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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Besetzung des Gan-tin-Thores.
doch die Pflichten des Menschen gegen den Menschen kennt und
längst Disciplin in ihre Armee gebracht hat, während ihre Truppen
muthwillig den Gartenpalast geplündert und verbrannt haben, die
Commandeure beider Armeen und der britische Gesandte Unkennt-
niss dieser Ereignisse vorschützen? Vom Standpuncte des Rechtes
müsste der britische Gesandte in seiner Antwort deutlich erklären,
was für Strafe gegen die Truppen verhängt, was für Entschädi-
gung geleistet werden solle. Heut aber erhielt der Prinz zu
seiner Ueberraschung ein Schreiben von Seiner Excellenz Sir Hope
Grant
, meldend, dass Derselbe sich des Gan-tin-Thores zu be-
mächtigen wünscht und als Vorspiel dazu Batterieen baut; und
dass er im Weigerungsfalle am 29. dieses Mondes (13. October)
die Stadt angreifen will." -- Nun folgt ein unverständiges Durch-
einander von Erklärungen und Argumenten: der Vertrag und die
Convention sollen angenommen werden; dass der Gesandte eine
Escorte dazu mitbringt, steht schon in der Convention; diese spricht
aber nur von des Gesandten Eintritt in die Hauptstadt; die Stadt-
thore stehen unter Obhut hoher Officiere, welche deren Oeffnen
und Schliessen bewachen; werden sie jetzt plötzlich geöffnet, "der
Dienst der Bewachung und Visitirung rücksichtslos vernachlässigt",
so wird das Gesindel des Platzes alle Art Unfug stiften; des-
halb muss man Schutzmaassregeln treffen. Da nun Frieden sei
zwischen beiden Nationen, so könne das Thor wohl auch von eng-
lischen Truppen besetzt werden; doch müssten in der Antwort auf
diese Note die Anordnungen specificirt sein. Nach Eintreffen dieser
Antwort könne man einen Tag zu Unterzeichnung der Convention
u. s. w. bestimmen, damit Anstalten dazu getroffen werden. -- Am
Schlusse rühmt der Prinz seine Milde gegen die Gefangenen und
die Treue, mit welcher er Wort gehalten habe. Dazu lieferte der
Zustand der neun mit dieser Note ausgelieferten Franzosen und
Inder einen passenden Beleg. Der Prinz mochte um deren Miss-
handlung nicht wissen.

Am 13. October Morgens um zehn schickte Sir Hope Grant
ohne Rücksicht auf jenes Schreiben Herrn Parkes unter angemesse-
ner Bedeckung ab, die unbedingte Auslieferung des Thores zu for-
dern. Han-ki suchte Ausflüchte und Aufschub. Die Bresche-
Geschütze waren geladen und gerichtet; -- da öffneten sich wenige
Minuten vor zwölf die Thorflügel, und die Truppen zogen ein. Die
Engländer besetzten die Mauerstrecke vom Gan-tin bis zum Ti-sin-

Besetzung des Gan-tiṅ-Thores.
doch die Pflichten des Menschen gegen den Menschen kennt und
längst Disciplin in ihre Armee gebracht hat, während ihre Truppen
muthwillig den Gartenpalast geplündert und verbrannt haben, die
Commandeure beider Armeen und der britische Gesandte Unkennt-
niss dieser Ereignisse vorschützen? Vom Standpuncte des Rechtes
müsste der britische Gesandte in seiner Antwort deutlich erklären,
was für Strafe gegen die Truppen verhängt, was für Entschädi-
gung geleistet werden solle. Heut aber erhielt der Prinz zu
seiner Ueberraschung ein Schreiben von Seiner Excellenz Sir Hope
Grant
, meldend, dass Derselbe sich des Gan-tiṅ-Thores zu be-
mächtigen wünscht und als Vorspiel dazu Batterieen baut; und
dass er im Weigerungsfalle am 29. dieses Mondes (13. October)
die Stadt angreifen will.« — Nun folgt ein unverständiges Durch-
einander von Erklärungen und Argumenten: der Vertrag und die
Convention sollen angenommen werden; dass der Gesandte eine
Escorte dazu mitbringt, steht schon in der Convention; diese spricht
aber nur von des Gesandten Eintritt in die Hauptstadt; die Stadt-
thore stehen unter Obhut hoher Officiere, welche deren Oeffnen
und Schliessen bewachen; werden sie jetzt plötzlich geöffnet, »der
Dienst der Bewachung und Visitirung rücksichtslos vernachlässigt«,
so wird das Gesindel des Platzes alle Art Unfug stiften; des-
halb muss man Schutzmaassregeln treffen. Da nun Frieden sei
zwischen beiden Nationen, so könne das Thor wohl auch von eng-
lischen Truppen besetzt werden; doch müssten in der Antwort auf
diese Note die Anordnungen specificirt sein. Nach Eintreffen dieser
Antwort könne man einen Tag zu Unterzeichnung der Convention
u. s. w. bestimmen, damit Anstalten dazu getroffen werden. — Am
Schlusse rühmt der Prinz seine Milde gegen die Gefangenen und
die Treue, mit welcher er Wort gehalten habe. Dazu lieferte der
Zustand der neun mit dieser Note ausgelieferten Franzosen und
Inder einen passenden Beleg. Der Prinz mochte um deren Miss-
handlung nicht wissen.

