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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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XIII. Han-kau.
flüsse des Yan-tse, in den Tun-tin-See und den Han fliessen.
Dessen oberer Lauf steht in schiffbarer Verbindung mit Tien-tsin.
Han-kau
selbst liegt in einer von zahlreichen Rinnsalen durch-
schnittenen Alluvial-Ebene. Das Aussehn der Stadt bewies, dass
sie in der That der grösste Stapelplatz des chinesischen Binnen-
handels sei. Die Behörden empfingen die Engländer freundschaft-
lich; der Vertrag von Tien-tsin und die Convention von Pe-kin
waren veröffentlicht, ihre Ausführung der Bevölkerung durch Procla-
mation eingeschärft worden. Die chinesischen Kaufleute durften
ungehindert Auskunft ertheilen; sie erwarteten vom Verkehr mit
den Fremden eine goldene Ernte. Man fand in Han-kau von aus-
ländischen Artikeln englische und americanische Baumwollenwaaren,
auf dem langen Landwege über Kan-ton bezogen, russische
Wollenstoffe, über Tien-tsin importirt, und japanischen Seetang.
Steinkohle war billig und für Dampfer geeignet. Der Theehandel
bot gute Aussichten durch die Nähe einiger Bezirke, deren Pro-
ducte bis dahin nach dem Süden gingen. Man fand auch chine-
sisches Opium, viel billiger als das indische; ferner Eisen, Stahl,
Blei, Kupfer, Zucker, Pflanzentalg, Flachs, Oel, und Erzeugnisse
des Gewerbfleisses aus allen Theilen des Reiches. Kurz, das in
den letzten Jahren so oft genommene und wiedergewonnene Han-
kau
, in dessen Ruinen Lord Elgin's Begleiter Ende 1858 Fasanen
aufstörten, war jetzt wieder eine mit allen Bedürfnissen des ver-
feinerten Lebens versehene blühende Stadt.

Während das Geschwader im März vor Han-kau lag, war
der Yin-wan, die kaiserlichen Truppen nördlich umgehend, in Eil-
märschen auf das nur neun Meilen davon entfernte Wan-tsau ge-
rückt, das er am 17. März besetzte. Er sollte mit den anderen
Armeen in der Dreistadt zusammentreffen, deren Bevölkerung nun
panischer Schrecken ergriff. Umsonst suchten die Behörden dem
Auszug zu steuern; Hunderttausende bedeckten, ihre fahrende
Habe einschiffend, Tag und Nacht die Stromufer. Banditen rannten
mit dem Ruf, die Tae-pin seien da, durch die Strassen; in wilder
Flucht stürzte Alles nach dem Flusse; Diebe plünderten nach Lust.
Admiral Hope liess ein Kanonenboot vor Han-kau und fuhr mit
den übrigen Schiffen stromaufwärts bis Yo-tsau an der Mündung
des Tun-tin-Sees. Nach Han-kau zurückkehrend fand er die
Stadt verlassen, die Strassen verödet, die Läden geschlossen. Die
Unzahl der Handelsdschunken und Boote, die früher im Han ge-

XIII. Han-kau.
flüsse des Yaṅ-tse, in den Tuṅ-tiṅ-See und den Han fliessen.
Dessen oberer Lauf steht in schiffbarer Verbindung mit Tien-tsin.
Han-kau
selbst liegt in einer von zahlreichen Rinnsalen durch-
schnittenen Alluvial-Ebene. Das Aussehn der Stadt bewies, dass
sie in der That der grösste Stapelplatz des chinesischen Binnen-
handels sei. Die Behörden empfingen die Engländer freundschaft-
lich; der Vertrag von Tien-tsin und die Convention von Pe-kiṅ
waren veröffentlicht, ihre Ausführung der Bevölkerung durch Procla-
mation eingeschärft worden. Die chinesischen Kaufleute durften
ungehindert Auskunft ertheilen; sie erwarteten vom Verkehr mit
den Fremden eine goldene Ernte. Man fand in Han-kau von aus-
ländischen Artikeln englische und americanische Baumwollenwaaren,
auf dem langen Landwege über Kan-ton bezogen, russische
Wollenstoffe, über Tien-tsin importirt, und japanischen Seetang.
Steinkohle war billig und für Dampfer geeignet. Der Theehandel
bot gute Aussichten durch die Nähe einiger Bezirke, deren Pro-
ducte bis dahin nach dem Süden gingen. Man fand auch chine-
sisches Opium, viel billiger als das indische; ferner Eisen, Stahl,
Blei, Kupfer, Zucker, Pflanzentalg, Flachs, Oel, und Erzeugnisse
des Gewerbfleisses aus allen Theilen des Reiches. Kurz, das in
den letzten Jahren so oft genommene und wiedergewonnene Han-
kau
, in dessen Ruinen Lord Elgin’s Begleiter Ende 1858 Fasanen
aufstörten, war jetzt wieder eine mit allen Bedürfnissen des ver-
feinerten Lebens versehene blühende Stadt.

