nesen hatten viele versteckte Batterieen auf diesen Platz gerichtet und ihre Stellungen so genommen, dass sie denselben umzin- geln konnten.
Es wurde zehn Uhr; man spähte in banger Erwartung nach Parkes und seinen Gefährten. Von einem Hügel liessen sich die feindlichen Linien übersehen, wo Colonel Walkers rothe Uniform unter den grauen Tartaren deutlich zu erkennen war. Plötzlich entstand dort Bewegung, fielen Gewehr- und Kanonenschüsse: dann gallopirten Colonel Walker und seine vier Reiter aus den feind- lichen Linien in die englischen hinüber. Ein Pferd wurde er- schossen, zwei Reiter leicht verwundet. Alle entkamen.
Oberst Walker war, auf Herrn Parkes wartend, in den feind- lichen Linien umhergeritten, was man ihm anfangs höflich, dann in grober Sprache verbot. Soldaten drängten sich trotzig um sein Pferd; einer warf ihm sogar den Degen aus der Scheide, den ihm ein Officier wieder zustellen liess. Gleich darauf sah er Herrn Ader und den Chasseur in einem dichten Knäuel Soldaten, welche sie misshandelten; er bahnte sich den Weg zu ihnen, fasste Herrn Ader, -- der einen Säbelhieb über den Kopf hatte und noch aus anderen Wunden blutete, -- bei der Hand und suchte ihm fort- zuhelfen; da stürzten sich die Soldaten auf Oberst Walker und suchten ihm den Degen aus der Scheide zu reissen; dem wehrend schnitt er sich in die Hand und musste den Franzosen loslassen, der nun sofort unterlag. Man wollte Oberst Walker vom Pferde reissen; er machte sich aber los, ritt mit seinen Leuten Alles vor sich nieder und entrann durch das Feuer der dichten Haufen.
Nun entspann sich der Kampf auf der ganzen Linie. Die gegen 20,000 Mann starke chinesische Streitmacht lehnte ihren rechten Flügel an die alte Stadt Tsan-kia-van, den linken an den etwa dreiviertel Meilen entfernten Pei-ho. Auf dem rechten Flügel der Verbündeten standen 1000 Franzosen, unterstützt von einer Escadron Fane's Horse; das Centrum und den linken Flügel bildeten englische Truppen. Die Verbündeten gingen überall vor; ihre Ar- tillerie brauchte vier Stunden zu Vernichtung der chinesischen, deren Batterieen mit geschickter Bodenbenutzung in gedeckten Stel- lungen angelegt waren. Die beiden Flügel der Verbündeten warfen die vor ihnen stehenden Truppen leicht aus allen Positionen, ver- folgten sie dann zusammenstossend eine halbe Stunde über Tsan- kia-van hinaus und kehrten, zu weiterer Verfolgung durch den
Treffen bei Tšaṅ-kia-van.
nesen hatten viele versteckte Batterieen auf diesen Platz gerichtet und ihre Stellungen so genommen, dass sie denselben umzin- geln konnten.
Es wurde zehn Uhr; man spähte in banger Erwartung nach Parkes und seinen Gefährten. Von einem Hügel liessen sich die feindlichen Linien übersehen, wo Colonel Walkers rothe Uniform unter den grauen Tartaren deutlich zu erkennen war. Plötzlich entstand dort Bewegung, fielen Gewehr- und Kanonenschüsse: dann gallopirten Colonel Walker und seine vier Reiter aus den feind- lichen Linien in die englischen hinüber. Ein Pferd wurde er- schossen, zwei Reiter leicht verwundet. Alle entkamen.
Oberst Walker war, auf Herrn Parkes wartend, in den feind- lichen Linien umhergeritten, was man ihm anfangs höflich, dann in grober Sprache verbot. Soldaten drängten sich trotzig um sein Pferd; einer warf ihm sogar den Degen aus der Scheide, den ihm ein Officier wieder zustellen liess. Gleich darauf sah er Herrn Ader und den Chasseur in einem dichten Knäuel Soldaten, welche sie misshandelten; er bahnte sich den Weg zu ihnen, fasste Herrn Ader, — der einen Säbelhieb über den Kopf hatte und noch aus anderen Wunden blutete, — bei der Hand und suchte ihm fort- zuhelfen; da stürzten sich die Soldaten auf Oberst Walker und suchten ihm den Degen aus der Scheide zu reissen; dem wehrend schnitt er sich in die Hand und musste den Franzosen loslassen, der nun sofort unterlag. Man wollte Oberst Walker vom Pferde reissen; er machte sich aber los, ritt mit seinen Leuten Alles vor sich nieder und entrann durch das Feuer der dichten Haufen.
