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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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XIII. Si-ka-be.
fordert. Daneben besteht der Katechumenen-Unterricht für die
jungen Christen, welchem die heidnischen Zöglinge beiwohnen dür-
fen, aber nicht müssen: viele vertiefen sich aus Neugierde in die
Glaubenslehren; oft sollen beim Unterricht solche Schüler junge
Christen verbessern, die ihre Lection nicht können. Nur die sich
freiwillig melden, werden getauft; die Zahl der Katholiken mehrt
sich aber in diesen Provinzen ansehnlich, denn Lockenderes giebt
es kaum für den Chinesen, als die classische und wissenschaft-
liche Bildung, welche den Weg zu Staatsämtern, zu den höchsten
Würden öffnet.

Bei unserem Besuch zählte Si-ka-be 96 Zöglinge, die in der
Anstalt wohnten; dem Alter und den Fortschritten nach waren sie
in drei Classen getheilt; nur die Wohlhabenden bezahlten einen Er-
ziehungsbeitrag. Alle schienen wohlgenährt und munter, der ge-
sunde Glanz ihres Auges sprach von körperlicher Frische. Trotz
der späten Nachmittagsstunde waren die Schulstuben noch gefüllt:
in jeder Ecke sass ein Lehrer mit höchstens zehn Schülern, die er
einzeln vornahm, während alle anderen, nach chinesischer Art den
Körper wiegend und die Beine schlänkernd, ihre Lection mit
singender Stimme sagten. Die Patres beschränkten sich auf
den Unterricht in der Religion und im Französischen; letztern ge-
niessen nur die besten Schüler als Belohnung; der Mehrzahl wäre
die fremde Sprache Ballast.

Die Anstalt ist äusserlich musterhaft gehalten; in den Ess-
und Schlafsälen, den Schulstuben, der Bibliothek, dem Garten,
der Apotheke, überall die grösste Ordnung und Reinlichkeit. Die
Altäre der Kirche schmücken Oelgemälde, von Zöglingen nach
kleinen Heiligenbildchen ausgeführt; wir trafen solchen jungen Ma-
ler bei der Arbeit; die Zeichnung war gut, der Ausdruck des
Kopfes zart und innig, nur fehlte jede Spur malerischer Wirkung.
Den Hauptaltar hat nach französischer Zeichnung ein Zögling
meisterhaft in Holz geschnitzt.

Die anwesenden Missionare machten den Eindruck von Män-
nern, die der Welt entsagten und in Erfüllung ihres Berufes die
höchste Befriedigung finden. Innere Heiterkeit und Seelenruhe
ohne jeden Anstrich von Frömmelei redete vorzüglich aus dem Vor-
steher der Anstalt, dessen männliche Lebenserfahrung und feiner
Ton vermuthen liessen, dass er nicht immer in der Kutte steckte.
Wer die Jesuiten in fernen Welttheilen sah, kann sich dem Ein-

XIII. Si-ka-be.
fordert. Daneben besteht der Katechumenen-Unterricht für die
jungen Christen, welchem die heidnischen Zöglinge beiwohnen dür-
fen, aber nicht müssen: viele vertiefen sich aus Neugierde in die
Glaubenslehren; oft sollen beim Unterricht solche Schüler junge
Christen verbessern, die ihre Lection nicht können. Nur die sich
freiwillig melden, werden getauft; die Zahl der Katholiken mehrt
sich aber in diesen Provinzen ansehnlich, denn Lockenderes giebt
es kaum für den Chinesen, als die classische und wissenschaft-
liche Bildung, welche den Weg zu Staatsämtern, zu den höchsten
Würden öffnet.

Bei unserem Besuch zählte Si-ka-be 96 Zöglinge, die in der
Anstalt wohnten; dem Alter und den Fortschritten nach waren sie
in drei Classen getheilt; nur die Wohlhabenden bezahlten einen Er-
ziehungsbeitrag. Alle schienen wohlgenährt und munter, der ge-
sunde Glanz ihres Auges sprach von körperlicher Frische. Trotz
der späten Nachmittagsstunde waren die Schulstuben noch gefüllt:
in jeder Ecke sass ein Lehrer mit höchstens zehn Schülern, die er
einzeln vornahm, während alle anderen, nach chinesischer Art den
Körper wiegend und die Beine schlänkernd, ihre Lection mit
singender Stimme sagten. Die Patres beschränkten sich auf
den Unterricht in der Religion und im Französischen; letztern ge-
niessen nur die besten Schüler als Belohnung; der Mehrzahl wäre
die fremde Sprache Ballast.

