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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Bankerott von Hon-Kaufleuten.
illusorisch; denn die Sicherheit, welche der Kon-su, ein aus
bestimmten Steuern sich jährlich ergänzender eiserner Fonds des
Hon-Verbandes, gewährte, liess die Mitglieder desselben bei dem
hohen Zinsfusse (12 Procent) immer bereitwillige Gläubiger finden.
Welches auch das Schicksal des Schuldners sein mochte: das
Capital war durch jenen Erlass gesichert.

In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts belief sich
die Zahl der Hon-Kaufleute gewöhnlich auf zehn bis elf. Zwei
der weniger bemittelten stellten ihre Zahlungen ein, ohne dass der
Handel wesentlich darunter litt. Im Frühjahr 1828 aber fallirte
eine grössere Firma mit einer Million Dollars; der Eigenthümer
wurde in die Tartarei verbannt und starb auf der Reise. Im
folgenden Jahre machte ein zweiter Hon-Kaufmann einen betrüge-
rischen Bankerott von gleichem Belang, flüchtete mit dem grössten
Theile des Geldes, erwirkte sich durch den Einfluss angesehener
Verwandten Straflosigkeit und überliess seine Schulden dem Hon-
Verbande. -- Einem darüber getroffenen Abkommen gemäss wurden
die zwei Millionen in regelmässigen Zahlungen bis zum Jahre 1833
abgetragen. Die kaiserliche Regierung aber merkte die schlechten
Folgen ihrer Verordnung und hob dieselbe auf. Ein wirklicher
Schaden erwuchs den Fremden daraus nicht; denn der hohle Credit
leistete nur dem Leichtsinn gewissenloser Speculanten Vorschub,
und die den Fremden erstatteten Summen kamen aus ihrer eigenen
Tasche. Die Chinesen schrieben zur Tilgung der zwei Millionen
eine besondere Steuer auf die Einfuhr aus, welche nachher nicht
wieder abgeschafft wurde.

Die Zahl der Hons hatte sich durch jene Vorfälle auf sechs
vermindert, und diese waren der Ausdehnung des Handels nicht
gewachsen. Das Monopol brachte glänzenden Gewinn, aber die
Erpressungen der Beamten und die Verantwortlichkeit für die
Fremden machten die Stellung der Hon-Kaufleute schwierig und
unbequem. Die meisten Capitalisten verschmähten sie; die Hon-
Kaufleute selbst trugen kein Verlangen, ihren Gewinn mit mehreren
zu theilen, und die kantonesische Regierung behandelte die Sache,
welche bald Gegenstand ernster Vorstellungen wurde, mit Indiffe-
renz. Der englische Ausschuss liess deshalb das Handelsgeschwader
der Compagnie 1829 vor der Flussmündung Anker werfen und1829.
richtete am 8. September ein Schreiben an den Vice-König, in
welchem neben dem Gesuche um Vermehrung der Hon-Kaufleute

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Bankerott von Hoṅ-Kaufleuten.
illusorisch; denn die Sicherheit, welche der Kon-su, ein aus
bestimmten Steuern sich jährlich ergänzender eiserner Fonds des
Hoṅ-Verbandes, gewährte, liess die Mitglieder desselben bei dem
hohen Zinsfusse (12 Procent) immer bereitwillige Gläubiger finden.
Welches auch das Schicksal des Schuldners sein mochte: das
Capital war durch jenen Erlass gesichert.

In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts belief sich
die Zahl der Hoṅ-Kaufleute gewöhnlich auf zehn bis elf. Zwei
der weniger bemittelten stellten ihre Zahlungen ein, ohne dass der
Handel wesentlich darunter litt. Im Frühjahr 1828 aber fallirte
eine grössere Firma mit einer Million Dollars; der Eigenthümer
wurde in die Tartarei verbannt und starb auf der Reise. Im
folgenden Jahre machte ein zweiter Hoṅ-Kaufmann einen betrüge-
rischen Bankerott von gleichem Belang, flüchtete mit dem grössten
Theile des Geldes, erwirkte sich durch den Einfluss angesehener
Verwandten Straflosigkeit und überliess seine Schulden dem Hoṅ-
Verbande. — Einem darüber getroffenen Abkommen gemäss wurden
die zwei Millionen in regelmässigen Zahlungen bis zum Jahre 1833
abgetragen. Die kaiserliche Regierung aber merkte die schlechten
Folgen ihrer Verordnung und hob dieselbe auf. Ein wirklicher
Schaden erwuchs den Fremden daraus nicht; denn der hohle Credit
leistete nur dem Leichtsinn gewissenloser Speculanten Vorschub,
und die den Fremden erstatteten Summen kamen aus ihrer eigenen
Tasche. Die Chinesen schrieben zur Tilgung der zwei Millionen
eine besondere Steuer auf die Einfuhr aus, welche nachher nicht
wieder abgeschafft wurde.

