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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Verhandlungen in Tun-tsau.
Wenn sie aber, auf ihrem Sinn beharrend, kein Einsehen haben, wenn
sie, ihr Gewissen unterdrückend, mit ihren Gewaltthaten fortfahren,
so müssen unsere Feldherren und Krieger und unsere Freiwilligen aus
dem Volke die äussersten Anstrengungen zu ihrer Ausrottung machen,
nachdem sie einen Eid geschworen, dass die verhasste Brut gänzlich
vertilgt werden soll. -- Mögen sie bei Zeiten klug sein.

Beachtet dieses."

Offenbar erliess der Kaiser dieses Manifest, als Tsae und
Mu-yin ihm nach dem Besuche der Herren Wade und Parkes Be-
richt erstattet hatten. Dass Lord Elgin mit tausend Mann nach
Pe-kin kommen wollte, schlug dem Fass den Boden aus. San-
ko-lin-sin
schob seine Truppen nach Tsan-kia-van vor, und hoffte
die Verbündeten auf dem für sie bestimmten Lagerplatz zu um-
zingeln. Tsae und Mu-yin mussten zum Schein die Verhandlungen
fortsetzen, als Consul Parkes am Morgen des 17. September wieder
nach Tun-tsau kam. Die Commissare empfingen ihn mit äusserster
Freundlichkeit, gingen auf die meisten Vorschläge ein und erhoben
ernsten Einspruch nur gegen die persönliche Ueberreichung des
königlichen Handschreibens an den Kaiser. Dasselbe solle in ehr-
erbietigster Form von einem dazu ermächtigten Prinzen oder Com-
missar entgegengenommen, auch eine eigenhändige Antwort ertheilt
werden; nur dürfe es keine Audienz veranlassen. Herr Parkes
bezeichnete das königliche Schreiben als ein Zeichen der Ach-
tung und Freundschaft, fand aber keinen Anklang, und ersuchte
die Commissare, sich bei der nahen Conferenz mit Lord Elgin
selbst darüber zu verständigen. Sie verlangten jedoch hartnäckig,
dass die Frage sofort entschieden werde, so dass Herr Parkes end-
lich weitere Erörterungen ablehnte. Offenbar suchte man einen Streit-
punct, der nach den früheren Zugeständnissen keinen Argwohn er-
regte. -- Nachmittags besprachen die Commissare sich mit den französi-
schen Beamten, welche eben so wenig Verdacht schöpften. Am Abend
las Parkes die von Herrn Wade verfasste Proclamation an die Bevölke-
rung vor, welche der Prinz sehr lobte und sofort für den Druck zu schnei-
den befahl. Dann wurden noch Officiere bezeichnet, welche die Vorbe-
reitungen auf dem Lagerplatz, und andere, welche die Einrichtungen für
den Proviant mit ihm treffen sollten. Abends trennte man sich mit
gegenseitigen Glückwünschen wegen Feststellung der Präliminarien.

Als am 18. September die Herren Colonel Walker, Parkes
und Loch mit einigen Mann Escorte und den ihnen beigegebenen

Verhandlungen in Tuṅ-tšau.
Wenn sie aber, auf ihrem Sinn beharrend, kein Einsehen haben, wenn
sie, ihr Gewissen unterdrückend, mit ihren Gewaltthaten fortfahren,
so müssen unsere Feldherren und Krieger und unsere Freiwilligen aus
dem Volke die äussersten Anstrengungen zu ihrer Ausrottung machen,
nachdem sie einen Eid geschworen, dass die verhasste Brut gänzlich
vertilgt werden soll. — Mögen sie bei Zeiten klug sein.

