Dynastie von jeher sich die Mongolen-Fürsten durch Heirathen zu verbinden, nahm aber ungern ihren Beistand an.
Die Streitmacht der Tae-pin war seit dem Tage, da sie die Ufer des Yan-tse verliess, von jeder Verbindung mit Nan-kin abgeschnitten und ganz auf sich selbst angewiesen. Nur verkleidete Boten konnten sich durchschleichen. Von Anfang seines Marsches folgte dem Heere ein Theil des Nan-kin gegenüberstehenden Ob- servationscorps, und die Truppen in den Provinzen verlegten ihm überall den Weg. Trotzdem durchmaass es in fünf Monaten eine Strecke von über 250 deutschen Meilen. Unterwegs müssen die Tae-pin aber schwere Verluste erlitten haben, und die Thatsache, dass sie von der strategisch unwichtigen Stellung in Tsin-hae und Tu-lin nicht weiter vorrückten, beweist, dass sie es nicht konnten. Sie waren in der Ebene den wilden Reiterschaaren nicht gewachsen, welche alle ihre Ausfälle zurückwiesen.
Auf die Nachricht von der Einschliessung ihrer Nordarmee rüsteten die Tae-pin-Führer in Nan-kin ein Heer zu deren Ent- satz. Ein anderes Corps war ungefähr zu gleicher Zeit mit der nördlich marschirenden Streitmacht den Yan-tse hinauf nach dem Po-yan-See gerückt und liess in Gan-kin, der Hauptstadt von Gan-wui, eine starke Garnison. Dieser Platz diente als Basis für die ferneren Operationen. Ueber die Bewegungen des nach Norden gesandten Hülfscorps weiss man wenig Genaues; es überschritt den Gelben Fluss, rückte am 17. März 1854 in die Hauptstadt des Be- zirkes Fun ein, nahm, wie der Kaiser sich in einem an seine Feld- herren gerichteten Erlass ausdrückt, eine Stadt nach der anderen und erschien am 1. April vor der wichtigen Kreisstadt Lin-tsin. Auf dieser Strecke muss die Heersäule täglich drei bis vier deutsche Meilen marschirt sein. Bei Lin-tsin wurde sie von kaiserlichen Truppen angegriffen, welche den Winter über vor Tsin-hae ge- standen hatten. Wahrscheinlich bewirkte diese Diversion, dass die dort eingeschlossenen Tae-pin am 5. Februar 1854 den Rück- marsch antreten konnten. Im März lieferten sie den Kaiserlichen eine Schlacht und scheinen sich bald nachher mit dem Hülfscorps vereinigt zu haben, das am 12. April angesichts der kaiserlichen Truppen, der Mongolen und Mandschu-Reiter Lin-tsin mit Sturm nahm. Ein Theil der vereinigten Nord-Armee besetzte am 3. Mai wieder die Bezirksstadt Fun am Gelben Fluss und marschirte dann nach Süden; der grössere Theil hielt aber noch bis zum März 1855
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Weitere Operationen im Norden.
Dynastie von jeher sich die Mongolen-Fürsten durch Heirathen zu verbinden, nahm aber ungern ihren Beistand an.
Die Streitmacht der Tae-piṅ war seit dem Tage, da sie die Ufer des Yaṅ-tse verliess, von jeder Verbindung mit Nan-kiṅ abgeschnitten und ganz auf sich selbst angewiesen. Nur verkleidete Boten konnten sich durchschleichen. Von Anfang seines Marsches folgte dem Heere ein Theil des Nan-kiṅ gegenüberstehenden Ob- servationscorps, und die Truppen in den Provinzen verlegten ihm überall den Weg. Trotzdem durchmaass es in fünf Monaten eine Strecke von über 250 deutschen Meilen. Unterwegs müssen die Tae-piṅ aber schwere Verluste erlitten haben, und die Thatsache, dass sie von der strategisch unwichtigen Stellung in Tsiṅ-hae und Tu-lin nicht weiter vorrückten, beweist, dass sie es nicht konnten. Sie waren in der Ebene den wilden Reiterschaaren nicht gewachsen, welche alle ihre Ausfälle zurückwiesen.
