des französischen Königs war gegengezeichnet von Colbert. -- Phra-Narai nahm diese Schreiben unter grossen Feierlichkeiten ent- gegen, äusserte den Wunsch, Gesandte nach Europa zu schicken, und erschöpfte sich in Gnaden gegen die Missionare. Der Zudrang zu ihren Schulen wuchs, als der König seinen Unterthanen den Ueber- tritt zum Christenthum durch öffentliches Decret erlaubte. Der Bischof von Beyrut, der die Arbeit mit den Seinen nicht zwingen konnte, sandte damals, um Gehülfen bittend, einen Boten nach den Klöstern in Manila; auch aus Frankreich kam beständig Zuzug. Eine neue Gunsterweisung des französischen Hofes scheint bewirkt zu haben, dass Phra-Narai seinen Unterthanen 1677 sogar den Besuch der Götzentempel untersagte. -- Die Abreise der siamesischen Gesandt- schaft nach Europa verzögerte der Krieg zwischen Frankreich und Holland bis 1680; erst auf die Nachricht vom Frieden zu Nymwegen wagten sich wieder französische Schiffe auf die indischen Meere.
Das Fahrzeug mit den Gesandten und reichen Geschenken des siamesischen Königs muss damals untergegangen sein; es blieb seit dem Augenblick seiner Abfahrt verschollen.
XXI. Französische Missionare.
weit Phaulkon, den sie als hochbegeisteten Glaubenshelden preisen, ihren Einfluss wirklich oder nur scheinbar förderte, ist unklar; man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass er nach beiden Seiten eine Maske trug.
Im Februar 1669 kam De Bourges mit fünf französischen Missionaren, im Mai 1673 Monseigneur Palu nach Siam zurück, der 1665 von da nach Rom und Paris gereist war. Sie brachten päpst- liche Bullen mit ausgedehnten Vollmachten und bedeutende Geld- summen mit. Der Bischof von Beyrut hatte unterdessen eine Reise nach Cochinchina gemacht und Gemeinden in verschiedenen Lan- destheilen gestiftet; die Missionen wuchsen und blühten unter dem mächtigen Schutz des Königs und seines Ministers, deren Gunst frisch genährt wurde durch Briefe Clemens IX. und Ludwig XIV., welche Monseigneur Palu erwirkt hatte. Beide schmeicheln der persönlichen und nationalen Eitelkeit des Königs, danken für die den Missionaren erwiesene Grossmuth und bitten um Schutz gegen deren Feinde. Aufforderungen zur Bekehrung enthalten diese Schreiben nicht; nur sagt der Papst am Schluss mit feiner Wen- dung, dass er Gott Tag und Nacht anfleht, den König mit dem Lichte der Wahrheit zu erleuchten, damit, nachdem er lange auf Erden regiert habe, »er auch ewig im Himmel regieren möchte«. — Der Brief des französischen Königs war gegengezeichnet von Colbert. — Phra-Narai nahm diese Schreiben unter grossen Feierlichkeiten ent- gegen, äusserte den Wunsch, Gesandte nach Europa zu schicken, und erschöpfte sich in Gnaden gegen die Missionare. Der Zudrang zu ihren Schulen wuchs, als der König seinen Unterthanen den Ueber- tritt zum Christenthum durch öffentliches Decret erlaubte. Der Bischof von Beyrut, der die Arbeit mit den Seinen nicht zwingen konnte, sandte damals, um Gehülfen bittend, einen Boten nach den Klöstern in Manila; auch aus Frankreich kam beständig Zuzug. Eine neue Gunsterweisung des französischen Hofes scheint bewirkt zu haben, dass Phra-Narai seinen Unterthanen 1677 sogar den Besuch der Götzentempel untersagte. — Die Abreise der siamesischen Gesandt- schaft nach Europa verzögerte der Krieg zwischen Frankreich und Holland bis 1680; erst auf die Nachricht vom Frieden zu Nymwegen wagten sich wieder französische Schiffe auf die indischen Meere.
Das Fahrzeug mit den Gesandten und reichen Geschenken des siamesischen Königs muss damals untergegangen sein; es blieb seit dem Augenblick seiner Abfahrt verschollen.
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weit Phaulkon, den sie als hochbegeisteten Glaubenshelden preisen,
ihren Einfluss wirklich oder nur scheinbar förderte, ist unklar;
man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass er nach beiden
Seiten eine Maske trug.
Im Februar 1669 kam De Bourges mit fünf französischen
Missionaren, im Mai 1673 Monseigneur Palu nach Siam zurück, der
1665 von da nach Rom und Paris gereist war. Sie brachten päpst-
liche Bullen mit ausgedehnten Vollmachten und bedeutende Geld-
summen mit. Der Bischof von Beyrut hatte unterdessen eine Reise
nach Cochinchina gemacht und Gemeinden in verschiedenen Lan-
destheilen gestiftet; die Missionen wuchsen und blühten unter dem
mächtigen Schutz des Königs und seines Ministers, deren Gunst
frisch genährt wurde durch Briefe Clemens IX. und Ludwig XIV.,
welche Monseigneur Palu erwirkt hatte. Beide schmeicheln der
persönlichen und nationalen Eitelkeit des Königs, danken für die
den Missionaren erwiesene Grossmuth und bitten um Schutz gegen
deren Feinde. Aufforderungen zur Bekehrung enthalten diese
Schreiben nicht; nur sagt der Papst am Schluss mit feiner Wen-
dung, dass er Gott Tag und Nacht anfleht, den König mit dem
Lichte der Wahrheit zu erleuchten, damit, nachdem er lange auf
Erden regiert habe, »er auch ewig im Himmel regieren möchte«. — Der
Brief des französischen Königs war gegengezeichnet von Colbert. —
Phra-Narai nahm diese Schreiben unter grossen Feierlichkeiten ent-
gegen, äusserte den Wunsch, Gesandte nach Europa zu schicken,
und erschöpfte sich in Gnaden gegen die Missionare. Der Zudrang zu
ihren Schulen wuchs, als der König seinen Unterthanen den Ueber-
tritt zum Christenthum durch öffentliches Decret erlaubte. Der Bischof
von Beyrut, der die Arbeit mit den Seinen nicht zwingen konnte,
sandte damals, um Gehülfen bittend, einen Boten nach den Klöstern
in Manila; auch aus Frankreich kam beständig Zuzug. Eine neue
Gunsterweisung des französischen Hofes scheint bewirkt zu haben,
dass Phra-Narai seinen Unterthanen 1677 sogar den Besuch der
Götzentempel untersagte. — Die Abreise der siamesischen Gesandt-
schaft nach Europa verzögerte der Krieg zwischen Frankreich und
Holland bis 1680; erst auf die Nachricht vom Frieden zu Nymwegen
wagten sich wieder französische Schiffe auf die indischen Meere.
Das Fahrzeug mit den Gesandten und reichen Geschenken
des siamesischen Königs muss damals untergegangen sein; es blieb
seit dem Augenblick seiner Abfahrt verschollen.
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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