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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Correspondenz mit dem Prinzen von Kun.
zurückgeschickt werden, und wenn der kaiserliche Prinz seine Be-
reitwilligkeit anzeigt, die zu Tien-tsin in Kwei-lian's Hände nie-
dergelegte Convention zu unterzeichnen, so soll das Gros der briti-
schen Armee nicht über seine gegenwärtige Stellung hinaus vor-
gehen. Die Convention soll in Tun-tsau unterzeichnet werden, und,
nachdem sie unterschrieben ist, wird der Unterzeichnete mit ange-
messener Bedeckung zu Austausch der Ratificationen des Ver-
trages von Tien-tsin sich nach Pe-kin begeben. Nach Vollziehung
dieser Handlungen soll die britische Armee ihren Marsch nach
Tien-tsin antreten, an welchem Platze sie bis zum Frühjahr blei-
ben wird, da die Unredlichkeit, die Ausflüchte und Zögerungen der
chinesischen Regierung und ihrer Agenten unzuträglich machen, vor
dem Winter weiter zu gehen.

Werden diese Bedingungen angenommen, so können von
jeder Seite Abgeordnete ernannt werden, um solche Präliminarien
zu vervollständigen, als nothwendig sein mögen. Werden sie nicht
angenommen, so wird das britische Heer auf Pe-kin vorrücken und
gemeinschaftlich mit Frankreich Maassregeln ergreifen, welche be-
weisen sollen, dass das Völkerrecht in den Personen englischer
und französischer Unterthanen nicht ungestraft verletzt werden
kann."

In der vom 27. September datirten Antwort auf diese Note
weist der Prinz von Kun jede Verantwortung für die "unrechten
Handlungen" früherer Commissare zurück; er sei ein naher Ver-
wandter des Kaisers, mit voller Autorität ausgestattet, gerecht und
wahrhaftig in seinem Verkehr mit Menschen u. s. w. Da alle Be-
stimmungen der Verträge erfüllt werden sollten, so sei der Frieden
gewiss herzustellen, wenn beide Theile ihre Zusagen hielten. Für
Ueberreichung des königlichen Schreibens solle eine passende
Räumlichkeit ausgesucht und ein Räucheralter aufgestellt werden;
der Prinz nehme dann den Brief in Empfang und lege ihn auf den
Altar, damit demselben gebührende Ehre widerfahre. Die auf
Zerstörung der Hauptstadt und den Sturz der Dynastie bezüg-
lichen Worte ziemten sich für keinen Unterthanen. "Ist es recht
vom britischen Gesandten sie zu brauchen, während er den Frieden
zu wünschen betheuert?" Sollte ein zweckloser Krieg so lange
fortgesetzt werden, als Soldaten übrig seien, so habe China noch
seine Truppen jenseit der Grenze, ferner diejenigen, welche es aus
den Provinzen heranziehen könne u. s. w. Der frühere Commissar

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Correspondenz mit dem Prinzen von Kuṅ.
zurückgeschickt werden, und wenn der kaiserliche Prinz seine Be-
reitwilligkeit anzeigt, die zu Tien-tsin in Kwei-liaṅ’s Hände nie-
dergelegte Convention zu unterzeichnen, so soll das Gros der briti-
schen Armee nicht über seine gegenwärtige Stellung hinaus vor-
gehen. Die Convention soll in Tuṅ-tšau unterzeichnet werden, und,
nachdem sie unterschrieben ist, wird der Unterzeichnete mit ange-
messener Bedeckung zu Austausch der Ratificationen des Ver-
trages von Tien-tsin sich nach Pe-kiṅ begeben. Nach Vollziehung
dieser Handlungen soll die britische Armee ihren Marsch nach
Tien-tsin antreten, an welchem Platze sie bis zum Frühjahr blei-
ben wird, da die Unredlichkeit, die Ausflüchte und Zögerungen der
chinesischen Regierung und ihrer Agenten unzuträglich machen, vor
dem Winter weiter zu gehen.

