VI. DIE OPERATIONEN DER TAE-PIN. VON 1857 BIS 1860
Nach Unterzeichnung der Handelsbestimmungen zum Vertrage von Tien-tsin am 8. November 1858 fuhr Lord Elgin von Shang-hae aus unter Zustimmung der kaiserlichen Behörden mit den Schiffen Furious, Retribution, Cruizer, Dove und Lee den Yan-tse-kian hinauf, um die laut jenem Vertrage dem Handel freigegebenen Häfen zu besichtigen. Tsin-kian hatten die Tae-pin damals schon geräumt. Als das englische Geschwader am 20. November sich Nan-kin näherte, sandte der Commandeur das Kanonenboot Lee unter Parlamentärflagge voraus, um Feindseligkeiten der Rebellen vor- zubeugen. Diese aber beschossen die englischen Schiffe mit grösster Heftigkeit. Der Furious erhielt mehrere Kugeln in den Rumpf, Retri- bution hatte einen Todten und zwei schwer Verwundete; langsam vorwärts dampfend erwiederten sie das Feuer mit guter Wirkung. Das Geschwader ankerte für die Nacht oberhalb Nan-kin, kehrte jedoch am folgenden Morgen dahin zurück und bombardirte andert- halb Stunden lang die Aussenwerke am Fluss, welche nur schwächlich antworteten. Dann fuhren die Engländer stromauf- wärts weiter und erreichten am Abend des 21. November die Stadt Tae-pin, deren Commandant ein Gesuch um Hülfe gegen die kaiserlichen Kriegsdschunken an Lord Elgin sandte und folgenden Bescheid erhielt:
"Da eine Anzahl königlicher Kriegsschiffe auf dem Wege nach Han-kau war, wünschte der Botschafter dringend, die Nan-kin besetzt haltende Parthei zu unterrichten, dass diese Schiffe ohne feindliche Ab- sicht gegen dieselbe kämen. Zu dem Zwecke ging ein kleines Fahr- zeug voraus. Eine Kanone wurde auf dasselbe abgefeuert, worauf es seiner Instruction gemäss nicht antwortete, sondern eine Parlamentär- flagge aufzog. Trotzdem fuhr die Garnison von Nan-kin fort, dasselbe zu beschiessen. In Folge dessen sind die das Fahrwasser beherrschen-
VI. DIE OPERATIONEN DER TAE-PIṄ. VON 1857 BIS 1860
Nach Unterzeichnung der Handelsbestimmungen zum Vertrage von Tien-tsin am 8. November 1858 fuhr Lord Elgin von Shang-hae aus unter Zustimmung der kaiserlichen Behörden mit den Schiffen Furious, Retribution, Cruizer, Dove und Lee den Yaṅ-tse-kiaṅ hinauf, um die laut jenem Vertrage dem Handel freigegebenen Häfen zu besichtigen. Tšiṅ-kiaṅ hatten die Tae-piṅ damals schon geräumt. Als das englische Geschwader am 20. November sich Nan-kiṅ näherte, sandte der Commandeur das Kanonenboot Lee unter Parlamentärflagge voraus, um Feindseligkeiten der Rebellen vor- zubeugen. Diese aber beschossen die englischen Schiffe mit grösster Heftigkeit. Der Furious erhielt mehrere Kugeln in den Rumpf, Retri- bution hatte einen Todten und zwei schwer Verwundete; langsam vorwärts dampfend erwiederten sie das Feuer mit guter Wirkung. Das Geschwader ankerte für die Nacht oberhalb Nan-kiṅ, kehrte jedoch am folgenden Morgen dahin zurück und bombardirte andert- halb Stunden lang die Aussenwerke am Fluss, welche nur schwächlich antworteten. Dann fuhren die Engländer stromauf- wärts weiter und erreichten am Abend des 21. November die Stadt Tae-piṅ, deren Commandant ein Gesuch um Hülfe gegen die kaiserlichen Kriegsdschunken an Lord Elgin sandte und folgenden Bescheid erhielt:
»Da eine Anzahl königlicher Kriegsschiffe auf dem Wege nach Han-kau war, wünschte der Botschafter dringend, die Nan-kiṅ besetzt haltende Parthei zu unterrichten, dass diese Schiffe ohne feindliche Ab- sicht gegen dieselbe kämen. Zu dem Zwecke ging ein kleines Fahr- zeug voraus. Eine Kanone wurde auf dasselbe abgefeuert, worauf es seiner Instruction gemäss nicht antwortete, sondern eine Parlamentär- flagge aufzog. Trotzdem fuhr die Garnison von Nan-kiṅ fort, dasselbe zu beschiessen. In Folge dessen sind die das Fahrwasser beherrschen-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0285"n="[263]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">VI.<lb/>
DIE OPERATIONEN DER TAE-PIṄ.</hi><lb/>
VON 1857 BIS 1860</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">N</hi>ach Unterzeichnung der Handelsbestimmungen zum Vertrage<lb/>
von <hirendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi> am 8. November 1858 fuhr Lord <persNameref="http://d-nb.info/gnd/122820339">Elgin</persName> von<lb/><hirendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> aus unter Zustimmung der kaiserlichen Behörden mit<lb/>
