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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Zerstörung des Sommerpalastes.
schon geschlossen; diese Auffassung der Lage sei irrig, da die
Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ohne Vergeltung der an den
Gefangenen verübten Schandthaten könne kein Frieden sein zwischen
Grossbritannien und der Tsin-Dynastie. Der Sommerpalast werde
von Grund aus zerstört werden; ausserdem habe die chinesische
Regierung 300,000 Tael als Entschädigung für die überlebenden
Gefangenen und die Verwandten der gemordeten zu zahlen. Der
Convention müsse ein Artikel beigefügt werden, welcher es in das
Belieben der englischen Regierung stelle, Tien-tsin bis zur gänz-
lichen Tilgung der Kriegsschuld besetzt zu halten. Hätte der Prinz
Lord Elgin nicht bis zum 20. October 10 Uhr Vormittags ange-
zeigt, dass die Summe von 300,000 Tael am 22. zur Zahlung be-
reit liegen solle, dass er am 23. die Convention unterzeichnen und
die Ratificationsurkunden des Vertrages auswechseln wolle, so
werde Lord Elgin den commandirenden General ersuchen, sich des
kaiserlichen Palastes in Pe-kin zu bemächtigen und solche ferneren
Schritte zu thun, als er zu Durchführung dieser Forderungen ange-
messen erachte. Sollte der Widerstand der chinesischen Regierung
ihn zu diesem Verfahren zwingen, so werde er zugleich den Com-
mandeur der Flotte ersuchen, Gewaltschritte anzuordnen. Er erin-
nere den Prinzen daran, dass bisher die Steuern in Kan-ton für
kaiserliche Rechnung erhoben seien, dass nur die Truppen der
Verbündeten Shang-hae vor den Rebellen schützten, dass ihre
Flotte sowohl das Meer als die Binnenwässer beherrsche und die
Getreidezufuhren nach der Hauptstadt leicht abschneiden könne.

Kaum 20 Meilen von Pe-kin spottete damals ein Insurgenten-
Heer der kaiserlichen Macht; der politisirende Bürger der Residenz
kannte natürlich genau dessen Beziehungen zu den Alliirten, der
Sturz der Tsin-Dynastie bildete das Tagesgespräch. Man glaubte
denselben besiegelt durch die Zerstörung des Sommerpalastes,
welche mit Darlegung der Gründe und Drohungen gegen das Kai-
serhaus den Bewohnern der Hauptstadt in Proclamationen angezeigt
wurde.

Am 18. October marschirte ein englisches Detachement nach
Yuan-min-yuan und steckte die zahlreichen in meilenweiten Gärten
zerstreuten Paläste, leider auch die Bibliothek in Brand, die reichste
und berühmteste Sammlung von ganz Asien, deren Zerstörung nicht
nur ein unersetzlicher Verlust für die Wissenschaft war, sondern
auch die Europäer in den Augen jedes gebildeten Chinesen zu

Zerstörung des Sommerpalastes.
schon geschlossen; diese Auffassung der Lage sei irrig, da die
Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ohne Vergeltung der an den
Gefangenen verübten Schandthaten könne kein Frieden sein zwischen
Grossbritannien und der Tsiṅ-Dynastie. Der Sommerpalast werde
von Grund aus zerstört werden; ausserdem habe die chinesische
Regierung 300,000 Tael als Entschädigung für die überlebenden
Gefangenen und die Verwandten der gemordeten zu zahlen. Der
Convention müsse ein Artikel beigefügt werden, welcher es in das
Belieben der englischen Regierung stelle, Tien-tsin bis zur gänz-
lichen Tilgung der Kriegsschuld besetzt zu halten. Hätte der Prinz
Lord Elgin nicht bis zum 20. October 10 Uhr Vormittags ange-
zeigt, dass die Summe von 300,000 Tael am 22. zur Zahlung be-
reit liegen solle, dass er am 23. die Convention unterzeichnen und
die Ratificationsurkunden des Vertrages auswechseln wolle, so
werde Lord Elgin den commandirenden General ersuchen, sich des
kaiserlichen Palastes in Pe-kiṅ zu bemächtigen und solche ferneren
Schritte zu thun, als er zu Durchführung dieser Forderungen ange-
messen erachte. Sollte der Widerstand der chinesischen Regierung
ihn zu diesem Verfahren zwingen, so werde er zugleich den Com-
mandeur der Flotte ersuchen, Gewaltschritte anzuordnen. Er erin-
nere den Prinzen daran, dass bisher die Steuern in Kan-ton für
kaiserliche Rechnung erhoben seien, dass nur die Truppen der
Verbündeten Shang-hae vor den Rebellen schützten, dass ihre
Flotte sowohl das Meer als die Binnenwässer beherrsche und die
Getreidezufuhren nach der Hauptstadt leicht abschneiden könne.

