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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Ein Tartarenlager entdeckt.
rohen Barbaren stempeln musste. Diesen Act des Vandalismus
wird die Geschichte niemals vergessen.122) -- Zwei Tage lang wüthe-
ten in Yuan-min-yuan die Flammen; schwarze Wolken hingen auf
der Brandstätte; ein leichter Wind blies den Rauch und glimmende
Funken über die Hauptstadt hin, deren Strassen sich mit feiner
Asche bedeckten. -- Während des Brandes, am 19. October, mel-
dete Prinz Kun, dass er Alles bewillige: in der Geldforderung er-
kennt er die wohlwollende Absicht, durch Sühnung der Misshand-
lungen das freundschaftliche Verhältniss befestigt zu sehen.

Unterdessen ging in Pe-kin ein Gerücht, dass von Westen
starke Truppenmassen anrückten. Prinz Kun, plauderten die Bür-
ger, wolle den Botschafter in die Stadt locken, ermorden u. s. w.
Englische Reiter-Patrouillen, welche täglich die Gegend nach dem
Gebirge durchstreiften, fanden keinen Feind. Am 22. October ent-
deckte aber Major Probyn mit seinen indischen Reitern ein ver-
schanztes Tartarenlager dicht unter der westlichen Stadtmauer.
Sonderbarer Weise war es die erste Recognoscirung an dieser
Stelle. Die Tartaren rückten beim Anmarsch der Inder in guter
Ordnung aus, und ein Officier kam geritten, zu fragen, was sie
wollten. Der Commandeur nahm denselben mit, liess ihn aber bald
wieder los, da die Dolmetscher entdeckten, dass die Tartaren ohne
feindselige Absicht die ganze Zeit dort gestanden hatten. -- Grade
als die indische Cavallerie hinausritt, wollte der Prinz von Kun,
welcher bis dahin ausserhalb Pe-kin geweilt hatte, zu Unterzeich-
nung der Convention von dieser Seite einziehen. Beim Anblick der
dunklen Reiter wähnte er, es sei auf seine Person gemünzt, kehrte
eiligst um, floh hastig mehrere Meilen weit und schrieb an den
russischen Gesandten General Ignatief, der ihn über die Absichten
der Verbündeten beruhigte.

Am Abend des 22. October wurden die geforderten 300,000
Tael in die Hände englischer Intendantur-Beamten gezahlt. Die
feierliche Unterzeichnung der Convention erfolgte erst am 24. Octo-
ber in der "Ceremonien-Halle", einem grossen Gebäude im Südosten
der Tartarenstadt. Um gegen Ueberrumpelung sicher zu sein, liess

122) Die Bibliothek soll den grössten Schatz ungedruckter Manuscripte und viele
Unica enthalten haben, welche für die Geschichte nicht blos von China, sondern von
ganz Asien unersetzlich sind. Der Chinese redet von dem Verlust dieser Schätze
etwa wie bei uns von einer Zerstörung des Vaticanes geredet würde; Yuan-min-
yuan
soll weitaus die wichtigste Sammlung dieser Art für den ganzen Welttheil
gewesen sein.

Ein Tartarenlager entdeckt.
rohen Barbaren stempeln musste. Diesen Act des Vandalismus
wird die Geschichte niemals vergessen.122) — Zwei Tage lang wüthe-
ten in Yuaṅ-miṅ-yuaṅ die Flammen; schwarze Wolken hingen auf
der Brandstätte; ein leichter Wind blies den Rauch und glimmende
Funken über die Hauptstadt hin, deren Strassen sich mit feiner
Asche bedeckten. — Während des Brandes, am 19. October, mel-
dete Prinz Kuṅ, dass er Alles bewillige: in der Geldforderung er-
kennt er die wohlwollende Absicht, durch Sühnung der Misshand-
lungen das freundschaftliche Verhältniss befestigt zu sehen.

Unterdessen ging in Pe-kiṅ ein Gerücht, dass von Westen
starke Truppenmassen anrückten. Prinz Kuṅ, plauderten die Bür-
ger, wolle den Botschafter in die Stadt locken, ermorden u. s. w.
Englische Reiter-Patrouillen, welche täglich die Gegend nach dem
Gebirge durchstreiften, fanden keinen Feind. Am 22. October ent-
deckte aber Major Probyn mit seinen indischen Reitern ein ver-
schanztes Tartarenlager dicht unter der westlichen Stadtmauer.
Sonderbarer Weise war es die erste Recognoscirung an dieser
Stelle. Die Tartaren rückten beim Anmarsch der Inder in guter
Ordnung aus, und ein Officier kam geritten, zu fragen, was sie
wollten. Der Commandeur nahm denselben mit, liess ihn aber bald
wieder los, da die Dolmetscher entdeckten, dass die Tartaren ohne
feindselige Absicht die ganze Zeit dort gestanden hatten. — Grade
als die indische Cavallerie hinausritt, wollte der Prinz von Kuṅ,
welcher bis dahin ausserhalb Pe-kiṅ geweilt hatte, zu Unterzeich-
nung der Convention von dieser Seite einziehen. Beim Anblick der
dunklen Reiter wähnte er, es sei auf seine Person gemünzt, kehrte
eiligst um, floh hastig mehrere Meilen weit und schrieb an den
russischen Gesandten General Ignatief, der ihn über die Absichten
der Verbündeten beruhigte.

