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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Fragment eines kaiserlichen Decretes.
gesehen von dem bewiesenen Mangel an Wahrheitsliebe, die von
ihnen vorgeschützte Nothwendigkeit, aus Pe-kin die Bestätigung
aller ihrer Schritte einzuholen, einen Zeitverlust herbeiführe, dem
er sich nicht aussetzen wolle. Er habe deshalb die Oberbefehls-
haber der Truppen ersucht, eine Streitmacht bereit zu stellen, mit
welcher er unverzüglich nach Tun-tsau aufbrechen könne. Vor
Ankunft in dieser Stadt werde er weder ihren Besuch empfangen,
noch auf Abmachungen zu Herstellung des Friedens eingehen.

Die Commissare versuchten nun in einem amtlichen und
einem halbamtlichen Schreiben das Aeusserste, um Lord Elgin zu-
rückzuhalten: sie hätten über die mit den dolmetschenden Secre-
tären erörterten Fragen sofort an den Thron berichtet und erwar-
teten in zwei Tagen die Antwort; man müsse bei Friedensverhand-
lungen doch etwas Geduld und Nachsicht üben; nur drei Tage
möge Lord Elgin warten u. s. w. -- In welcher übelen Lage sie
waren, bewies nachträglich das im Sommerpalast erbeutete Frag-
ment eines Decretes in Zinoberschrift, datirt vom 7. September
1860, das wahrscheinlich auf Kwei-lian's Bericht erlassen wurde
und die Absichten des Kaisers wie seine unklaren Begriffe in
deutliches Licht stellt.

"Was die Aeusserung angeht, dass Tien-tsin schon in der
Barbaren Händen ist, und dass es deshalb nichts ausmacht, ob ihnen
der Handel dort versprochen wird oder nicht, ferner dass die Barbaren
sich der Werke am Zusammenfluss des Canals mit dem Flusse bemäch-
tigten, so wird, wenn sie nach und nach eine grosse Streitmacht
heraufbringen, nichts übrig bleiben, als sie im offenen Felde zu be-
kämpfen. Körper von Fleisch Schiffen und Kanonen entgegen zu stellen
ist ganz unmöglich.

Unsere erste Ansicht war und ist noch die richtige. Kwei-lian
und seine Collegen hätten bei diesem Anlass den Barbaren Tien-tsin
nicht versprechen sollen. Wollten sie Krieg, so musste man sie weit
(in das Land) hinein führen und dann nach einer Todesschlacht sie
klar bedeuten, dass von den neuen Bedingungen keine Rede sei und
dass der alte Vertrag Geltung haben möge. Ging das nicht, so konnte
der Handel in Tien-tsin statt des Aufenthaltes in der Hauptstadt be-
willigt werden. Da diese Minister den Handel gewährt haben, so
wird der einzige Weg sein, dem Artikel, wie er dasteht, beizustimmen
und (die Barbaren) für jetzt festzuhalten; und wenn die Unterhand-
lung ganz und gar zusammenbricht, Kwei-lian und seine Collegen
zurückzurufen oder zu degradiren und, nach Maassgabe des Punctes,

Fragment eines kaiserlichen Decretes.
gesehen von dem bewiesenen Mangel an Wahrheitsliebe, die von
ihnen vorgeschützte Nothwendigkeit, aus Pe-kiṅ die Bestätigung
aller ihrer Schritte einzuholen, einen Zeitverlust herbeiführe, dem
er sich nicht aussetzen wolle. Er habe deshalb die Oberbefehls-
haber der Truppen ersucht, eine Streitmacht bereit zu stellen, mit
welcher er unverzüglich nach Tuṅ-tšau aufbrechen könne. Vor
Ankunft in dieser Stadt werde er weder ihren Besuch empfangen,
noch auf Abmachungen zu Herstellung des Friedens eingehen.

Die Commissare versuchten nun in einem amtlichen und
einem halbamtlichen Schreiben das Aeusserste, um Lord Elgin zu-
rückzuhalten: sie hätten über die mit den dolmetschenden Secre-
tären erörterten Fragen sofort an den Thron berichtet und erwar-
teten in zwei Tagen die Antwort; man müsse bei Friedensverhand-
lungen doch etwas Geduld und Nachsicht üben; nur drei Tage
möge Lord Elgin warten u. s. w. — In welcher übelen Lage sie
waren, bewies nachträglich das im Sommerpalast erbeutete Frag-
ment eines Decretes in Zinoberschrift, datirt vom 7. September
1860, das wahrscheinlich auf Kwei-liaṅ’s Bericht erlassen wurde
und die Absichten des Kaisers wie seine unklaren Begriffe in
deutliches Licht stellt.