Die Zahl der Hoṅs hatte sich durch jene Vorfälle auf sechs
vermindert, und diese waren der Ausdehnung des Handels nicht
gewachsen. Das Monopol brachte glänzenden Gewinn, aber die
Erpressungen der Beamten und die Verantwortlichkeit für die
Fremden machten die Stellung der Hoṅ-Kaufleute schwierig und
unbequem. Die meisten Capitalisten verschmähten sie; die Hoṅ-
Kaufleute selbst trugen kein Verlangen, ihren Gewinn mit mehreren
zu theilen, und die kantonesische Regierung behandelte die Sache,
welche bald Gegenstand ernster Vorstellungen wurde, mit Indiffe-
renz. Der englische Ausschuss liess deshalb das Handelsgeschwader
der Compagnie 1829 vor der Flussmündung Anker werfen und1829.
richtete am 8. September ein Schreiben an den Vice-König, in
welchem neben dem Gesuche um Vermehrung der Hoṅ-Kaufleute

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[51/0073] Bankerott von Hoṅ-Kaufleuten. illusorisch; denn die Sicherheit, welche der Kon-su, ein aus bestimmten Steuern sich jährlich ergänzender eiserner Fonds des Hoṅ-Verbandes, gewährte, liess die Mitglieder desselben bei dem hohen Zinsfusse (12 Procent) immer bereitwillige Gläubiger finden. Welches auch das Schicksal des Schuldners sein mochte: das Capital war durch jenen Erlass gesichert. In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts belief sich die Zahl der Hoṅ-Kaufleute gewöhnlich auf zehn bis elf. Zwei der weniger bemittelten stellten ihre Zahlungen ein, ohne dass der Handel wesentlich darunter litt. Im Frühjahr 1828 aber fallirte eine grössere Firma mit einer Million Dollars; der Eigenthümer wurde in die Tartarei verbannt und starb auf der Reise. Im folgenden Jahre machte ein zweiter Hoṅ-Kaufmann einen betrüge- rischen Bankerott von gleichem Belang, flüchtete mit dem grössten Theile des Geldes, erwirkte sich durch den Einfluss angesehener Verwandten Straflosigkeit und überliess seine Schulden dem Hoṅ- Verbande. — Einem darüber getroffenen Abkommen gemäss wurden die zwei Millionen in regelmässigen Zahlungen bis zum Jahre 1833 abgetragen. Die kaiserliche Regierung aber merkte die schlechten Folgen ihrer Verordnung und hob dieselbe auf. Ein wirklicher Schaden erwuchs den Fremden daraus nicht; denn der hohle Credit leistete nur dem Leichtsinn gewissenloser Speculanten Vorschub, und die den Fremden erstatteten Summen kamen aus ihrer eigenen Tasche. Die Chinesen schrieben zur Tilgung der zwei Millionen eine besondere Steuer auf die Einfuhr aus, welche nachher nicht wieder abgeschafft wurde. Die Zahl der Hoṅs hatte sich durch jene Vorfälle auf sechs vermindert, und diese waren der Ausdehnung des Handels nicht gewachsen. Das Monopol brachte glänzenden Gewinn, aber die Erpressungen der Beamten und die Verantwortlichkeit für die Fremden machten die Stellung der Hoṅ-Kaufleute schwierig und unbequem. Die meisten Capitalisten verschmähten sie; die Hoṅ- Kaufleute selbst trugen kein Verlangen, ihren Gewinn mit mehreren zu theilen, und die kantonesische Regierung behandelte die Sache, welche bald Gegenstand ernster Vorstellungen wurde, mit Indiffe- renz. Der englische Ausschuss liess deshalb das Handelsgeschwader der Compagnie 1829 vor der Flussmündung Anker werfen und richtete am 8. September ein Schreiben an den Vice-König, in welchem neben dem Gesuche um Vermehrung der Hoṅ-Kaufleute 1829. 4*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/73>, abgerufen am 25.11.2024.