wortlichkeit die Gründe im Einzelnen darzulegen, welche, wie sie glau- ben, gegen seine Anwendung sprechen.
Mehr als zweihundert Jahre sind verflossen seit Aufrichtung des Reiches durch Sun-tsi und der Gründung des Tempels der Ahnen. Jetzt, da eine Zeit allgemeiner Noth und Bedrängniss eingetreten, ist es von der äussersten Wichtigkeit, dass die Gemüther des Volkes ruhig erhalten werden. Wenn aber Deine Majestät eine so ungewöhn- liche Reise in einem Augenblick unternimmt, da das Anrücken der aus- wärtigen Barbaren bevorsteht, so ist das eine Sache, welche die äusserste Bestürzung und Verwirrung erregen muss. Die täglichen Nachrichten von der gewaltsamen Wegnahme vieler Karren und Wagen an der Landstrasse hat schon viel Unruhe bei der Bevölkerung er- weckt; wenn aber Deine Majestät abreisen sollte, so würde eine Reihe von Unordnungen entstehen. Eine so gewaltige Störung der Ahnen- und Schutzgeister, wie diese willkürliche Herausforderung der Gefahr, muss gewiss später bittere aber unfruchtbare Reue im Gemüthe Deiner Majestät erzeugen. Diese Erwägungen bilden den ersten Grund, welchen Deine Minister gegen das Unternehmen der Jagdreise an- führen möchten.
Die herbstliche Jagdreise wurde bis jetzt unternommen, wenn die Gelegenheit günstig schien, und nur in Perioden der Ruhe; in dieser Art war es eine Einrichtung unserer erhabenen Dynastie. Jetzt aber, da die Barbaren Unruhen erregen, da die Rebellen sich über das Land verbreiten, sieht das ganze Volk sowohl in der Hauptstadt als in den Provinzen auf Deine Majestät, die am Sitze der Regierung ge- genwärtig ist, als den Mittelpunct, von dem die Maassregeln der Staats- leitung und die Aufrechthaltung der Autorität und Ordnung ausgehen müssen. Diese plötzliche Abreise ohne irgend einen sichtbaren Zweck wird, obgleich eine Jagdreise genannt, den Anschein einer Flucht haben. Nicht allein wird sie dahin wirken, die Entschlossenheit der Truppen und ihrer Officiere in der Nähe der Hauptstadt zu erschüttern, sondern auch die Commandeure der verschiedenen Armeen in der Ferne werden mit Zweifel und Bestürzung erfüllt werden. Auch ist unzweifelhaft, dass die Nachricht davon den Muth der Rebellen sehr erhöhen wird. So müssen alle grossen Interessen des Reiches, vielleicht über die Möglichkeit der Rettung hinaus gefährdet werden. Darin liegt der zweite Grund unserer Bedenken gegen die Reise.
Die kaiserliche Residenz ist sicher bewacht und der ehrwürdige Sitz der Majestät. Ein Augenblick wie der gegenwärtige, in welchem es dem Herrscher besonders ziemt darin zu bleiben, ist nicht geeignet einen Jagdzug vorzuschlagen. Zudem kann man, wenn überall Tumult
XIX. Denkschriften gegen des Kaisers Flucht.
wortlichkeit die Gründe im Einzelnen darzulegen, welche, wie sie glau- ben, gegen seine Anwendung sprechen.
Mehr als zweihundert Jahre sind verflossen seit Aufrichtung des Reiches durch Šun-tši und der Gründung des Tempels der Ahnen. Jetzt, da eine Zeit allgemeiner Noth und Bedrängniss eingetreten, ist es von der äussersten Wichtigkeit, dass die Gemüther des Volkes ruhig erhalten werden. Wenn aber Deine Majestät eine so ungewöhn- liche Reise in einem Augenblick unternimmt, da das Anrücken der aus- wärtigen Barbaren bevorsteht, so ist das eine Sache, welche die äusserste Bestürzung und Verwirrung erregen muss. Die täglichen Nachrichten von der gewaltsamen Wegnahme vieler Karren und Wagen an der Landstrasse hat schon viel Unruhe bei der Bevölkerung er- weckt; wenn aber Deine Majestät abreisen sollte, so würde eine Reihe von Unordnungen entstehen. Eine so gewaltige Störung der Ahnen- und Schutzgeister, wie diese willkürliche Herausforderung der Gefahr, muss gewiss später bittere aber unfruchtbare Reue im Gemüthe Deiner Majestät erzeugen. Diese Erwägungen bilden den ersten Grund, welchen Deine Minister gegen das Unternehmen der Jagdreise an- führen möchten.
