[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.XIII. Mr. Roberts in Nan-kin. Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kin wenig Erst nach der Einnahme von Su-tsau begab sich Herr Ro- 130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht- heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. -- Der Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels. XIII. Mr. Roberts in Nan-kiṅ. Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kiṅ wenig Erst nach der Einnahme von Su-tšau begab sich Herr Ro- 130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht- heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. — Der Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0427" n="405"/> <fw place="top" type="header">XIII. Mr. <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2007052574">Roberts</persName> in <hi rendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi>.</fw><lb/> <p>Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher <hi rendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> wenig<lb/> Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar<lb/> Dr. <persName ref="nognd">Happer</persName> in <hi rendition="#k"><placeName>Kan-ton</placeName></hi> übergeben, der ihn sofort an Herrn <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2007052574">Ro-<lb/> berts</persName> sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den<lb/> Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: <hi rendition="#k">Tien-ti, Tae-<lb/> piṅ, Waṅ-yin</hi>: d. h. Siegel des <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi>-Königs <hi rendition="#k">Tien-ti</hi>. <note place="foot" n="130)"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/102584729">Meadows</persName> muss diesen in dem Buch von <persName ref="http://isni-url.oclc.nl/isni/0000000081390848">Lindesay Brine</persName> abgedruckten Brief<lb/> nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht-<lb/> heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/102584729">Meadows</persName> ihn gekannt und für<lb/> unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. — Der<lb/> Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels.</note> Am<lb/> Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand be-<lb/> wies er sicher. Herr <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2007052574">Roberts</persName> wünschte der Einladung zu folgen<lb/> und ging nach <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi>; warum er <hi rendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> nicht erreichte und<lb/> seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. 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XIII. Mr. Roberts in Nan-kiṅ.
Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kiṅ wenig
Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar
Dr. Happer in Kan-ton übergeben, der ihn sofort an Herrn Ro-
berts sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den
Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: Tien-ti, Tae-
piṅ, Waṅ-yin: d. h. Siegel des Tae-piṅ-Königs Tien-ti. 130) Am
Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand be-
wies er sicher. Herr Roberts wünschte der Einladung zu folgen
und ging nach Shang-hae; warum er Nan-kiṅ nicht erreichte und
seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. Seit dem Besuch der
englischen Kriegsschiffe 1854 scheint alle Verbindung mit den Re-
bellen aufgehört zu haben, bis Lord Elgin im Herbst 1858 nach
Nan-kiṅ fuhr. Dem an Letzteren gerichteten Manifest des Tien-
waṅ war eine Erkundigung nach Herrn Roberts und die Bitte bei-
gefügt, dass er nach Nan-kiṅ kommen möge.
Erst nach der Einnahme von Su-tšau begab sich Herr Ro-
berts von Shang-hae aus auf die Reise, und gelangte im October
1860 nach Nan-kiṅ. Vom Tien-waṅ mit Auszeichnung behandelt
und mit hohem Range bekleidet, bequemte er sich zur Tracht der
Tae-piṅ und wurde in den schmutzigen gelben Gewändern und der
goldgestickten Krone das Gespött aller Nan-kiṅ besuchenden Frem-
den. Den verantwortlichen Posten eines Ministers des Auswärtigen
— der Tien-waṅ hoffte durch Roberts mit den fremden Mächten
anzuknüpfen — schlug er klüglich aus; denn die weit über die
Prätensionen der rechtmässigen Kaiser hinausgehende Anmaassung
des Himmelsfürsten machte solche Verbindung unmöglich. Wäre
er dessen lästerlichem Wahn mit vollem Freimuth entgegen getre-
ten, so konnte er überhaupt in Nan-kiṅ nicht Fuss fassen. In der
Hoffnung, Einfluss zu gewinnen, machte er wohl einige Zugeständ-
nisse, musste aber als christlicher Prediger grade diejenigen Lehren
des Tien-waṅ anfechten, welche dessen tollem Herzen am nächsten
lagen. So verlor er alles Ansehn und lebte in Nan-kiṅ ganz
unbeachtet. Leider scheint Herr Roberts ausser einem später mitzu-
theilenden Schreiben garnichts über die Tae-piṅ publicirt zu
130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht-
heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für
unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. — Der
Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels.
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Zitationshilfe: | [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/427>, abgerufen am 16.02.2025. |