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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Kurz vor Abfahrt der Arkona traf in Hong-kong die Nachricht
von dem Staatsstreich ein, durch welchen der Prinz von Kun
seine Gegner beseitigte. Man erzählte schon vorher in Pe-kin, die
Kaiserin-Wittwe49) habe den Prinzen bei seinem Eintreffen in Dze-
hol
zur Rede gestellt, weil er nicht früher gekommen wäre; dabei
sei entdeckt worden, dass der Regentschaftsrath ihre bejahende
Antwort auf seine Bitte um Erlaubniss zur Reise in das Gegentheil
umänderte. Das hätte der Kaiserin die Augen geöffnet über die
Absichten ihrer Umgebung. Auf des Prinzen Rath wäre die Ueber-
siedelung nach der Hauptstadt beschlossen worden.

Wie die Fäden weiter gesponnen wurden, ist unklar; die
veröffentlichten Thatsachen beginnen mit dem Einzuge des jungen
Kaisers in Pe-kin am 1. November 1861. Der Prinz von Kun ging
mit starkem Gefolge dem kaiserlichen Zuge entgegen. Die Mit-
glieder des Regentschaftsrathes wollten ihm den Zutritt zu den
Kaiserinnen und dem Thronerben verwehren; er drohte jedoch mit
Gewalt, führte den Zug in die Hauptstadt, versammelte sofort den
Regentschaftsrath und verlas vor demselben folgendes kaiserliche
Decret, das sein jüngerer Bruder, der Prinz von Tsun, in Dzehol
mit den Kaiserinnen vorbereitet hatte.

"Den Prinzen, Edelen und Würdenträgern des Reiches wird
hiermit kundgethan, dass die Unruhen an der Seeküste im vorigen
Jahr und die Aufregung in der Hauptstadt durchaus nur veranlasst
wurden durch die lasterhafte Politik der betheiligten Prinzen und Mi-
nister. Tsae-yuen und sein Amtsgenosse Mu-yin waren ganz beson-
ders ungeschickt auf friedliche Rathschläge einzugehen, und konnten,
da sie kein anderes Mittel zur Abwälzung ihrer Verantwortlichkeit
fanden, nur darauf ausgehen, die englischen Unterhändler in ihre Ge-
walt zu locken und gefangen zu nehmen, wodurch an den fremden
Völkern Verrath geübt wurde. Ferner, als Yuan-min-yuan und
Hai-tien geplündert wurden und Seine verstorbene Majestät in Folge
dessen nach Dzehol reisten, war das Gemüth des Geheiligten schwer

49) Hien-fun's kinderlose Wittwe. Die Mutter des Thronerben war eine Frau
aus dem Harem, die erst nach Hien-fun's Tode zur "Kaiserin" erhoben wurde. An
Rang scheint die Kaiserin-Wittwe über der Kaiserin-Mutter gestanden zu haben;
nur von Jener ist die Rede, wo es sich um die Regentschaft handelt.

Kurz vor Abfahrt der Arkona traf in Hong-kong die Nachricht
von dem Staatsstreich ein, durch welchen der Prinz von Kuṅ
seine Gegner beseitigte. Man erzählte schon vorher in Pe-kiṅ, die
Kaiserin-Wittwe49) habe den Prinzen bei seinem Eintreffen in Dže-
hol
zur Rede gestellt, weil er nicht früher gekommen wäre; dabei
sei entdeckt worden, dass der Regentschaftsrath ihre bejahende
Antwort auf seine Bitte um Erlaubniss zur Reise in das Gegentheil
umänderte. Das hätte der Kaiserin die Augen geöffnet über die
Absichten ihrer Umgebung. Auf des Prinzen Rath wäre die Ueber-
siedelung nach der Hauptstadt beschlossen worden.

Wie die Fäden weiter gesponnen wurden, ist unklar; die
veröffentlichten Thatsachen beginnen mit dem Einzuge des jungen
Kaisers in Pe-kiṅ am 1. November 1861. Der Prinz von Kuṅ ging
mit starkem Gefolge dem kaiserlichen Zuge entgegen. Die Mit-
glieder des Regentschaftsrathes wollten ihm den Zutritt zu den
Kaiserinnen und dem Thronerben verwehren; er drohte jedoch mit
Gewalt, führte den Zug in die Hauptstadt, versammelte sofort den
Regentschaftsrath und verlas vor demselben folgendes kaiserliche
Decret, das sein jüngerer Bruder, der Prinz von Tšuṅ, in Džehol
mit den Kaiserinnen vorbereitet hatte.

»Den Prinzen, Edelen und Würdenträgern des Reiches wird
hiermit kundgethan, dass die Unruhen an der Seeküste im vorigen
Jahr und die Aufregung in der Hauptstadt durchaus nur veranlasst
wurden durch die lasterhafte Politik der betheiligten Prinzen und Mi-
nister. Tsae-yuen und sein Amtsgenosse Mu-yin waren ganz beson-
ders ungeschickt auf friedliche Rathschläge einzugehen, und konnten,
da sie kein anderes Mittel zur Abwälzung ihrer Verantwortlichkeit
fanden, nur darauf ausgehen, die englischen Unterhändler in ihre Ge-
walt zu locken und gefangen zu nehmen, wodurch an den fremden
Völkern Verrath geübt wurde. Ferner, als Yuaṅ-miṅ-yuaṅ und
Hai-tien geplündert wurden und Seine verstorbene Majestät in Folge
dessen nach Džehol reisten, war das Gemüth des Geheiligten schwer

49) Hien-fuṅ’s kinderlose Wittwe. Die Mutter des Thronerben war eine Frau
aus dem Harem, die erst nach Hien-fuṅ’s Tode zur »Kaiserin« erhoben wurde. An
Rang scheint die Kaiserin-Wittwe über der Kaiserin-Mutter gestanden zu haben;
nur von Jener ist die Rede, wo es sich um die Regentschaft handelt.
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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. [204]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/218>, abgerufen am 24.11.2024.