Nun entspann sich der Kampf auf der ganzen Linie. Die gegen 20,000 Mann starke chinesische Streitmacht lehnte ihren rechten Flügel an die alte Stadt Tšaṅ-kia-van, den linken an den etwa dreiviertel Meilen entfernten Pei-ho. Auf dem rechten Flügel der Verbündeten standen 1000 Franzosen, unterstützt von einer Escadron Fane’s Horse; das Centrum und den linken Flügel bildeten englische Truppen. Die Verbündeten gingen überall vor; ihre Ar- tillerie brauchte vier Stunden zu Vernichtung der chinesischen, deren Batterieen mit geschickter Bodenbenutzung in gedeckten Stel- lungen angelegt waren. Die beiden Flügel der Verbündeten warfen die vor ihnen stehenden Truppen leicht aus allen Positionen, ver- folgten sie dann zusammenstossend eine halbe Stunde über Tšaṅ- kia-van hinaus und kehrten, zu weiterer Verfolgung durch den
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Treffen bei Tšaṅ-kia-van.
nesen hatten viele versteckte Batterieen auf diesen Platz gerichtet
und ihre Stellungen so genommen, dass sie denselben umzin-
geln konnten.
Es wurde zehn Uhr; man spähte in banger Erwartung nach
Parkes und seinen Gefährten. Von einem Hügel liessen sich die
feindlichen Linien übersehen, wo Colonel Walkers rothe Uniform
unter den grauen Tartaren deutlich zu erkennen war. Plötzlich
entstand dort Bewegung, fielen Gewehr- und Kanonenschüsse: dann
gallopirten Colonel Walker und seine vier Reiter aus den feind-
lichen Linien in die englischen hinüber. Ein Pferd wurde er-
schossen, zwei Reiter leicht verwundet. Alle entkamen.
Oberst Walker war, auf Herrn Parkes wartend, in den feind-
lichen Linien umhergeritten, was man ihm anfangs höflich, dann in
grober Sprache verbot. Soldaten drängten sich trotzig um sein
Pferd; einer warf ihm sogar den Degen aus der Scheide, den ihm
ein Officier wieder zustellen liess. Gleich darauf sah er Herrn
Ader und den Chasseur in einem dichten Knäuel Soldaten, welche
sie misshandelten; er bahnte sich den Weg zu ihnen, fasste Herrn
Ader, — der einen Säbelhieb über den Kopf hatte und noch aus
anderen Wunden blutete, — bei der Hand und suchte ihm fort-
zuhelfen; da stürzten sich die Soldaten auf Oberst Walker und
suchten ihm den Degen aus der Scheide zu reissen; dem wehrend
schnitt er sich in die Hand und musste den Franzosen loslassen,
der nun sofort unterlag. Man wollte Oberst Walker vom Pferde
reissen; er machte sich aber los, ritt mit seinen Leuten Alles vor
sich nieder und entrann durch das Feuer der dichten Haufen.
Nun entspann sich der Kampf auf der ganzen Linie. Die
gegen 20,000 Mann starke chinesische Streitmacht lehnte ihren
rechten Flügel an die alte Stadt Tšaṅ-kia-van, den linken an den
etwa dreiviertel Meilen entfernten Pei-ho. Auf dem rechten Flügel
der Verbündeten standen 1000 Franzosen, unterstützt von einer
Escadron Fane’s Horse; das Centrum und den linken Flügel bildeten
englische Truppen. Die Verbündeten gingen überall vor; ihre Ar-
tillerie brauchte vier Stunden zu Vernichtung der chinesischen,
deren Batterieen mit geschickter Bodenbenutzung in gedeckten Stel-
lungen angelegt waren. Die beiden Flügel der Verbündeten warfen
die vor ihnen stehenden Truppen leicht aus allen Positionen, ver-
folgten sie dann zusammenstossend eine halbe Stunde über Tšaṅ-
kia-van hinaus und kehrten, zu weiterer Verfolgung durch den
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/356>, abgerufen am 23.11.2024.
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