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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Der Opiumhandel vom sittlichen Standpunkt.
Elliot bot auch der chinesischen Obrigkeit seine Mitwirkung zu
völliger Ausrottung des Schleichhandels im Flusse an; da wurde
ihm zum ersten Male das wichtige Zugeständniss eines directen
Verkehrs mit den Mandarinen ohne Vermittelung der Hon-Kaufleute
gemacht. -- Die gemeinsamen Maassregeln bewirkten nun zwar in
den nächsten Monaten einen Stillstand im Opiumhandel; der
heraufbeschworene Sturm war aber nicht mehr abzuwenden.

Die chinesische Gesetzgebung steht durchaus auf sittlichem
Boden: das Opiumverbot sollte das Volk vor einem verzehren-
den Gift bewahren, zu dessen Gebrauch es neigte. Freilich wird
auch in China Opium bereitet, der Genuss ist dort wahrscheinlich
nicht auszurotten; ohne Frage beförderte und steigerte ihn aber die
Einfuhr erheblich, die chinesische Regierung war formell und
sittlich berechtigt, demselben entgegenzutreten. Die Frechheit der
Schmuggler beschimpfte sie offen vor den Augen des Volkes, sie
musste sich in ihrer Ehre tief gekränkt fühlen. Sie wurde zudem
beunruhigt durch die steigende Ausfuhr baaren Silbers; denn der
Werth des eingeführten Opium überwog damals bedeutend den
der ganzen Ausfuhr, während heutigen Tages letztere die gesammte
Einfuhr weit hinter sich lässt.25) -- Der Hof von Pe-kin zog die
Lage in ernste Erwägung und liess sich Vorschläge machen, wie
dem Uebel zu steuern sei.26) Es gab aber nach chinesischer An-
schauung nur einen Weg. Der Sohn des Himmels vertritt ohne
Rücksicht auf Zweckmässigkeit und Vortheil die himmlischen Ge-
bote; der Gebrauch des Opium ist unsittlich und durfte deshalb
nicht geduldet werden. So abscheulich oft die Mandarinen han-
deln, die kaiserliche Regierung wird sich principiell immer auf den
Standpunkt der reinsten Sittlichkeit stellen, und muss es, weil sie

25) 1837 und 1838 betrug die Opium-Einfuhr 34,000 Kisten zu 80 Pfund,
im Werthe von 25,000,000 Dollars, die zum grössten Theil baar bezahlt wurden.
26) Ein Mandarin Hae-natse betrachtete, der chinesischen Auffassung ent-
gegen, die Sache vom practischen und nationalökonomischen Standpunkt. Er schlug
vor, die Opium-Einfuhr gegen eine Abgabe von 7 Dollars für die Kiste zu erlauben,
während die Kosten des Schleichhandels etwa 40 Dollars betrugen. Die vermehrte
Strenge des Gesetzes schrob nach seiner Ansicht nur den Betrag des Lohnes in die
Höhe, welchen die Beamten sich für ihre Connivenz zahlen liessen. "Die durch den
Schleichhandel zur Gewohnheit werdende Gesetzlosigkeit erziehe eine Bande frecher
Schurken, welche jedem Ansehn der Behörden trotzten und der schlimmsten Ver-
brechen fähig seien." Der Urheber dieser Vorschläge wurde wegen der Unsittlich-
keit seiner Anschauungen in die Tartarei verbannt.

Der Opiumhandel vom sittlichen Standpunkt.
Elliot bot auch der chinesischen Obrigkeit seine Mitwirkung zu
völliger Ausrottung des Schleichhandels im Flusse an; da wurde
ihm zum ersten Male das wichtige Zugeständniss eines directen
Verkehrs mit den Mandarinen ohne Vermittelung der Hoṅ-Kaufleute
gemacht. — Die gemeinsamen Maassregeln bewirkten nun zwar in
den nächsten Monaten einen Stillstand im Opiumhandel; der
heraufbeschworene Sturm war aber nicht mehr abzuwenden.

Die chinesische Gesetzgebung steht durchaus auf sittlichem
Boden: das Opiumverbot sollte das Volk vor einem verzehren-
den Gift bewahren, zu dessen Gebrauch es neigte. Freilich wird
auch in China Opium bereitet, der Genuss ist dort wahrscheinlich
nicht auszurotten; ohne Frage beförderte und steigerte ihn aber die
Einfuhr erheblich, die chinesische Regierung war formell und
sittlich berechtigt, demselben entgegenzutreten. Die Frechheit der
Schmuggler beschimpfte sie offen vor den Augen des Volkes, sie
musste sich in ihrer Ehre tief gekränkt fühlen. Sie wurde zudem
beunruhigt durch die steigende Ausfuhr baaren Silbers; denn der
Werth des eingeführten Opium überwog damals bedeutend den
der ganzen Ausfuhr, während heutigen Tages letztere die gesammte
Einfuhr weit hinter sich lässt.25) — Der Hof von Pe-kiṅ zog die
Lage in ernste Erwägung und liess sich Vorschläge machen, wie
dem Uebel zu steuern sei.26) Es gab aber nach chinesischer An-
schauung nur einen Weg. Der Sohn des Himmels vertritt ohne
Rücksicht auf Zweckmässigkeit und Vortheil die himmlischen Ge-
bote; der Gebrauch des Opium ist unsittlich und durfte deshalb
nicht geduldet werden. So abscheulich oft die Mandarinen han-
deln, die kaiserliche Regierung wird sich principiell immer auf den
Standpunkt der reinsten Sittlichkeit stellen, und muss es, weil sie