Am 13. October Morgens um zehn schickte Sir Hope Grant
ohne Rücksicht auf jenes Schreiben Herrn Parkes unter angemesse-
ner Bedeckung ab, die unbedingte Auslieferung des Thores zu for-
dern. Haṅ-ki suchte Ausflüchte und Aufschub. Die Bresche-
Geschütze waren geladen und gerichtet; — da öffneten sich wenige
Minuten vor zwölf die Thorflügel, und die Truppen zogen ein. Die
Engländer besetzten die Mauerstrecke vom Gan-tiṅ bis zum Ti-šiṅ-

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[364/0386] Besetzung des Gan-tiṅ-Thores. doch die Pflichten des Menschen gegen den Menschen kennt und längst Disciplin in ihre Armee gebracht hat, während ihre Truppen muthwillig den Gartenpalast geplündert und verbrannt haben, die Commandeure beider Armeen und der britische Gesandte Unkennt- niss dieser Ereignisse vorschützen? Vom Standpuncte des Rechtes müsste der britische Gesandte in seiner Antwort deutlich erklären, was für Strafe gegen die Truppen verhängt, was für Entschädi- gung geleistet werden solle. Heut aber erhielt der Prinz zu seiner Ueberraschung ein Schreiben von Seiner Excellenz Sir Hope Grant, meldend, dass Derselbe sich des Gan-tiṅ-Thores zu be- mächtigen wünscht und als Vorspiel dazu Batterieen baut; und dass er im Weigerungsfalle am 29. dieses Mondes (13. October) die Stadt angreifen will.« — Nun folgt ein unverständiges Durch- einander von Erklärungen und Argumenten: der Vertrag und die Convention sollen angenommen werden; dass der Gesandte eine Escorte dazu mitbringt, steht schon in der Convention; diese spricht aber nur von des Gesandten Eintritt in die Hauptstadt; die Stadt- thore stehen unter Obhut hoher Officiere, welche deren Oeffnen und Schliessen bewachen; werden sie jetzt plötzlich geöffnet, »der Dienst der Bewachung und Visitirung rücksichtslos vernachlässigt«, so wird das Gesindel des Platzes alle Art Unfug stiften; des- halb muss man Schutzmaassregeln treffen. Da nun Frieden sei zwischen beiden Nationen, so könne das Thor wohl auch von eng- lischen Truppen besetzt werden; doch müssten in der Antwort auf diese Note die Anordnungen specificirt sein. Nach Eintreffen dieser Antwort könne man einen Tag zu Unterzeichnung der Convention u. s. w. bestimmen, damit Anstalten dazu getroffen werden. — Am Schlusse rühmt der Prinz seine Milde gegen die Gefangenen und die Treue, mit welcher er Wort gehalten habe. Dazu lieferte der Zustand der neun mit dieser Note ausgelieferten Franzosen und Inder einen passenden Beleg. Der Prinz mochte um deren Miss- handlung nicht wissen. Am 13. October Morgens um zehn schickte Sir Hope Grant ohne Rücksicht auf jenes Schreiben Herrn Parkes unter angemesse- ner Bedeckung ab, die unbedingte Auslieferung des Thores zu for- dern. Haṅ-ki suchte Ausflüchte und Aufschub. Die Bresche- Geschütze waren geladen und gerichtet; — da öffneten sich wenige Minuten vor zwölf die Thorflügel, und die Truppen zogen ein. Die Engländer besetzten die Mauerstrecke vom Gan-tiṅ bis zum Ti-šiṅ-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/386>, abgerufen am 24.11.2024.