den Schiffen Furious, Retribution, Cruizer, Dove und Lee den<lb/><hirendition="#k"><placeName>Yaṅ-tse-kiaṅ</placeName></hi> hinauf, um die laut jenem Vertrage dem Handel<lb/>
freigegebenen Häfen zu besichtigen. <hirendition="#k"><placeName>Tšiṅ-kiaṅ</placeName></hi> hatten die <hirendition="#k">Tae-piṅ</hi><lb/>
damals schon geräumt. Als das englische Geschwader am 20. November<lb/>
sich <hirendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> näherte, sandte der Commandeur das Kanonenboot Lee<lb/>
unter Parlamentärflagge voraus, um Feindseligkeiten der Rebellen vor-<lb/>
zubeugen. Diese aber beschossen die englischen Schiffe mit grösster<lb/>
Heftigkeit. Der Furious erhielt mehrere Kugeln in den Rumpf, Retri-<lb/>
bution hatte einen Todten und zwei schwer Verwundete; langsam<lb/>
vorwärts dampfend erwiederten sie das Feuer mit guter Wirkung.<lb/>
Das Geschwader ankerte für die Nacht oberhalb <hirendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi>, kehrte<lb/>
jedoch am folgenden Morgen dahin zurück und bombardirte andert-<lb/>
halb Stunden lang die Aussenwerke am Fluss, welche nur<lb/>
schwächlich antworteten. Dann fuhren die Engländer stromauf-<lb/>
wärts weiter und erreichten am Abend des 21. November die Stadt<lb/><hirendition="#k">Tae-piṅ</hi>, deren Commandant ein Gesuch um Hülfe gegen die<lb/>
kaiserlichen Kriegsdschunken an Lord <persNameref="http://d-nb.info/gnd/122820339">Elgin</persName> sandte und folgenden<lb/>
Bescheid erhielt:</p><lb/><p><hirendition="#et">»Da eine Anzahl königlicher Kriegsschiffe auf dem Wege nach<lb/><hirendition="#k"><placeName>Han-kau</placeName></hi> war, wünschte der Botschafter dringend, die <hirendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> besetzt<lb/>
haltende Parthei zu unterrichten, dass diese Schiffe ohne feindliche Ab-<lb/>
sicht gegen dieselbe kämen. Zu dem Zwecke ging ein kleines Fahr-<lb/>
zeug voraus. Eine Kanone wurde auf dasselbe abgefeuert, worauf es<lb/>
seiner Instruction gemäss nicht antwortete, sondern eine Parlamentär-<lb/>
flagge aufzog. Trotzdem fuhr die Garnison von <hirendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> fort, dasselbe<lb/>
zu beschiessen. In Folge dessen sind die das Fahrwasser beherrschen-</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[263]/0285]
VI.
DIE OPERATIONEN DER TAE-PIṄ.
VON 1857 BIS 1860
Nach Unterzeichnung der Handelsbestimmungen zum Vertrage
von Tien-tsin am 8. November 1858 fuhr Lord Elgin von
Shang-hae aus unter Zustimmung der kaiserlichen Behörden mit
den Schiffen Furious, Retribution, Cruizer, Dove und Lee den
Yaṅ-tse-kiaṅ hinauf, um die laut jenem Vertrage dem Handel
freigegebenen Häfen zu besichtigen. Tšiṅ-kiaṅ hatten die Tae-piṅ
damals schon geräumt. Als das englische Geschwader am 20. November
sich Nan-kiṅ näherte, sandte der Commandeur das Kanonenboot Lee
unter Parlamentärflagge voraus, um Feindseligkeiten der Rebellen vor-
zubeugen. Diese aber beschossen die englischen Schiffe mit grösster
Heftigkeit. Der Furious erhielt mehrere Kugeln in den Rumpf, Retri-
bution hatte einen Todten und zwei schwer Verwundete; langsam
vorwärts dampfend erwiederten sie das Feuer mit guter Wirkung.
Das Geschwader ankerte für die Nacht oberhalb Nan-kiṅ, kehrte
jedoch am folgenden Morgen dahin zurück und bombardirte andert-
halb Stunden lang die Aussenwerke am Fluss, welche nur
schwächlich antworteten. Dann fuhren die Engländer stromauf-
wärts weiter und erreichten am Abend des 21. November die Stadt
Tae-piṅ, deren Commandant ein Gesuch um Hülfe gegen die
kaiserlichen Kriegsdschunken an Lord Elgin sandte und folgenden
Bescheid erhielt:
»Da eine Anzahl königlicher Kriegsschiffe auf dem Wege nach
Han-kau war, wünschte der Botschafter dringend, die Nan-kiṅ besetzt
haltende Parthei zu unterrichten, dass diese Schiffe ohne feindliche Ab-
sicht gegen dieselbe kämen. Zu dem Zwecke ging ein kleines Fahr-
zeug voraus. Eine Kanone wurde auf dasselbe abgefeuert, worauf es
seiner Instruction gemäss nicht antwortete, sondern eine Parlamentär-
flagge aufzog. Trotzdem fuhr die Garnison von Nan-kiṅ fort, dasselbe
zu beschiessen. In Folge dessen sind die das Fahrwasser beherrschen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. [263]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/285>, abgerufen am 18.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.