25) 1837 und 1838 betrug die Opium-Einfuhr 34,000 Kisten zu 80 Pfund,
im Werthe von 25,000,000 Dollars, die zum grössten Theil baar bezahlt wurden.
26) Ein Mandarin Hae-natse betrachtete, der chinesischen Auffassung ent-
gegen, die Sache vom practischen und nationalökonomischen Standpunkt. Er schlug
vor, die Opium-Einfuhr gegen eine Abgabe von 7 Dollars für die Kiste zu erlauben,
während die Kosten des Schleichhandels etwa 40 Dollars betrugen. Die vermehrte
Strenge des Gesetzes schrob nach seiner Ansicht nur den Betrag des Lohnes in die
Höhe, welchen die Beamten sich für ihre Connivenz zahlen liessen. »Die durch den
Schleichhandel zur Gewohnheit werdende Gesetzlosigkeit erziehe eine Bande frecher
Schurken, welche jedem Ansehn der Behörden trotzten und der schlimmsten Ver-
brechen fähig seien.« Der Urheber dieser Vorschläge wurde wegen der Unsittlich-
keit seiner Anschauungen in die Tartarei verbannt.
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[66/0088] Der Opiumhandel vom sittlichen Standpunkt. Elliot bot auch der chinesischen Obrigkeit seine Mitwirkung zu völliger Ausrottung des Schleichhandels im Flusse an; da wurde ihm zum ersten Male das wichtige Zugeständniss eines directen Verkehrs mit den Mandarinen ohne Vermittelung der Hoṅ-Kaufleute gemacht. — Die gemeinsamen Maassregeln bewirkten nun zwar in den nächsten Monaten einen Stillstand im Opiumhandel; der heraufbeschworene Sturm war aber nicht mehr abzuwenden. Die chinesische Gesetzgebung steht durchaus auf sittlichem Boden: das Opiumverbot sollte das Volk vor einem verzehren- den Gift bewahren, zu dessen Gebrauch es neigte. Freilich wird auch in China Opium bereitet, der Genuss ist dort wahrscheinlich nicht auszurotten; ohne Frage beförderte und steigerte ihn aber die Einfuhr erheblich, die chinesische Regierung war formell und sittlich berechtigt, demselben entgegenzutreten. Die Frechheit der Schmuggler beschimpfte sie offen vor den Augen des Volkes, sie musste sich in ihrer Ehre tief gekränkt fühlen. Sie wurde zudem beunruhigt durch die steigende Ausfuhr baaren Silbers; denn der Werth des eingeführten Opium überwog damals bedeutend den der ganzen Ausfuhr, während heutigen Tages letztere die gesammte Einfuhr weit hinter sich lässt. 25) — Der Hof von Pe-kiṅ zog die Lage in ernste Erwägung und liess sich Vorschläge machen, wie dem Uebel zu steuern sei. 26) Es gab aber nach chinesischer An- schauung nur einen Weg. Der Sohn des Himmels vertritt ohne Rücksicht auf Zweckmässigkeit und Vortheil die himmlischen Ge- bote; der Gebrauch des Opium ist unsittlich und durfte deshalb nicht geduldet werden. So abscheulich oft die Mandarinen han- deln, die kaiserliche Regierung wird sich principiell immer auf den Standpunkt der reinsten Sittlichkeit stellen, und muss es, weil sie 25) 1837 und 1838 betrug die Opium-Einfuhr 34,000 Kisten zu 80 Pfund, im Werthe von 25,000,000 Dollars, die zum grössten Theil baar bezahlt wurden. 26) Ein Mandarin Hae-natse betrachtete, der chinesischen Auffassung ent- gegen, die Sache vom practischen und nationalökonomischen Standpunkt. Er schlug vor, die Opium-Einfuhr gegen eine Abgabe von 7 Dollars für die Kiste zu erlauben, während die Kosten des Schleichhandels etwa 40 Dollars betrugen. Die vermehrte Strenge des Gesetzes schrob nach seiner Ansicht nur den Betrag des Lohnes in die Höhe, welchen die Beamten sich für ihre Connivenz zahlen liessen. »Die durch den Schleichhandel zur Gewohnheit werdende Gesetzlosigkeit erziehe eine Bande frecher Schurken, welche jedem Ansehn der Behörden trotzten und der schlimmsten Ver- brechen fähig seien.« Der Urheber dieser Vorschläge wurde wegen der Unsittlich- keit seiner Anschauungen in die Tartarei verbannt.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/88>, abgerufen am 27.11.2024.