Am Abend des 22. October wurden die geforderten 300,000
Tael in die Hände englischer Intendantur-Beamten gezahlt. Die
feierliche Unterzeichnung der Convention erfolgte erst am 24. Octo-
ber in der »Ceremonien-Halle«, einem grossen Gebäude im Südosten
der Tartarenstadt. Um gegen Ueberrumpelung sicher zu sein, liess

122) Die Bibliothek soll den grössten Schatz ungedruckter Manuscripte und viele
Unica enthalten haben, welche für die Geschichte nicht blos von China, sondern von
ganz Asien unersetzlich sind. Der Chinese redet von dem Verlust dieser Schätze
etwa wie bei uns von einer Zerstörung des Vaticanes geredet würde; Yuaṅ-miṅ-
yuaṅ
soll weitaus die wichtigste Sammlung dieser Art für den ganzen Welttheil
gewesen sein.
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[367/0389] Ein Tartarenlager entdeckt. rohen Barbaren stempeln musste. Diesen Act des Vandalismus wird die Geschichte niemals vergessen. 122) — Zwei Tage lang wüthe- ten in Yuaṅ-miṅ-yuaṅ die Flammen; schwarze Wolken hingen auf der Brandstätte; ein leichter Wind blies den Rauch und glimmende Funken über die Hauptstadt hin, deren Strassen sich mit feiner Asche bedeckten. — Während des Brandes, am 19. October, mel- dete Prinz Kuṅ, dass er Alles bewillige: in der Geldforderung er- kennt er die wohlwollende Absicht, durch Sühnung der Misshand- lungen das freundschaftliche Verhältniss befestigt zu sehen. Unterdessen ging in Pe-kiṅ ein Gerücht, dass von Westen starke Truppenmassen anrückten. Prinz Kuṅ, plauderten die Bür- ger, wolle den Botschafter in die Stadt locken, ermorden u. s. w. Englische Reiter-Patrouillen, welche täglich die Gegend nach dem Gebirge durchstreiften, fanden keinen Feind. Am 22. October ent- deckte aber Major Probyn mit seinen indischen Reitern ein ver- schanztes Tartarenlager dicht unter der westlichen Stadtmauer. Sonderbarer Weise war es die erste Recognoscirung an dieser Stelle. Die Tartaren rückten beim Anmarsch der Inder in guter Ordnung aus, und ein Officier kam geritten, zu fragen, was sie wollten. Der Commandeur nahm denselben mit, liess ihn aber bald wieder los, da die Dolmetscher entdeckten, dass die Tartaren ohne feindselige Absicht die ganze Zeit dort gestanden hatten. — Grade als die indische Cavallerie hinausritt, wollte der Prinz von Kuṅ, welcher bis dahin ausserhalb Pe-kiṅ geweilt hatte, zu Unterzeich- nung der Convention von dieser Seite einziehen. Beim Anblick der dunklen Reiter wähnte er, es sei auf seine Person gemünzt, kehrte eiligst um, floh hastig mehrere Meilen weit und schrieb an den russischen Gesandten General Ignatief, der ihn über die Absichten der Verbündeten beruhigte. Am Abend des 22. October wurden die geforderten 300,000 Tael in die Hände englischer Intendantur-Beamten gezahlt. Die feierliche Unterzeichnung der Convention erfolgte erst am 24. Octo- ber in der »Ceremonien-Halle«, einem grossen Gebäude im Südosten der Tartarenstadt. Um gegen Ueberrumpelung sicher zu sein, liess 122) Die Bibliothek soll den grössten Schatz ungedruckter Manuscripte und viele Unica enthalten haben, welche für die Geschichte nicht blos von China, sondern von ganz Asien unersetzlich sind. Der Chinese redet von dem Verlust dieser Schätze etwa wie bei uns von einer Zerstörung des Vaticanes geredet würde; Yuaṅ-miṅ- yuaṅ soll weitaus die wichtigste Sammlung dieser Art für den ganzen Welttheil gewesen sein.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/389>, abgerufen am 24.11.2024.