Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
XIV.
REISE DER ARKONA VON WU-SON NACH DER
PEI-HO-MÜNDUNG.

VOM 23. BIS 29. APRIL.

Am Morgen des 23. April lichtete Arkona bei milder Luft die
Anker und dampfte langsam den Fluss hinab. Die Fregatte
Svetlana, welche eben aus Nangasaki eingetroffen war, grüssten
wir vorübergleitend mit der russischen Hymne; die an Deck aufgestellte
Mannschaft dankte mit abgenommenen Mützen; vorn stand der Geist-
liche, eine hohe Gestalt mit langem weissem Bart und faltigem Talar.
Der Fluss lag dicht voll Dschunken, grossentheils mit Bambus be-
laden, der ihnen, in dicken Bündeln aussenbords befestigt, grosse
Breite gab. Mühsam wand Arkona sich durch, konnte aber nicht
vermeiden, einem Chinesen den Vordermast wegzuputzen, der
krachend ins Wasser fiel. Bald gelangten wir in den Yan-tse und
nun ging es schneller; die Mündung machen jedoch veränderliche
Sandbänke gefährlich. Gegen drei passirte Arkona das auf der
Barre liegende Leuchtschiff und konnte den chinesischen Lootsen
entlassen; erst Abends gelangte sie in klares Wasser und steuerte
noch eine Weile östlich, dann nördlich. Um acht Uhr wurde
die Schraube ausgehoben; wir segelten bei günstigem Südwest
neun Knoten. Es war empfindlich kalt, so dass man Winterkleidung
anlegen musste.

Am folgenden Morgen starb der Wind fort und wir
dampften wieder. Es war Busstag, der mit Gottesdienst be-
gangen wurde. Das Wetter, Morgens neblig, dann regnerisch,
klärte sich später auf, und der 25. April war schön. Viele
Dschunken belebten das Meer: die Sonne schied, durch Strah-
lenbrechung zu wunderlichem Gebilde verzerrt, in glühender
Pracht.

1*
XIV.
REISE DER ARKONA VON WU-SOṄ NACH DER
PEI-HO-MÜNDUNG.

VOM 23. BIS 29. APRIL.

Am Morgen des 23. April lichtete Arkona bei milder Luft die
Anker und dampfte langsam den Fluss hinab. Die Fregatte
Svetlana, welche eben aus Naṅgasaki eingetroffen war, grüssten
wir vorübergleitend mit der russischen Hymne; die an Deck aufgestellte
Mannschaft dankte mit abgenommenen Mützen; vorn stand der Geist-
liche, eine hohe Gestalt mit langem weissem Bart und faltigem Talar.
Der Fluss lag dicht voll Dschunken, grossentheils mit Bambus be-
laden, der ihnen, in dicken Bündeln aussenbords befestigt, grosse
Breite gab. Mühsam wand Arkona sich durch, konnte aber nicht
vermeiden, einem Chinesen den Vordermast wegzuputzen, der
krachend ins Wasser fiel. Bald gelangten wir in den Yaṅ-tse und
nun ging es schneller; die Mündung machen jedoch veränderliche
Sandbänke gefährlich. Gegen drei passirte Arkona das auf der
Barre liegende Leuchtschiff und konnte den chinesischen Lootsen
entlassen; erst Abends gelangte sie in klares Wasser und steuerte
noch eine Weile östlich, dann nördlich. Um acht Uhr wurde
die Schraube ausgehoben; wir segelten bei günstigem Südwest
neun Knoten. Es war empfindlich kalt, so dass man Winterkleidung
anlegen musste.

Am folgenden Morgen starb der Wind fort und wir
dampften wieder. Es war Busstag, der mit Gottesdienst be-
gangen wurde. Das Wetter, Morgens neblig, dann regnerisch,
klärte sich später auf, und der 25. April war schön. Viele
Dschunken belebten das Meer: die Sonne schied, durch Strah-
lenbrechung zu wunderlichem Gebilde verzerrt, in glühender
Pracht.

