bleiben. Eventualitäten könnten nur durch Berathung und Cor- respondenz geregelt. nicht aber in Verträge aufgenommen werden, deren Bestimmungen positiv und bindend sein müssten.
Die Commissare beantworteten den revidirten Vertrags- entwurf am 29. Juli durch ein langes Schreiben, in welchem sie nicht nur die Aufnahme der bei den Berathungen angefochtenen Artikel verweigerten, sondern auch auf viele Bestimmungen zurück- kamen, deren Redaction sie in den Conferenzen endgültig angenom- men und zum Zeichen ihrer Einwilligung eigenhändig paraphirt hatten. Zugleich lief eine Note des Prinzen von Kun ein, welcher auf Formulirung des Versprechens wegen eventueller Verlängerung des Aufschubes in einem Separat-Artikel bestand. -- Die langen Berathungen hatten also wieder nichts gefruchtet; noch immer wur- den die wesentlichsten Puncte bestritten. Da nun auf dem Wege des persönlichen Verkehrs und des Schriftwechsels mit den Com- missaren nichts mehr auszurichten war, so schlug der Gesandte einen anderen ein.
Herrn Marques hatte nach Vollendung der Reinschrift jenes neuen Entwurfes der Schlag getroffen. Da er dadurch ausser Thä- tigkeit gesetzt wurde, so ersuchte Graf Eulenburg den kaiserlich französischen Gesandten in Pe-kin, den zufällig in Tien-tsin an- wesenden Herrn de Meritens zu Uebernahme der Dolmetscher-Ar- beiten zu ermächtigen, welche derselbe bereitwillig angeboten hatte. Als dolmetschender Secretär der französischen Gesandtschaft war Herr de Meritens den Commissaren persönlich bekannt und genoss deren Vertrauen. Wohl wissend, dass er in die Verhältnisse ein- geweiht sei, unterrichteten sie ihn gleich nach seiner Ankunft in Tien-tsin aus freiem Antrieb in vertraulichster Art von der Lage der Verhandlungen, und suchten seinen Beistand. Herr de Meritens, der bei Negotiation des französischen Vertrages mitgewirkt und in Pe-kin das Räderwerk der chinesischen Staatsmaschine kennen ge- lernt hatte, wies sie nicht zurück, wusste aber sehr genau, dass die Commissare nur in ihrem persönlichen Interesse, um vor dem Kaiser zu glänzen, Einwendungen und Schwierigkeiten erhoben, zu welchen sie garnicht ermächtigt waren. Graf Eulenburg bat ihn nun, denselben von seinem Gesuch an Herrn von Bourboulon nichts zu sagen, sondern einstweilen die Rolle des unpartheiischen Ver- mittlers zu spielen. Seine Uebung und Gewandtheit in der Behand- lung chinesischer Würdenträger, die Kenntniss der europäischen
XVI. Neue Wege.
bleiben. Eventualitäten könnten nur durch Berathung und Cor- respondenz geregelt. nicht aber in Verträge aufgenommen werden, deren Bestimmungen positiv und bindend sein müssten.
Die Commissare beantworteten den revidirten Vertrags- entwurf am 29. Juli durch ein langes Schreiben, in welchem sie nicht nur die Aufnahme der bei den Berathungen angefochtenen Artikel verweigerten, sondern auch auf viele Bestimmungen zurück- kamen, deren Redaction sie in den Conferenzen endgültig angenom- men und zum Zeichen ihrer Einwilligung eigenhändig paraphirt hatten. Zugleich lief eine Note des Prinzen von Kuṅ ein, welcher auf Formulirung des Versprechens wegen eventueller Verlängerung des Aufschubes in einem Separat-Artikel bestand. — Die langen Berathungen hatten also wieder nichts gefruchtet; noch immer wur- den die wesentlichsten Puncte bestritten. Da nun auf dem Wege des persönlichen Verkehrs und des Schriftwechsels mit den Com- missaren nichts mehr auszurichten war, so schlug der Gesandte einen anderen ein.
