[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.I. DIE ÄLTEREN BERÜHRUNGEN UND DIE HANDELSBEZIEHUNGEN BIS ZUM ERLÖSCHEN DES MONOPOLES DER ENGLISCH-OSTINDISCHEN COMPAGNIE 1834. China's Berührungen mit der antiken Welt waren weder unmittel- 1) Als Datum der Einwanderung wird bald das Jahr 200 v. Chr., bald 70 n. Chr. genannt. -- Der Jesuit Gozani, welcher 1704 Kae-fun-fu besuchte, berichtet aus- führlich über die dortigen Juden. Er verstand nicht hebräisch, glaubte aber aus der Zahl der Buchstaben ihres Alphabetes schliessen zu dürfen, dass ihre heiligen Bücher in dieser Sprache geschrieben seien. Jeden Sabbath wurde ein Abschnitt daraus in der Synagoge gelesen, wobei sie ihr Antlitz bedeckten, zum Gedächtniss des Moses, der die Gesetztafeln verhüllten Hauptes vom Sinai brachte. Vom Messias, sagt Gozani, hätten sie nicht gewusst; den Namen Jesus, den er ihnen nannte, bezogen sie auf den Sohn Sirachs im Alten Testament. Auf verschiedene hebräische Briefe, welche 1777 und 1779 aus Batavia, 1815 von dem Missionar Morrison und 1850 durch Vermittlung des Consul Layton an sie gerichtet wurden, erfolgte keine Antwort; wahrscheinlich, weil ihnen die Kenntniss des Hebräischen verloren ging. Auf Veranlassung der Londoner Missionsgesellschaft zur Verbreitung des Christen- thums unter den Juden wurde Kae-fun-fu 1850 und 1851 von chinesischen Christen besucht, welche die Gemeinde im Zustande der Verarmung und Auflösung, die 1*
I. DIE ÄLTEREN BERÜHRUNGEN UND DIE HANDELSBEZIEHUNGEN BIS ZUM ERLÖSCHEN DES MONOPOLES DER ENGLISCH-OSTINDISCHEN COMPAGNIE 1834. China’s Berührungen mit der antiken Welt waren weder unmittel- 1) Als Datum der Einwanderung wird bald das Jahr 200 v. Chr., bald 70 n. Chr. genannt. — Der Jesuit Gozani, welcher 1704 Kae-fuṅ-fu besuchte, berichtet aus- führlich über die dortigen Juden. Er verstand nicht hebräisch, glaubte aber aus der Zahl der Buchstaben ihres Alphabetes schliessen zu dürfen, dass ihre heiligen Bücher in dieser Sprache geschrieben seien. Jeden Sabbath wurde ein Abschnitt daraus in der Synagoge gelesen, wobei sie ihr Antlitz bedeckten, zum Gedächtniss des Moses, der die Gesetztafeln verhüllten Hauptes vom Sinai brachte. Vom Messias, sagt Gozani, hätten sie nicht gewusst; den Namen Jesus, den er ihnen nannte, bezogen sie auf den Sohn Sirachs im Alten Testament. Auf verschiedene hebräische Briefe, welche 1777 und 1779 aus Batavia, 1815 von dem Missionar Morrison und 1850 durch Vermittlung des Consul Layton an sie gerichtet wurden, erfolgte keine Antwort; wahrscheinlich, weil ihnen die Kenntniss des Hebräischen verloren ging. Auf Veranlassung der Londoner Missionsgesellschaft zur Verbreitung des Christen- thums unter den Juden wurde Kae-fuṅ-fu 1850 und 1851 von chinesischen Christen besucht, welche die Gemeinde im Zustande der Verarmung und Auflösung, die 1*
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I.
DIE ÄLTEREN BERÜHRUNGEN UND DIE HANDELSBEZIEHUNGEN BIS
ZUM ERLÖSCHEN DES MONOPOLES DER ENGLISCH-OSTINDISCHEN
COMPAGNIE 1834.
China’s Berührungen mit der antiken Welt waren weder unmittel-
bare noch folgenreiche; die Nachrichten darüber sind dürftig und
kaum der Aufzählung werth. Arrian spricht von Thinae oder
Sinae, die aus dem fernsten Asien Seide gebracht hätten. Nach
chinesischen Berichten schickte Ho-ti, ein Kaiser der Han-
Dynastie, 94 n. Chr. Gesandte nach dem Westen, und unter
Trajan soll ein chinesisches Heer, Tartaren verfolgend, bis an das
kaspische Meer gelangt sein. — Der zunehmende Gebrauch von
Seide im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lässt auf
Handelsverkehr zwischen dem römischen Reiche und China
schliessen, der aber wohl kaum direct betrieben wurde. Marcus
Antoninus schickte 161 eine Gesandtschaft nach China, über deren
Schicksale man keine Nachrichten hat. — Constatirt ist eine frühe
hebräische Einwanderung in das chinesische Reich; die jüdische
Gemeinde von Kae-fuṅ-fu wurde im 17. und 18. Jahrhundert von
Europäern besucht und bestand noch vor wenigen Jahren 1).
1) Als Datum der Einwanderung wird bald das Jahr 200 v. Chr., bald 70 n. Chr.
genannt. — Der Jesuit Gozani, welcher 1704 Kae-fuṅ-fu besuchte, berichtet aus-
führlich über die dortigen Juden. Er verstand nicht hebräisch, glaubte aber aus der
Zahl der Buchstaben ihres Alphabetes schliessen zu dürfen, dass ihre heiligen Bücher
in dieser Sprache geschrieben seien. Jeden Sabbath wurde ein Abschnitt daraus in
der Synagoge gelesen, wobei sie ihr Antlitz bedeckten, zum Gedächtniss des Moses,
der die Gesetztafeln verhüllten Hauptes vom Sinai brachte. Vom Messias, sagt
Gozani, hätten sie nicht gewusst; den Namen Jesus, den er ihnen nannte, bezogen
sie auf den Sohn Sirachs im Alten Testament. Auf verschiedene hebräische
Briefe, welche 1777 und 1779 aus Batavia, 1815 von dem Missionar Morrison und
1850 durch Vermittlung des Consul Layton an sie gerichtet wurden, erfolgte keine
Antwort; wahrscheinlich, weil ihnen die Kenntniss des Hebräischen verloren ging.
Auf Veranlassung der Londoner Missionsgesellschaft zur Verbreitung des Christen-
thums unter den Juden wurde Kae-fuṅ-fu 1850 und 1851 von chinesischen Christen
besucht, welche die Gemeinde im Zustande der Verarmung und Auflösung, die
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