[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Der Frieden zu Pe-kin. Sir Hope Grant alle auf den Weg des Botschafters mündendenStrassen durch englische Truppen besetzen. Hundert Reiter und vierhundert Mann Infanterie escortirten Lord Elgin und sein Ge- folge, welchem sich viele Officiere zu Pferde und in Sänften an- schlossen. Die Bevölkerung drängte sich neugierig hinzu, und die chinesische Polizei brauchte fleissig die Peitsche, um den Weg frei zu halten; doch sah man kein Zeichen der Feindlichkeit oder Missachtung. In der Ceremonien-Halle empfing, umgeben von vielen Wür- "Am 7. Tage des 8. Mondes des 10. Jahres der Regierung von Wir ernennen Yi-sin, kaiserlichen Prinzen von Kun, zum kaiser- Nun wurde die Convention unterzeichnet, welche ausser den 123) Der im Auszuge mitgetheilte Entwurf der Convention erlitt folgende Modi-
ficationen. Der 3. Artikel der unterzeichneten Convention normirt die Kriegs- Entschädigung auf 7,000,000 Tael, von denen 500,000 bis zum 30. November in Tien-tsin, 333,333 nach Abzug der für den Neubau der Factoreien vorgeschossenen Summe bis zum 1. December 1860 in Kan-ton zu zahlen sind. Zu Tilgung der Restsumme wird vierteljährlich ein Fünftel der Brutto-Einnahme der Zollämter für den fremden Handel angewiesen, und die erste Rate am 31. December 1860 für das dann endende Vierteljahr gezahlt werden. Der 3. Artikel des Entwurfes fällt fort. -- Der 4. Artikel der unterzeichneten Convention ist der 5. des Entwurfes. -- Der 5. Artikel legalisirt die Auswanderung von Chinesen auf englischen Schiffen. -- Durch Artikel 6. wird derjenige Theil des Stadtgebietes von Kau-lun der eng- lischen Krone als Dependenz der Colonie Hong-kong abgetreten, welcher derselben durch den General-Gouverneur von Kuan-tun auf ewige Zeiten vermiethet war. -- Artikel 7. ist Artikel 4. des Entwurfes. Der 8. Artikel stipulirt die Publication des Vertrages und der Convention durch die chinesischen Behörden. Nach dem 9. Ar- tikel sollen Tsu-san und Pe-kin gleich nach Unterzeichnung der Convention und Ratificirung des Vertrages geräumt, Kan-ton, Ta-ku, Tien-tsin und die Küste von Tien-tsin dagegen nach Wahl der englischen Regierung bis zur völligen Til- gung der Kriegsschuld besetzt bleiben. Der Frieden zu Pe-kiṅ. Sir Hope Grant alle auf den Weg des Botschafters mündendenStrassen durch englische Truppen besetzen. Hundert Reiter und vierhundert Mann Infanterie escortirten Lord Elgin und sein Ge- folge, welchem sich viele Officiere zu Pferde und in Sänften an- schlossen. Die Bevölkerung drängte sich neugierig hinzu, und die chinesische Polizei brauchte fleissig die Peitsche, um den Weg frei zu halten; doch sah man kein Zeichen der Feindlichkeit oder Missachtung. In der Ceremonien-Halle empfing, umgeben von vielen Wür- »Am 7. Tage des 8. Mondes des 10. Jahres der Regierung von Wir ernennen Yi-sin, kaiserlichen Prinzen von Kuṅ, zum kaiser- Nun wurde die Convention unterzeichnet, welche ausser den 123) Der im Auszuge mitgetheilte Entwurf der Convention erlitt folgende Modi-
ficationen. Der 3. Artikel der unterzeichneten Convention normirt die Kriegs- Entschädigung auf 7,000,000 Tael, von denen 500,000 bis zum 30. November in Tien-tsin, 333,333 nach Abzug der für den Neubau der Factoreien vorgeschossenen Summe bis zum 1. December 1860 in Kan-ton zu zahlen sind. Zu Tilgung der Restsumme wird vierteljährlich ein Fünftel der Brutto-Einnahme der Zollämter für den fremden Handel angewiesen, und die erste Rate am 31. December 1860 für das dann endende Vierteljahr gezahlt werden. Der 3. Artikel des Entwurfes fällt fort. — Der 4. Artikel der unterzeichneten Convention ist der 5. des Entwurfes. — Der 5. Artikel legalisirt die Auswanderung von Chinesen auf englischen Schiffen. — Durch Artikel 6. wird derjenige Theil des Stadtgebietes von Kau-luṅ der eng- lischen Krone als Dependenz der Colonie Hong-kong abgetreten, welcher derselben durch den General-Gouverneur von Kuaṅ-tuṅ auf ewige Zeiten vermiethet war. — Artikel 7. ist Artikel 4. des Entwurfes. Der 8. Artikel stipulirt die Publication des Vertrages und der Convention durch die chinesischen Behörden. Nach dem 9. Ar- tikel sollen Tšu-san und Pe-kiṅ gleich nach Unterzeichnung der Convention und Ratificirung des Vertrages geräumt, Kan-ton, Ta-ku, Tien-tsin und die Küste von Tien-tsin dagegen nach Wahl der englischen Regierung bis zur völligen Til- gung der Kriegsschuld besetzt bleiben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0390" n="368"/><fw place="top" type="header">Der Frieden zu <hi rendition="#k"><placeName>Pe-kiṅ</placeName></hi>.</fw><lb/> Sir <persName ref="http://d-nb.info/gnd/180439049">Hope Grant</persName> alle auf den Weg des Botschafters mündenden<lb/> Strassen durch englische Truppen besetzen. Hundert Reiter und<lb/> vierhundert Mann Infanterie escortirten Lord <persName ref="http://d-nb.info/gnd/122820339">Elgin</persName> und sein Ge-<lb/> folge, welchem sich viele Officiere zu Pferde und in Sänften an-<lb/> schlossen. 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Der Frieden zu Pe-kiṅ.