»Was die Aeusserung angeht, dass Tien-tsin schon in der
Barbaren Händen ist, und dass es deshalb nichts ausmacht, ob ihnen
der Handel dort versprochen wird oder nicht, ferner dass die Barbaren
sich der Werke am Zusammenfluss des Canals mit dem Flusse bemäch-
tigten, so wird, wenn sie nach und nach eine grosse Streitmacht
heraufbringen, nichts übrig bleiben, als sie im offenen Felde zu be-
kämpfen. Körper von Fleisch Schiffen und Kanonen entgegen zu stellen
ist ganz unmöglich.

Unsere erste Ansicht war und ist noch die richtige. Kwei-liaṅ
und seine Collegen hätten bei diesem Anlass den Barbaren Tien-tsin
nicht versprechen sollen. Wollten sie Krieg, so musste man sie weit
(in das Land) hinein führen und dann nach einer Todesschlacht sie
klar bedeuten, dass von den neuen Bedingungen keine Rede sei und
dass der alte Vertrag Geltung haben möge. Ging das nicht, so konnte
der Handel in Tien-tsin statt des Aufenthaltes in der Hauptstadt be-
willigt werden. Da diese Minister den Handel gewährt haben, so
wird der einzige Weg sein, dem Artikel, wie er dasteht, beizustimmen
und (die Barbaren) für jetzt festzuhalten; und wenn die Unterhand-
lung ganz und gar zusammenbricht, Kwei-liaṅ und seine Collegen
zurückzurufen oder zu degradiren und, nach Maassgabe des Punctes,

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[326/0348] Fragment eines kaiserlichen Decretes. gesehen von dem bewiesenen Mangel an Wahrheitsliebe, die von ihnen vorgeschützte Nothwendigkeit, aus Pe-kiṅ die Bestätigung aller ihrer Schritte einzuholen, einen Zeitverlust herbeiführe, dem er sich nicht aussetzen wolle. Er habe deshalb die Oberbefehls- haber der Truppen ersucht, eine Streitmacht bereit zu stellen, mit welcher er unverzüglich nach Tuṅ-tšau aufbrechen könne. Vor Ankunft in dieser Stadt werde er weder ihren Besuch empfangen, noch auf Abmachungen zu Herstellung des Friedens eingehen. Die Commissare versuchten nun in einem amtlichen und einem halbamtlichen Schreiben das Aeusserste, um Lord Elgin zu- rückzuhalten: sie hätten über die mit den dolmetschenden Secre- tären erörterten Fragen sofort an den Thron berichtet und erwar- teten in zwei Tagen die Antwort; man müsse bei Friedensverhand- lungen doch etwas Geduld und Nachsicht üben; nur drei Tage möge Lord Elgin warten u. s. w. — In welcher übelen Lage sie waren, bewies nachträglich das im Sommerpalast erbeutete Frag- ment eines Decretes in Zinoberschrift, datirt vom 7. September 1860, das wahrscheinlich auf Kwei-liaṅ’s Bericht erlassen wurde und die Absichten des Kaisers wie seine unklaren Begriffe in deutliches Licht stellt. »Was die Aeusserung angeht, dass Tien-tsin schon in der Barbaren Händen ist, und dass es deshalb nichts ausmacht, ob ihnen der Handel dort versprochen wird oder nicht, ferner dass die Barbaren sich der Werke am Zusammenfluss des Canals mit dem Flusse bemäch- tigten, so wird, wenn sie nach und nach eine grosse Streitmacht heraufbringen, nichts übrig bleiben, als sie im offenen Felde zu be- kämpfen. Körper von Fleisch Schiffen und Kanonen entgegen zu stellen ist ganz unmöglich. Unsere erste Ansicht war und ist noch die richtige. Kwei-liaṅ und seine Collegen hätten bei diesem Anlass den Barbaren Tien-tsin nicht versprechen sollen. Wollten sie Krieg, so musste man sie weit (in das Land) hinein führen und dann nach einer Todesschlacht sie klar bedeuten, dass von den neuen Bedingungen keine Rede sei und dass der alte Vertrag Geltung haben möge. Ging das nicht, so konnte der Handel in Tien-tsin statt des Aufenthaltes in der Hauptstadt be- willigt werden. Da diese Minister den Handel gewährt haben, so wird der einzige Weg sein, dem Artikel, wie er dasteht, beizustimmen und (die Barbaren) für jetzt festzuhalten; und wenn die Unterhand- lung ganz und gar zusammenbricht, Kwei-liaṅ und seine Collegen zurückzurufen oder zu degradiren und, nach Maassgabe des Punctes,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/348>, abgerufen am 25.11.2024.