Kaum 20 Meilen von Pe-kiṅ spottete damals ein Insurgenten-
Heer der kaiserlichen Macht; der politisirende Bürger der Residenz
kannte natürlich genau dessen Beziehungen zu den Alliirten, der
Sturz der Tsiṅ-Dynastie bildete das Tagesgespräch. Man glaubte
denselben besiegelt durch die Zerstörung des Sommerpalastes,
welche mit Darlegung der Gründe und Drohungen gegen das Kai-
serhaus den Bewohnern der Hauptstadt in Proclamationen angezeigt
wurde.

Am 18. October marschirte ein englisches Detachement nach
Yuaṅ-miṅ-yuaṅ und steckte die zahlreichen in meilenweiten Gärten
zerstreuten Paläste, leider auch die Bibliothek in Brand, die reichste
und berühmteste Sammlung von ganz Asien, deren Zerstörung nicht
nur ein unersetzlicher Verlust für die Wissenschaft war, sondern
auch die Europäer in den Augen jedes gebildeten Chinesen zu

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[366/0388] Zerstörung des Sommerpalastes. schon geschlossen; diese Auffassung der Lage sei irrig, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ohne Vergeltung der an den Gefangenen verübten Schandthaten könne kein Frieden sein zwischen Grossbritannien und der Tsiṅ-Dynastie. Der Sommerpalast werde von Grund aus zerstört werden; ausserdem habe die chinesische Regierung 300,000 Tael als Entschädigung für die überlebenden Gefangenen und die Verwandten der gemordeten zu zahlen. Der Convention müsse ein Artikel beigefügt werden, welcher es in das Belieben der englischen Regierung stelle, Tien-tsin bis zur gänz- lichen Tilgung der Kriegsschuld besetzt zu halten. Hätte der Prinz Lord Elgin nicht bis zum 20. October 10 Uhr Vormittags ange- zeigt, dass die Summe von 300,000 Tael am 22. zur Zahlung be- reit liegen solle, dass er am 23. die Convention unterzeichnen und die Ratificationsurkunden des Vertrages auswechseln wolle, so werde Lord Elgin den commandirenden General ersuchen, sich des kaiserlichen Palastes in Pe-kiṅ zu bemächtigen und solche ferneren Schritte zu thun, als er zu Durchführung dieser Forderungen ange- messen erachte. Sollte der Widerstand der chinesischen Regierung ihn zu diesem Verfahren zwingen, so werde er zugleich den Com- mandeur der Flotte ersuchen, Gewaltschritte anzuordnen. Er erin- nere den Prinzen daran, dass bisher die Steuern in Kan-ton für kaiserliche Rechnung erhoben seien, dass nur die Truppen der Verbündeten Shang-hae vor den Rebellen schützten, dass ihre Flotte sowohl das Meer als die Binnenwässer beherrsche und die Getreidezufuhren nach der Hauptstadt leicht abschneiden könne. Kaum 20 Meilen von Pe-kiṅ spottete damals ein Insurgenten- Heer der kaiserlichen Macht; der politisirende Bürger der Residenz kannte natürlich genau dessen Beziehungen zu den Alliirten, der Sturz der Tsiṅ-Dynastie bildete das Tagesgespräch. Man glaubte denselben besiegelt durch die Zerstörung des Sommerpalastes, welche mit Darlegung der Gründe und Drohungen gegen das Kai- serhaus den Bewohnern der Hauptstadt in Proclamationen angezeigt wurde. Am 18. October marschirte ein englisches Detachement nach Yuaṅ-miṅ-yuaṅ und steckte die zahlreichen in meilenweiten Gärten zerstreuten Paläste, leider auch die Bibliothek in Brand, die reichste und berühmteste Sammlung von ganz Asien, deren Zerstörung nicht nur ein unersetzlicher Verlust für die Wissenschaft war, sondern auch die Europäer in den Augen jedes gebildeten Chinesen zu

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/388>, abgerufen am 24.11.2024.