Sir Hope Grant alle auf den Weg des Botschafters mündenden
Strassen durch englische Truppen besetzen. Hundert Reiter und
vierhundert Mann Infanterie escortirten Lord Elgin und sein Ge-
folge, welchem sich viele Officiere zu Pferde und in Sänften an-
schlossen. Die Bevölkerung drängte sich neugierig hinzu, und die
chinesische Polizei brauchte fleissig die Peitsche, um den Weg frei zu
halten; doch sah man kein Zeichen der Feindlichkeit oder Missachtung.
In der Ceremonien-Halle empfing, umgeben von vielen Wür-
denträgern, der Prinz von Kuṅ den Botschafter mit tiefer Verbeu-
gung; sie setzten sich zugleich an einen in der Mitte stehenden
Tisch. Rechts nahmen die Engländer, links die Chinesen Platz. Der
Prinz soll mit finsterer Hoheit auf die Versammlung geblickt haben. —
Zunächst wurden die Vollmachten geprüft; die chinesische lautete:
»Am 7. Tage des 8. Mondes des 10. Jahres der Regierung von
Hien-fuṅ (21. September 1860) hatte das Gross-Secretariat die Ehre fol-
gendes kaiserliche Decret zu empfangen.
Wir ernennen Yi-sin, kaiserlichen Prinzen von Kuṅ, zum kaiser-
lichen bevollmächtigten Commissar mit Vollmacht Alles zu thun, was
für den Austausch von Verträgen und den Friedensschluss erforderlich
sein mag. Achtet darauf.«
Nun wurde die Convention unterzeichnet, welche ausser den
bezeichneten Artikeln noch Bestimmungen über die Abtretung der
Landspitze Kau-luṅ, Hong-kong gegenüber, und über die legalisirte
Auswanderung von Chinesen auf englischen Schiffen enthielt. 123) —
123) Der im Auszuge mitgetheilte Entwurf der Convention erlitt folgende Modi-
ficationen. Der 3. Artikel der unterzeichneten Convention normirt die Kriegs-
Entschädigung auf 7,000,000 Tael, von denen 500,000 bis zum 30. November in
Tien-tsin, 333,333 nach Abzug der für den Neubau der Factoreien vorgeschossenen
Summe bis zum 1. December 1860 in Kan-ton zu zahlen sind. Zu Tilgung der
Restsumme wird vierteljährlich ein Fünftel der Brutto-Einnahme der Zollämter für
den fremden Handel angewiesen, und die erste Rate am 31. December 1860 für das
dann endende Vierteljahr gezahlt werden. Der 3. Artikel des Entwurfes fällt fort.
— Der 4. Artikel der unterzeichneten Convention ist der 5. des Entwurfes. — Der
5. Artikel legalisirt die Auswanderung von Chinesen auf englischen Schiffen. —
Durch Artikel 6. wird derjenige Theil des Stadtgebietes von Kau-luṅ der eng-
lischen Krone als Dependenz der Colonie Hong-kong abgetreten, welcher derselben
durch den General-Gouverneur von Kuaṅ-tuṅ auf ewige Zeiten vermiethet war. —
Artikel 7. ist Artikel 4. des Entwurfes. Der 8. Artikel stipulirt die Publication des
Vertrages und der Convention durch die chinesischen Behörden. Nach dem 9. Ar-
tikel sollen Tšu-san und Pe-kiṅ gleich nach Unterzeichnung der Convention und
Ratificirung des Vertrages geräumt, Kan-ton, Ta-ku, Tien-tsin und die Küste
von Tien-tsin dagegen nach Wahl der englischen Regierung bis zur völligen Til-
gung der Kriegsschuld besetzt bleiben.
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