Während das Geschwader im März vor Han-kau lag, war
der Yiṅ-waṅ, die kaiserlichen Truppen nördlich umgehend, in Eil-
märschen auf das nur neun Meilen davon entfernte Waṅ-tšau ge-
rückt, das er am 17. März besetzte. Er sollte mit den anderen
Armeen in der Dreistadt zusammentreffen, deren Bevölkerung nun
panischer Schrecken ergriff. Umsonst suchten die Behörden dem
Auszug zu steuern; Hunderttausende bedeckten, ihre fahrende
Habe einschiffend, Tag und Nacht die Stromufer. Banditen rannten
mit dem Ruf, die Tae-piṅ seien da, durch die Strassen; in wilder
Flucht stürzte Alles nach dem Flusse; Diebe plünderten nach Lust.
Admiral Hope liess ein Kanonenboot vor Han-kau und fuhr mit
den übrigen Schiffen stromaufwärts bis Yo-tšau an der Mündung
des Tuṅ-tiṅ-Sees. Nach Han-kau zurückkehrend fand er die
Stadt verlassen, die Strassen verödet, die Läden geschlossen. Die
Unzahl der Handelsdschunken und Boote, die früher im Han ge-

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[413/0435] XIII. Han-kau. flüsse des Yaṅ-tse, in den Tuṅ-tiṅ-See und den Han fliessen. Dessen oberer Lauf steht in schiffbarer Verbindung mit Tien-tsin. Han-kau selbst liegt in einer von zahlreichen Rinnsalen durch- schnittenen Alluvial-Ebene. Das Aussehn der Stadt bewies, dass sie in der That der grösste Stapelplatz des chinesischen Binnen- handels sei. Die Behörden empfingen die Engländer freundschaft- lich; der Vertrag von Tien-tsin und die Convention von Pe-kiṅ waren veröffentlicht, ihre Ausführung der Bevölkerung durch Procla- mation eingeschärft worden. Die chinesischen Kaufleute durften ungehindert Auskunft ertheilen; sie erwarteten vom Verkehr mit den Fremden eine goldene Ernte. Man fand in Han-kau von aus- ländischen Artikeln englische und americanische Baumwollenwaaren, auf dem langen Landwege über Kan-ton bezogen, russische Wollenstoffe, über Tien-tsin importirt, und japanischen Seetang. Steinkohle war billig und für Dampfer geeignet. Der Theehandel bot gute Aussichten durch die Nähe einiger Bezirke, deren Pro- ducte bis dahin nach dem Süden gingen. Man fand auch chine- sisches Opium, viel billiger als das indische; ferner Eisen, Stahl, Blei, Kupfer, Zucker, Pflanzentalg, Flachs, Oel, und Erzeugnisse des Gewerbfleisses aus allen Theilen des Reiches. Kurz, das in den letzten Jahren so oft genommene und wiedergewonnene Han- kau, in dessen Ruinen Lord Elgin’s Begleiter Ende 1858 Fasanen aufstörten, war jetzt wieder eine mit allen Bedürfnissen des ver- feinerten Lebens versehene blühende Stadt. Während das Geschwader im März vor Han-kau lag, war der Yiṅ-waṅ, die kaiserlichen Truppen nördlich umgehend, in Eil- märschen auf das nur neun Meilen davon entfernte Waṅ-tšau ge- rückt, das er am 17. März besetzte. Er sollte mit den anderen Armeen in der Dreistadt zusammentreffen, deren Bevölkerung nun panischer Schrecken ergriff. Umsonst suchten die Behörden dem Auszug zu steuern; Hunderttausende bedeckten, ihre fahrende Habe einschiffend, Tag und Nacht die Stromufer. Banditen rannten mit dem Ruf, die Tae-piṅ seien da, durch die Strassen; in wilder Flucht stürzte Alles nach dem Flusse; Diebe plünderten nach Lust. Admiral Hope liess ein Kanonenboot vor Han-kau und fuhr mit den übrigen Schiffen stromaufwärts bis Yo-tšau an der Mündung des Tuṅ-tiṅ-Sees. Nach Han-kau zurückkehrend fand er die Stadt verlassen, die Strassen verödet, die Läden geschlossen. Die Unzahl der Handelsdschunken und Boote, die früher im Han ge-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/435>, abgerufen am 25.11.2024.