Die herbstliche Jagdreise wurde bis jetzt unternommen, wenn die Gelegenheit günstig schien, und nur in Perioden der Ruhe; in dieser Art war es eine Einrichtung unserer erhabenen Dynastie. Jetzt aber, da die Barbaren Unruhen erregen, da die Rebellen sich über das Land verbreiten, sieht das ganze Volk sowohl in der Hauptstadt als in den Provinzen auf Deine Majestät, die am Sitze der Regierung ge- genwärtig ist, als den Mittelpunct, von dem die Maassregeln der Staats- leitung und die Aufrechthaltung der Autorität und Ordnung ausgehen müssen. Diese plötzliche Abreise ohne irgend einen sichtbaren Zweck wird, obgleich eine Jagdreise genannt, den Anschein einer Flucht haben. Nicht allein wird sie dahin wirken, die Entschlossenheit der Truppen und ihrer Officiere in der Nähe der Hauptstadt zu erschüttern, sondern auch die Commandeure der verschiedenen Armeen in der Ferne werden mit Zweifel und Bestürzung erfüllt werden. Auch ist unzweifelhaft, dass die Nachricht davon den Muth der Rebellen sehr erhöhen wird. So müssen alle grossen Interessen des Reiches, vielleicht über die Möglichkeit der Rettung hinaus gefährdet werden. Darin liegt der zweite Grund unserer Bedenken gegen die Reise.
Die kaiserliche Residenz ist sicher bewacht und der ehrwürdige Sitz der Majestät. Ein Augenblick wie der gegenwärtige, in welchem es dem Herrscher besonders ziemt darin zu bleiben, ist nicht geeignet einen Jagdzug vorzuschlagen. Zudem kann man, wenn überall Tumult
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XIX. Denkschriften gegen des Kaisers Flucht.
wortlichkeit die Gründe im Einzelnen darzulegen, welche, wie sie glau-
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Mehr als zweihundert Jahre sind verflossen seit Aufrichtung
des Reiches durch Šun-tši und der Gründung des Tempels der Ahnen.
Jetzt, da eine Zeit allgemeiner Noth und Bedrängniss eingetreten, ist
es von der äussersten Wichtigkeit, dass die Gemüther des Volkes
ruhig erhalten werden. Wenn aber Deine Majestät eine so ungewöhn-
liche Reise in einem Augenblick unternimmt, da das Anrücken der aus-
wärtigen Barbaren bevorsteht, so ist das eine Sache, welche die
äusserste Bestürzung und Verwirrung erregen muss. Die täglichen
Nachrichten von der gewaltsamen Wegnahme vieler Karren und Wagen
an der Landstrasse hat schon viel Unruhe bei der Bevölkerung er-
weckt; wenn aber Deine Majestät abreisen sollte, so würde eine Reihe
von Unordnungen entstehen. Eine so gewaltige Störung der Ahnen-
und Schutzgeister, wie diese willkürliche Herausforderung der Gefahr,
muss gewiss später bittere aber unfruchtbare Reue im Gemüthe Deiner
Majestät erzeugen. Diese Erwägungen bilden den ersten Grund,
welchen Deine Minister gegen das Unternehmen der Jagdreise an-
führen möchten.
Die herbstliche Jagdreise wurde bis jetzt unternommen, wenn
die Gelegenheit günstig schien, und nur in Perioden der Ruhe; in
dieser Art war es eine Einrichtung unserer erhabenen Dynastie. Jetzt
aber, da die Barbaren Unruhen erregen, da die Rebellen sich über das
Land verbreiten, sieht das ganze Volk sowohl in der Hauptstadt als
in den Provinzen auf Deine Majestät, die am Sitze der Regierung ge-
genwärtig ist, als den Mittelpunct, von dem die Maassregeln der Staats-
leitung und die Aufrechthaltung der Autorität und Ordnung ausgehen
müssen. Diese plötzliche Abreise ohne irgend einen sichtbaren Zweck
wird, obgleich eine Jagdreise genannt, den Anschein einer Flucht haben.
Nicht allein wird sie dahin wirken, die Entschlossenheit der Truppen
und ihrer Officiere in der Nähe der Hauptstadt zu erschüttern, sondern
auch die Commandeure der verschiedenen Armeen in der Ferne werden
mit Zweifel und Bestürzung erfüllt werden. Auch ist unzweifelhaft,
dass die Nachricht davon den Muth der Rebellen sehr erhöhen wird.
So müssen alle grossen Interessen des Reiches, vielleicht über die
Möglichkeit der Rettung hinaus gefährdet werden. Darin liegt der
zweite Grund unserer Bedenken gegen die Reise.
Die kaiserliche Residenz ist sicher bewacht und der ehrwürdige
Sitz der Majestät. Ein Augenblick wie der gegenwärtige, in welchem
es dem Herrscher besonders ziemt darin zu bleiben, ist nicht geeignet
einen Jagdzug vorzuschlagen. Zudem kann man, wenn überall Tumult
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/231>, abgerufen am 23.11.2024.
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