Beachtet dieses.«

Offenbar erliess der Kaiser dieses Manifest, als Tsae und
Mu-yin ihm nach dem Besuche der Herren Wade und Parkes Be-
richt erstattet hatten. Dass Lord Elgin mit tausend Mann nach
Pe-kiṅ kommen wollte, schlug dem Fass den Boden aus. Saṅ-
ko-lin-sin
schob seine Truppen nach Tšaṅ-kia-van vor, und hoffte
die Verbündeten auf dem für sie bestimmten Lagerplatz zu um-
zingeln. Tsae und Mu-yin mussten zum Schein die Verhandlungen
fortsetzen, als Consul Parkes am Morgen des 17. September wieder
nach Tuṅ-tšau kam. Die Commissare empfingen ihn mit äusserster
Freundlichkeit, gingen auf die meisten Vorschläge ein und erhoben
ernsten Einspruch nur gegen die persönliche Ueberreichung des
königlichen Handschreibens an den Kaiser. Dasselbe solle in ehr-
erbietigster Form von einem dazu ermächtigten Prinzen oder Com-
missar entgegengenommen, auch eine eigenhändige Antwort ertheilt
werden; nur dürfe es keine Audienz veranlassen. Herr Parkes
bezeichnete das königliche Schreiben als ein Zeichen der Ach-
tung und Freundschaft, fand aber keinen Anklang, und ersuchte
die Commissare, sich bei der nahen Conferenz mit Lord Elgin
selbst darüber zu verständigen. Sie verlangten jedoch hartnäckig,
dass die Frage sofort entschieden werde, so dass Herr Parkes end-
lich weitere Erörterungen ablehnte. Offenbar suchte man einen Streit-
punct, der nach den früheren Zugeständnissen keinen Argwohn er-
regte. — Nachmittags besprachen die Commissare sich mit den französi-
schen Beamten, welche eben so wenig Verdacht schöpften. Am Abend
las Parkes die von Herrn Wade verfasste Proclamation an die Bevölke-
rung vor, welche der Prinz sehr lobte und sofort für den Druck zu schnei-
den befahl. Dann wurden noch Officiere bezeichnet, welche die Vorbe-
reitungen auf dem Lagerplatz, und andere, welche die Einrichtungen für
den Proviant mit ihm treffen sollten. Abends trennte man sich mit
gegenseitigen Glückwünschen wegen Feststellung der Präliminarien.

Als am 18. September die Herren Colonel Walker, Parkes
und Loch mit einigen Mann Escorte und den ihnen beigegebenen

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[348/0370] Verhandlungen in Tuṅ-tšau. Wenn sie aber, auf ihrem Sinn beharrend, kein Einsehen haben, wenn sie, ihr Gewissen unterdrückend, mit ihren Gewaltthaten fortfahren, so müssen unsere Feldherren und Krieger und unsere Freiwilligen aus dem Volke die äussersten Anstrengungen zu ihrer Ausrottung machen, nachdem sie einen Eid geschworen, dass die verhasste Brut gänzlich vertilgt werden soll. — Mögen sie bei Zeiten klug sein. Beachtet dieses.« Offenbar erliess der Kaiser dieses Manifest, als Tsae und Mu-yin ihm nach dem Besuche der Herren Wade und Parkes Be- richt erstattet hatten. Dass Lord Elgin mit tausend Mann nach Pe-kiṅ kommen wollte, schlug dem Fass den Boden aus. Saṅ- ko-lin-sin schob seine Truppen nach Tšaṅ-kia-van vor, und hoffte die Verbündeten auf dem für sie bestimmten Lagerplatz zu um- zingeln. Tsae und Mu-yin mussten zum Schein die Verhandlungen fortsetzen, als Consul Parkes am Morgen des 17. September wieder nach Tuṅ-tšau kam. Die Commissare empfingen ihn mit äusserster Freundlichkeit, gingen auf die meisten Vorschläge ein und erhoben ernsten Einspruch nur gegen die persönliche Ueberreichung des königlichen Handschreibens an den Kaiser. Dasselbe solle in ehr- erbietigster Form von einem dazu ermächtigten Prinzen oder Com- missar entgegengenommen, auch eine eigenhändige Antwort ertheilt werden; nur dürfe es keine Audienz veranlassen. Herr Parkes bezeichnete das königliche Schreiben als ein Zeichen der Ach- tung und Freundschaft, fand aber keinen Anklang, und ersuchte die Commissare, sich bei der nahen Conferenz mit Lord Elgin selbst darüber zu verständigen. Sie verlangten jedoch hartnäckig, dass die Frage sofort entschieden werde, so dass Herr Parkes end- lich weitere Erörterungen ablehnte. Offenbar suchte man einen Streit- punct, der nach den früheren Zugeständnissen keinen Argwohn er- regte. — Nachmittags besprachen die Commissare sich mit den französi- schen Beamten, welche eben so wenig Verdacht schöpften. Am Abend las Parkes die von Herrn Wade verfasste Proclamation an die Bevölke- rung vor, welche der Prinz sehr lobte und sofort für den Druck zu schnei- den befahl. Dann wurden noch Officiere bezeichnet, welche die Vorbe- reitungen auf dem Lagerplatz, und andere, welche die Einrichtungen für den Proviant mit ihm treffen sollten. Abends trennte man sich mit gegenseitigen Glückwünschen wegen Feststellung der Präliminarien. Als am 18. September die Herren Colonel Walker, Parkes und Loch mit einigen Mann Escorte und den ihnen beigegebenen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/370>, abgerufen am 24.11.2024.