Die Anstalt ist äusserlich musterhaft gehalten; in den Ess-
und Schlafsälen, den Schulstuben, der Bibliothek, dem Garten,
der Apotheke, überall die grösste Ordnung und Reinlichkeit. Die
Altäre der Kirche schmücken Oelgemälde, von Zöglingen nach
kleinen Heiligenbildchen ausgeführt; wir trafen solchen jungen Ma-
ler bei der Arbeit; die Zeichnung war gut, der Ausdruck des
Kopfes zart und innig, nur fehlte jede Spur malerischer Wirkung.
Den Hauptaltar hat nach französischer Zeichnung ein Zögling
meisterhaft in Holz geschnitzt.

Die anwesenden Missionare machten den Eindruck von Män-
nern, die der Welt entsagten und in Erfüllung ihres Berufes die
höchste Befriedigung finden. Innere Heiterkeit und Seelenruhe
ohne jeden Anstrich von Frömmelei redete vorzüglich aus dem Vor-
steher der Anstalt, dessen männliche Lebenserfahrung und feiner
Ton vermuthen liessen, dass er nicht immer in der Kutte steckte.
Wer die Jesuiten in fernen Welttheilen sah, kann sich dem Ein-

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[397/0419] XIII. Si-ka-be. fordert. Daneben besteht der Katechumenen-Unterricht für die jungen Christen, welchem die heidnischen Zöglinge beiwohnen dür- fen, aber nicht müssen: viele vertiefen sich aus Neugierde in die Glaubenslehren; oft sollen beim Unterricht solche Schüler junge Christen verbessern, die ihre Lection nicht können. Nur die sich freiwillig melden, werden getauft; die Zahl der Katholiken mehrt sich aber in diesen Provinzen ansehnlich, denn Lockenderes giebt es kaum für den Chinesen, als die classische und wissenschaft- liche Bildung, welche den Weg zu Staatsämtern, zu den höchsten Würden öffnet. Bei unserem Besuch zählte Si-ka-be 96 Zöglinge, die in der Anstalt wohnten; dem Alter und den Fortschritten nach waren sie in drei Classen getheilt; nur die Wohlhabenden bezahlten einen Er- ziehungsbeitrag. Alle schienen wohlgenährt und munter, der ge- sunde Glanz ihres Auges sprach von körperlicher Frische. Trotz der späten Nachmittagsstunde waren die Schulstuben noch gefüllt: in jeder Ecke sass ein Lehrer mit höchstens zehn Schülern, die er einzeln vornahm, während alle anderen, nach chinesischer Art den Körper wiegend und die Beine schlänkernd, ihre Lection mit singender Stimme sagten. Die Patres beschränkten sich auf den Unterricht in der Religion und im Französischen; letztern ge- niessen nur die besten Schüler als Belohnung; der Mehrzahl wäre die fremde Sprache Ballast. Die Anstalt ist äusserlich musterhaft gehalten; in den Ess- und Schlafsälen, den Schulstuben, der Bibliothek, dem Garten, der Apotheke, überall die grösste Ordnung und Reinlichkeit. Die Altäre der Kirche schmücken Oelgemälde, von Zöglingen nach kleinen Heiligenbildchen ausgeführt; wir trafen solchen jungen Ma- ler bei der Arbeit; die Zeichnung war gut, der Ausdruck des Kopfes zart und innig, nur fehlte jede Spur malerischer Wirkung. Den Hauptaltar hat nach französischer Zeichnung ein Zögling meisterhaft in Holz geschnitzt. Die anwesenden Missionare machten den Eindruck von Män- nern, die der Welt entsagten und in Erfüllung ihres Berufes die höchste Befriedigung finden. Innere Heiterkeit und Seelenruhe ohne jeden Anstrich von Frömmelei redete vorzüglich aus dem Vor- steher der Anstalt, dessen männliche Lebenserfahrung und feiner Ton vermuthen liessen, dass er nicht immer in der Kutte steckte. Wer die Jesuiten in fernen Welttheilen sah, kann sich dem Ein-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/419>, abgerufen am 22.11.2024.