Auf die Nachricht von der Einschliessung ihrer Nordarmee rüsteten die Tae-piṅ-Führer in Nan-kiṅ ein Heer zu deren Ent- satz. Ein anderes Corps war ungefähr zu gleicher Zeit mit der nördlich marschirenden Streitmacht den Yaṅ-tse hinauf nach dem Po-yaṅ-See gerückt und liess in Gan-kiṅ, der Hauptstadt von Gan-wui, eine starke Garnison. Dieser Platz diente als Basis für die ferneren Operationen. Ueber die Bewegungen des nach Norden gesandten Hülfscorps weiss man wenig Genaues; es überschritt den Gelben Fluss, rückte am 17. März 1854 in die Hauptstadt des Be- zirkes Fuṅ ein, nahm, wie der Kaiser sich in einem an seine Feld- herren gerichteten Erlass ausdrückt, eine Stadt nach der anderen und erschien am 1. April vor der wichtigen Kreisstadt Lin-tsiṅ. Auf dieser Strecke muss die Heersäule täglich drei bis vier deutsche Meilen marschirt sein. Bei Lin-tsiṅ wurde sie von kaiserlichen Truppen angegriffen, welche den Winter über vor Tsiṅ-hae ge- standen hatten. Wahrscheinlich bewirkte diese Diversion, dass die dort eingeschlossenen Tae-piṅ am 5. Februar 1854 den Rück- marsch antreten konnten. Im März lieferten sie den Kaiserlichen eine Schlacht und scheinen sich bald nachher mit dem Hülfscorps vereinigt zu haben, das am 12. April angesichts der kaiserlichen Truppen, der Mongolen und Mandschu-Reiter Lin-tsiṅ mit Sturm nahm. Ein Theil der vereinigten Nord-Armee besetzte am 3. Mai wieder die Bezirksstadt Fuṅ am Gelben Fluss und marschirte dann nach Süden; der grössere Theil hielt aber noch bis zum März 1855
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Weitere Operationen im Norden.
Dynastie von jeher sich die Mongolen-Fürsten durch Heirathen zu
verbinden, nahm aber ungern ihren Beistand an.
Die Streitmacht der Tae-piṅ war seit dem Tage, da sie die
Ufer des Yaṅ-tse verliess, von jeder Verbindung mit Nan-kiṅ
abgeschnitten und ganz auf sich selbst angewiesen. Nur verkleidete
Boten konnten sich durchschleichen. Von Anfang seines Marsches
folgte dem Heere ein Theil des Nan-kiṅ gegenüberstehenden Ob-
servationscorps, und die Truppen in den Provinzen verlegten ihm
überall den Weg. Trotzdem durchmaass es in fünf Monaten eine
Strecke von über 250 deutschen Meilen. Unterwegs müssen die
Tae-piṅ aber schwere Verluste erlitten haben, und die Thatsache,
dass sie von der strategisch unwichtigen Stellung in Tsiṅ-hae und
Tu-lin nicht weiter vorrückten, beweist, dass sie es nicht konnten.
Sie waren in der Ebene den wilden Reiterschaaren nicht gewachsen,
welche alle ihre Ausfälle zurückwiesen.
Auf die Nachricht von der Einschliessung ihrer Nordarmee
rüsteten die Tae-piṅ-Führer in Nan-kiṅ ein Heer zu deren Ent-
satz. Ein anderes Corps war ungefähr zu gleicher Zeit mit der
nördlich marschirenden Streitmacht den Yaṅ-tse hinauf nach dem
Po-yaṅ-See gerückt und liess in Gan-kiṅ, der Hauptstadt von
Gan-wui, eine starke Garnison. Dieser Platz diente als Basis für
die ferneren Operationen. Ueber die Bewegungen des nach Norden
gesandten Hülfscorps weiss man wenig Genaues; es überschritt den
Gelben Fluss, rückte am 17. März 1854 in die Hauptstadt des Be-
zirkes Fuṅ ein, nahm, wie der Kaiser sich in einem an seine Feld-
herren gerichteten Erlass ausdrückt, eine Stadt nach der anderen
und erschien am 1. April vor der wichtigen Kreisstadt Lin-tsiṅ.
Auf dieser Strecke muss die Heersäule täglich drei bis vier deutsche
Meilen marschirt sein. Bei Lin-tsiṅ wurde sie von kaiserlichen
Truppen angegriffen, welche den Winter über vor Tsiṅ-hae ge-
standen hatten. Wahrscheinlich bewirkte diese Diversion, dass
die dort eingeschlossenen Tae-piṅ am 5. Februar 1854 den Rück-
marsch antreten konnten. Im März lieferten sie den Kaiserlichen
eine Schlacht und scheinen sich bald nachher mit dem Hülfscorps
vereinigt zu haben, das am 12. April angesichts der kaiserlichen
Truppen, der Mongolen und Mandschu-Reiter Lin-tsiṅ mit Sturm
nahm. Ein Theil der vereinigten Nord-Armee besetzte am 3. Mai
wieder die Bezirksstadt Fuṅ am Gelben Fluss und marschirte dann
nach Süden; der grössere Theil hielt aber noch bis zum März 1855
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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