Werden diese Bedingungen angenommen, so können von
jeder Seite Abgeordnete ernannt werden, um solche Präliminarien
zu vervollständigen, als nothwendig sein mögen. Werden sie nicht
angenommen, so wird das britische Heer auf Pe-kiṅ vorrücken und
gemeinschaftlich mit Frankreich Maassregeln ergreifen, welche be-
weisen sollen, dass das Völkerrecht in den Personen englischer
und französischer Unterthanen nicht ungestraft verletzt werden
kann.«

In der vom 27. September datirten Antwort auf diese Note
weist der Prinz von Kuṅ jede Verantwortung für die »unrechten
Handlungen« früherer Commissare zurück; er sei ein naher Ver-
wandter des Kaisers, mit voller Autorität ausgestattet, gerecht und
wahrhaftig in seinem Verkehr mit Menschen u. s. w. Da alle Be-
stimmungen der Verträge erfüllt werden sollten, so sei der Frieden
gewiss herzustellen, wenn beide Theile ihre Zusagen hielten. Für
Ueberreichung des königlichen Schreibens solle eine passende
Räumlichkeit ausgesucht und ein Räucheralter aufgestellt werden;
der Prinz nehme dann den Brief in Empfang und lege ihn auf den
Altar, damit demselben gebührende Ehre widerfahre. Die auf
Zerstörung der Hauptstadt und den Sturz der Dynastie bezüg-
lichen Worte ziemten sich für keinen Unterthanen. »Ist es recht
vom britischen Gesandten sie zu brauchen, während er den Frieden
zu wünschen betheuert?« Sollte ein zweckloser Krieg so lange
fortgesetzt werden, als Soldaten übrig seien, so habe China noch
seine Truppen jenseit der Grenze, ferner diejenigen, welche es aus
den Provinzen heranziehen könne u. s. w. Der frühere Commissar

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[339/0361] Correspondenz mit dem Prinzen von Kuṅ. zurückgeschickt werden, und wenn der kaiserliche Prinz seine Be- reitwilligkeit anzeigt, die zu Tien-tsin in Kwei-liaṅ’s Hände nie- dergelegte Convention zu unterzeichnen, so soll das Gros der briti- schen Armee nicht über seine gegenwärtige Stellung hinaus vor- gehen. Die Convention soll in Tuṅ-tšau unterzeichnet werden, und, nachdem sie unterschrieben ist, wird der Unterzeichnete mit ange- messener Bedeckung zu Austausch der Ratificationen des Ver- trages von Tien-tsin sich nach Pe-kiṅ begeben. Nach Vollziehung dieser Handlungen soll die britische Armee ihren Marsch nach Tien-tsin antreten, an welchem Platze sie bis zum Frühjahr blei- ben wird, da die Unredlichkeit, die Ausflüchte und Zögerungen der chinesischen Regierung und ihrer Agenten unzuträglich machen, vor dem Winter weiter zu gehen. Werden diese Bedingungen angenommen, so können von jeder Seite Abgeordnete ernannt werden, um solche Präliminarien zu vervollständigen, als nothwendig sein mögen. Werden sie nicht angenommen, so wird das britische Heer auf Pe-kiṅ vorrücken und gemeinschaftlich mit Frankreich Maassregeln ergreifen, welche be- weisen sollen, dass das Völkerrecht in den Personen englischer und französischer Unterthanen nicht ungestraft verletzt werden kann.« In der vom 27. September datirten Antwort auf diese Note weist der Prinz von Kuṅ jede Verantwortung für die »unrechten Handlungen« früherer Commissare zurück; er sei ein naher Ver- wandter des Kaisers, mit voller Autorität ausgestattet, gerecht und wahrhaftig in seinem Verkehr mit Menschen u. s. w. Da alle Be- stimmungen der Verträge erfüllt werden sollten, so sei der Frieden gewiss herzustellen, wenn beide Theile ihre Zusagen hielten. Für Ueberreichung des königlichen Schreibens solle eine passende Räumlichkeit ausgesucht und ein Räucheralter aufgestellt werden; der Prinz nehme dann den Brief in Empfang und lege ihn auf den Altar, damit demselben gebührende Ehre widerfahre. Die auf Zerstörung der Hauptstadt und den Sturz der Dynastie bezüg- lichen Worte ziemten sich für keinen Unterthanen. »Ist es recht vom britischen Gesandten sie zu brauchen, während er den Frieden zu wünschen betheuert?« Sollte ein zweckloser Krieg so lange fortgesetzt werden, als Soldaten übrig seien, so habe China noch seine Truppen jenseit der Grenze, ferner diejenigen, welche es aus den Provinzen heranziehen könne u. s. w. Der frühere Commissar 22*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/361>, abgerufen am 24.11.2024.