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="[3]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">XIV.<lb/>
REISE DER ARKONA VON <placeName>WU-SON&#x0307;</placeName> NACH DER<lb/><placeName>PEI-HO-MÜNDUNG</placeName>.</hi><lb/>
VOM 23. BIS 29. APRIL.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>m Morgen des 23. April lichtete Arkona bei milder Luft die<lb/>
Anker und dampfte langsam den Fluss hinab. Die Fregatte<lb/>
Svetlana, welche eben aus <hi rendition="#k"><placeName>Nan&#x0307;gasaki</placeName></hi> eingetroffen war, grüssten<lb/>
wir vorübergleitend mit der russischen Hymne; die an Deck aufgestellte<lb/>
Mannschaft dankte mit abgenommenen Mützen; vorn stand der Geist-<lb/>
liche, eine hohe Gestalt mit langem weissem Bart und faltigem Talar.<lb/>
Der Fluss lag dicht voll Dschunken, grossentheils mit Bambus be-<lb/>
laden, der ihnen, in dicken Bündeln aussenbords befestigt, grosse<lb/>
Breite gab. Mühsam wand Arkona sich durch, konnte aber nicht<lb/>
vermeiden, einem Chinesen den Vordermast wegzuputzen, der<lb/>
krachend ins Wasser fiel. Bald gelangten wir in den <hi rendition="#k"><placeName>Yan&#x0307;-tse</placeName></hi> und<lb/>
nun ging es schneller; die Mündung machen jedoch veränderliche<lb/>
Sandbänke gefährlich. Gegen drei passirte Arkona das auf der<lb/>
Barre liegende Leuchtschiff und konnte den chinesischen Lootsen<lb/>
entlassen; erst Abends gelangte sie in klares Wasser und steuerte<lb/>
noch eine Weile östlich, dann nördlich. Um acht Uhr wurde<lb/>
die Schraube ausgehoben; wir segelten bei günstigem Südwest<lb/>
neun Knoten. Es war empfindlich kalt, so dass man Winterkleidung<lb/>
anlegen musste.</p><lb/>
          <p>Am folgenden Morgen starb der Wind fort und wir<lb/>
dampften wieder. Es war Busstag, der mit Gottesdienst be-<lb/>
gangen wurde. Das Wetter, Morgens neblig, dann regnerisch,<lb/>
klärte sich später auf, und der 25. April war schön. Viele<lb/>
Dschunken belebten das Meer: die Sonne schied, durch Strah-<lb/>
lenbrechung zu wunderlichem Gebilde verzerrt, in glühender<lb/>
Pracht.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0017] XIV. REISE DER ARKONA VON WU-SOṄ NACH DER PEI-HO-MÜNDUNG. VOM 23. BIS 29. APRIL. Am Morgen des 23. April lichtete Arkona bei milder Luft die Anker und dampfte langsam den Fluss hinab. Die Fregatte Svetlana, welche eben aus Naṅgasaki eingetroffen war, grüssten wir vorübergleitend mit der russischen Hymne; die an Deck aufgestellte Mannschaft dankte mit abgenommenen Mützen; vorn stand der Geist- liche, eine hohe Gestalt mit langem weissem Bart und faltigem Talar. Der Fluss lag dicht voll Dschunken, grossentheils mit Bambus be- laden, der ihnen, in dicken Bündeln aussenbords befestigt, grosse Breite gab. Mühsam wand Arkona sich durch, konnte aber nicht vermeiden, einem Chinesen den Vordermast wegzuputzen, der krachend ins Wasser fiel. Bald gelangten wir in den Yaṅ-tse und nun ging es schneller; die Mündung machen jedoch veränderliche Sandbänke gefährlich. Gegen drei passirte Arkona das auf der Barre liegende Leuchtschiff und konnte den chinesischen Lootsen entlassen; erst Abends gelangte sie in klares Wasser und steuerte noch eine Weile östlich, dann nördlich. Um acht Uhr wurde die Schraube ausgehoben; wir segelten bei günstigem Südwest neun Knoten. Es war empfindlich kalt, so dass man Winterkleidung anlegen musste. Am folgenden Morgen starb der Wind fort und wir dampften wieder. Es war Busstag, der mit Gottesdienst be- gangen wurde. Das Wetter, Morgens neblig, dann regnerisch, klärte sich später auf, und der 25. April war schön. Viele Dschunken belebten das Meer: die Sonne schied, durch Strah- lenbrechung zu wunderlichem Gebilde verzerrt, in glühender Pracht. 1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/17
Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/17>, abgerufen am 18.11.2024.