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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Ki-yin's Schicksal.
Festhalten an der Form der amtlichen Correspondenz, das nach Ge-
bühr den Höheren oben und den Niederen unten stellt, zu heftiger
Erörterung führen. In diesem Falle wäre das einzige Mittel, sich taub
zu stellen; dann würde der persönliche Verkehr unmöglich, und nicht
nur das, sondern eine Unverträglichkeit der Beziehungen würde
daraus folgen, welche den wesentlichen Zweck der Zügelung beein-
trächtigen müsste. Statt deshalb einen Streit über unwichtige Benen-
nungen zu erheben, der zu keinem greifbaren Erfolge führen kann,
wurde vorgezogen, diese Nebensachen unberührt zu lassen, um wichtige
politische Erfolge zu sichern.

Das sind die Mittel und Modificationen, welche nach genauer
Betrachtung der Barbaren-Angelegenheiten, Berechnung der zeit-
gemässen Erfordernisse und einer sorgfältigen Schätzung jeder
Frage, -- ob unbedeutend oder wichtig, -- unvermeidlich angewandt
werden mussten. Dein Knecht hat nicht gewagt, sie eine nach der
anderen deiner geheiligten Einsicht zu unterbreiten, theils weil sie an
und für sich von geringem Belang waren, theils weil es an Zeit fehlte.
Da jetzt die Geschäfte mit den Barbaren im Ganzen beendet sind, so
zählt er sie, wie seine Pflicht gebietet, hier eines und alle in dieser
ergänzenden Denkschrift auf, welche er ehrfurchtsvoll deiner Majestät
überreicht.

Die darunter stehende kaiserliche Antwort in Zinoberschrift
lautet: Es war die einzige passende Auskunft. Wir verstehen die
ganze Frage.

Merkwürdiger Weise änderte Ki-yin, obgleich ihm der seine
Politik billigende Befehl, in Tien-tsin zu bleiben, eben zugegangen
war, nach Verlesung dieses Documentes sofort seine Haltung und
unterzeichnete mit Kwei-lian und Wa-sana noch an demselben
Abend ein Schreiben an Lord Elgin, in welchem sie einwilligten,
auf Grund der anfangs verabredeten Präliminarien zu unterhandeln.
Ki-yin scheint gänzlich den Kopf verloren zu haben. Er brach
zwei Tage darauf gegen den ausdrücklichen Befehl des Kaisers
nach Pe-kin auf, nachdem er demselben berichtet hatte, "dass er
wichtige Vorschläge zu machen habe". Unterwegs erhielt er noch
in Tun-tsau die kategorische Weisung, auf seinen Posten zurück-
zukehren, gehorchte aber nicht. In Pe-kin wurde er auf Antrag
des Fürsten von Wui (Mien Yu, eines Bruders von Tau-kwan)
vor einen Gerichtshof gestellt, welchem der Bruder des regierenden
Kaisers Prinz von Kun präsidirte, und zu Erdrosselung verurtheilt.
Bis zur nächsten kaiserlichen Bestätigung von Todesurtheilen, --

Ki-yiṅ’s Schicksal.
Festhalten an der Form der amtlichen Correspondenz, das nach Ge-
bühr den Höheren oben und den Niederen unten stellt, zu heftiger
Erörterung führen. In diesem Falle wäre das einzige Mittel, sich taub
zu stellen; dann würde der persönliche Verkehr unmöglich, und nicht
nur das, sondern eine Unverträglichkeit der Beziehungen würde
daraus folgen, welche den wesentlichen Zweck der Zügelung beein-
trächtigen müsste. Statt deshalb einen Streit über unwichtige Benen-
nungen zu erheben, der zu keinem greifbaren Erfolge führen kann,
wurde vorgezogen, diese Nebensachen unberührt zu lassen, um wichtige
politische Erfolge zu sichern.

Das sind die Mittel und Modificationen, welche nach genauer
Betrachtung der Barbaren-Angelegenheiten, Berechnung der zeit-
gemässen Erfordernisse und einer sorgfältigen Schätzung jeder
Frage, — ob unbedeutend oder wichtig, — unvermeidlich angewandt
werden mussten. Dein Knecht hat nicht gewagt, sie eine nach der
anderen deiner geheiligten Einsicht zu unterbreiten, theils weil sie an
und für sich von geringem Belang waren, theils weil es an Zeit fehlte.
Da jetzt die Geschäfte mit den Barbaren im Ganzen beendet sind, so
zählt er sie, wie seine Pflicht gebietet, hier eines und alle in dieser
ergänzenden Denkschrift auf, welche er ehrfurchtsvoll deiner Majestät
überreicht.