Herrn Marques hatte nach Vollendung der Reinschrift jenes neuen Entwurfes der Schlag getroffen. Da er dadurch ausser Thä- tigkeit gesetzt wurde, so ersuchte Graf Eulenburg den kaiserlich französischen Gesandten in Pe-kiṅ, den zufällig in Tien-tsin an- wesenden Herrn de Méritens zu Uebernahme der Dolmetscher-Ar- beiten zu ermächtigen, welche derselbe bereitwillig angeboten hatte. Als dolmetschender Secretär der französischen Gesandtschaft war Herr de Méritens den Commissaren persönlich bekannt und genoss deren Vertrauen. Wohl wissend, dass er in die Verhältnisse ein- geweiht sei, unterrichteten sie ihn gleich nach seiner Ankunft in Tien-tsin aus freiem Antrieb in vertraulichster Art von der Lage der Verhandlungen, und suchten seinen Beistand. Herr de Méritens, der bei Negotiation des französischen Vertrages mitgewirkt und in Pe-kiṅ das Räderwerk der chinesischen Staatsmaschine kennen ge- lernt hatte, wies sie nicht zurück, wusste aber sehr genau, dass die Commissare nur in ihrem persönlichen Interesse, um vor dem Kaiser zu glänzen, Einwendungen und Schwierigkeiten erhoben, zu welchen sie garnicht ermächtigt waren. Graf Eulenburg bat ihn nun, denselben von seinem Gesuch an Herrn von Bourboulon nichts zu sagen, sondern einstweilen die Rolle des unpartheiischen Ver- mittlers zu spielen. Seine Uebung und Gewandtheit in der Behand- lung chinesischer Würdenträger, die Kenntniss der europäischen
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XVI. Neue Wege.
bleiben. Eventualitäten könnten nur durch Berathung und Cor-
respondenz geregelt. nicht aber in Verträge aufgenommen werden,
deren Bestimmungen positiv und bindend sein müssten.
Die Commissare beantworteten den revidirten Vertrags-
entwurf am 29. Juli durch ein langes Schreiben, in welchem sie
nicht nur die Aufnahme der bei den Berathungen angefochtenen
Artikel verweigerten, sondern auch auf viele Bestimmungen zurück-
kamen, deren Redaction sie in den Conferenzen endgültig angenom-
men und zum Zeichen ihrer Einwilligung eigenhändig paraphirt
hatten. Zugleich lief eine Note des Prinzen von Kuṅ ein, welcher
auf Formulirung des Versprechens wegen eventueller Verlängerung
des Aufschubes in einem Separat-Artikel bestand. — Die langen
Berathungen hatten also wieder nichts gefruchtet; noch immer wur-
den die wesentlichsten Puncte bestritten. Da nun auf dem Wege
des persönlichen Verkehrs und des Schriftwechsels mit den Com-
missaren nichts mehr auszurichten war, so schlug der Gesandte einen
anderen ein.
Herrn Marques hatte nach Vollendung der Reinschrift jenes
neuen Entwurfes der Schlag getroffen. Da er dadurch ausser Thä-
tigkeit gesetzt wurde, so ersuchte Graf Eulenburg den kaiserlich
französischen Gesandten in Pe-kiṅ, den zufällig in Tien-tsin an-
wesenden Herrn de Méritens zu Uebernahme der Dolmetscher-Ar-
beiten zu ermächtigen, welche derselbe bereitwillig angeboten hatte.
Als dolmetschender Secretär der französischen Gesandtschaft war
Herr de Méritens den Commissaren persönlich bekannt und genoss
deren Vertrauen. Wohl wissend, dass er in die Verhältnisse ein-
geweiht sei, unterrichteten sie ihn gleich nach seiner Ankunft in
Tien-tsin aus freiem Antrieb in vertraulichster Art von der Lage
der Verhandlungen, und suchten seinen Beistand. Herr de Méritens,
der bei Negotiation des französischen Vertrages mitgewirkt und in
Pe-kiṅ das Räderwerk der chinesischen Staatsmaschine kennen ge-
lernt hatte, wies sie nicht zurück, wusste aber sehr genau, dass
die Commissare nur in ihrem persönlichen Interesse, um vor dem
Kaiser zu glänzen, Einwendungen und Schwierigkeiten erhoben, zu
welchen sie garnicht ermächtigt waren. Graf Eulenburg bat ihn
nun, denselben von seinem Gesuch an Herrn von Bourboulon nichts
zu sagen, sondern einstweilen die Rolle des unpartheiischen Ver-
mittlers zu spielen. Seine Uebung und Gewandtheit in der Behand-
lung chinesischer Würdenträger, die Kenntniss der europäischen
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/101>, abgerufen am 22.11.2024.
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