Die darunter stehende kaiserliche Antwort in Zinoberschrift
lautet: Es war die einzige passende Auskunft. Wir verstehen die
ganze Frage.

Merkwürdiger Weise änderte Ki-yiṅ, obgleich ihm der seine
Politik billigende Befehl, in Tien-tsin zu bleiben, eben zugegangen
war, nach Verlesung dieses Documentes sofort seine Haltung und
unterzeichnete mit Kwei-liaṅ und Wa-šana noch an demselben
Abend ein Schreiben an Lord Elgin, in welchem sie einwilligten,
auf Grund der anfangs verabredeten Präliminarien zu unterhandeln.
Ki-yiṅ scheint gänzlich den Kopf verloren zu haben. Er brach
zwei Tage darauf gegen den ausdrücklichen Befehl des Kaisers
nach Pe-kiṅ auf, nachdem er demselben berichtet hatte, »dass er
wichtige Vorschläge zu machen habe«. Unterwegs erhielt er noch
in Tuṅ-tšau die kategorische Weisung, auf seinen Posten zurück-
zukehren, gehorchte aber nicht. In Pe-kiṅ wurde er auf Antrag
des Fürsten von Wui (Mien Yu, eines Bruders von Tau-kwaṅ)
vor einen Gerichtshof gestellt, welchem der Bruder des regierenden
Kaisers Prinz von Kuṅ präsidirte, und zu Erdrosselung verurtheilt.
Bis zur nächsten kaiserlichen Bestätigung von Todesurtheilen, —

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[249/0271] Ki-yiṅ’s Schicksal. Festhalten an der Form der amtlichen Correspondenz, das nach Ge- bühr den Höheren oben und den Niederen unten stellt, zu heftiger Erörterung führen. In diesem Falle wäre das einzige Mittel, sich taub zu stellen; dann würde der persönliche Verkehr unmöglich, und nicht nur das, sondern eine Unverträglichkeit der Beziehungen würde daraus folgen, welche den wesentlichen Zweck der Zügelung beein- trächtigen müsste. Statt deshalb einen Streit über unwichtige Benen- nungen zu erheben, der zu keinem greifbaren Erfolge führen kann, wurde vorgezogen, diese Nebensachen unberührt zu lassen, um wichtige politische Erfolge zu sichern. Das sind die Mittel und Modificationen, welche nach genauer Betrachtung der Barbaren-Angelegenheiten, Berechnung der zeit- gemässen Erfordernisse und einer sorgfältigen Schätzung jeder Frage, — ob unbedeutend oder wichtig, — unvermeidlich angewandt werden mussten. Dein Knecht hat nicht gewagt, sie eine nach der anderen deiner geheiligten Einsicht zu unterbreiten, theils weil sie an und für sich von geringem Belang waren, theils weil es an Zeit fehlte. Da jetzt die Geschäfte mit den Barbaren im Ganzen beendet sind, so zählt er sie, wie seine Pflicht gebietet, hier eines und alle in dieser ergänzenden Denkschrift auf, welche er ehrfurchtsvoll deiner Majestät überreicht. Die darunter stehende kaiserliche Antwort in Zinoberschrift lautet: Es war die einzige passende Auskunft. Wir verstehen die ganze Frage. Merkwürdiger Weise änderte Ki-yiṅ, obgleich ihm der seine Politik billigende Befehl, in Tien-tsin zu bleiben, eben zugegangen war, nach Verlesung dieses Documentes sofort seine Haltung und unterzeichnete mit Kwei-liaṅ und Wa-šana noch an demselben Abend ein Schreiben an Lord Elgin, in welchem sie einwilligten, auf Grund der anfangs verabredeten Präliminarien zu unterhandeln. Ki-yiṅ scheint gänzlich den Kopf verloren zu haben. Er brach zwei Tage darauf gegen den ausdrücklichen Befehl des Kaisers nach Pe-kiṅ auf, nachdem er demselben berichtet hatte, »dass er wichtige Vorschläge zu machen habe«. Unterwegs erhielt er noch in Tuṅ-tšau die kategorische Weisung, auf seinen Posten zurück- zukehren, gehorchte aber nicht. In Pe-kiṅ wurde er auf Antrag des Fürsten von Wui (Mien Yu, eines Bruders von Tau-kwaṅ) vor einen Gerichtshof gestellt, welchem der Bruder des regierenden Kaisers Prinz von Kuṅ präsidirte, und zu Erdrosselung verurtheilt. Bis zur nächsten kaiserlichen Bestätigung von Todesurtheilen, —

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/271>, abgerufen am 25.11.2024.